Die baulichen
Verhältnisse des Römerkanals bei Kreuz=Weingarten Von
Johann Lott, Rheder
- Kreuz-Weingarten ist
besonders bekannt geworden und wird viel besucht, weil in
unmittelbarer Nähe, auf der sogenannten "Pfaffenhardt",
der Römerkanal, im Volksmund "Teufelsgraben"
genannt, zu sehen ist. Es war bekanntlich die römische
Wasserleitung, die in der Eifel (unweit der Kakushöhle
sagen die einen, im "Grönen Pötz" bei
Nettersheim die andern) ihren Ursprung hatte und sich in
staunenswerten Windungen, unter Umgehung aller ungünstigen
Bodenverhältnisse, nach Köln hinschlängelte.
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- Über die Bauart des
Kanals ist schon viel diskutiert und geschrieben worden;
insbesondere über die Art und Zusammensetzung des Mörtels
finden sich die verschiedensten Ansichten.
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- Bei einer gewissenhaften
Untersuchung der baulichen Verhältnisse des Kanals, die ich
als grundlegende Vorarbeit für die mir (vom Eifelverein und
der Pädagogischen Akademie in Bonn) in Auftrag gegebene
Herstellung von Modellen des gediegenen Bauwerks zu tätigen
hatte, hat sich mir der Gedanke aufgeprägt, daß man
die Lösung der zur Diskussion stehenden Fragen viel zu weit
sucht.
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- Die nachstehenden
Ausführungen, die immer nur den Römerkanal bei
Kreuz-Weingarten betreffen, sollen das Interesse an dem stolzen
Bauwerk wachhalten.
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- Der Kanal ist aus
bodenständigem Material, aus Bruchstein, hergestellt. Die
Art der Arbeit der Römer ist im allgemeinen dieselbe, wie
sie auch heute noch bei ähnlichen Bauwerken üblich
ist. Nach den Ausschachtungsarbeiten wurde zuerst die etwa 0,35
Meter hohe Kanalsohle hergerichtet. Dieselbe besteht aus
"wildem" Mauerwerk, d. h. die Steine sind ohne
Bearbeitung kunterbunt durcheinandergesetzt. Es ist ganz einfach
zu begreifen, daß an verschiedenen Stellen zwei Lagen
festgestellt werden können: zuerst wurde der Abfall von dem
vorher fertiggestellten Stück als unterste Lage verwendet,
dann wurde die Sohle bis auf 0,35 Meter hochgeführt. Durch
das ständige Niedertreten während der Arbeit und die
Unfähigkeit des Bruchsteins, Wasser aufzufangen, verlief
das Ganze mit dem dünnen Mörtel gußähnlich.
Danach wurden die Seitenwände ausgeführt. In
Kreuz-Weingarten sind sie an den inneren Werkseiten hammerrecht
in Lagen (Kopfschichten), durchschnittlich von 0,07 Meter
Schichthöhe, ausgeführt bis zu einer Gesamthöhe
von 1,15 Meter. Die Außenseiten sind einfach "wild"
gegen die Erde gearbeitet, um weniger lagerhafte Steine und
Abfälle zu verbrauchen. Die Halbkreiswölbung
Radius 0,4 Meter, Stärke 0,30 Meter wurde, genau wie
bei der heutigen Bautechnik, über vorher aufgestützte
Bogen, die mit Brettern (Verschalung) überlegt wurden,
ausgeführt. Für die Wölbung nahm man möglichst
lagerhafte Steine (Platten), wie sie ja der Weingartener
Bruchstein massenhaft bot und noch bietet. Noch sind ganz genau
Zahl und Stärke der gebrauchten Bretter festzustellen, da
innerhalb der Wölbung nur Mörtel zum Vorschein kommt,
in dem die einzelnen Bretter abgedrückt sind und die
Seitenwände um Bretterdicke vorstehen. War eine gewisse
Kanallänge fertig und hatte das Mauerwerk genügend
"abgebunden", so wurden Stützen und Bogen
herausgenommen. Zum Schluß wurde der Kanal gereinigt und
die Sohle ausgerichtet beiderseits gleichmäßig
ca. 0,10 Meter nach den Seitenwänden hin ansteigend
und verdichtet. Dadurch war ein ruhigerer Lauf des Wassers
sichergestellt und ein Ausspülen des Mauerwerkes
verhindert.
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- Die Wasserleitung liegt
unterirdisch, einmal um das Wasser besonders im Sommer frisch zu
erhalten, dann auch, um Veränderungen des Aggregatzustandes
des Wassers durch Klimawechsel zu verhindern, ferner um das
Bauwerk vor dem Verfall zu bewahren und zum Schutze gegen
gewaltsame Zerstörung durch Feinde.
In gewissen
Abständen befinden sich oben auf der Wölbung Luft- und
Einsteigeschächte, dann aber auch seitlich sogenannte
Überläufe. Eine geschlossene Leitung aus
Mauerwerk würde bei dem eigenartigen Lauf und der Länge
des Kanals durch den starken Luftdruck auseinandergeplatzt sein.
Auch hätte das Wasser ohne frische Luftzufuhr einen üblen
Geruch und Geschmack bekommen. Schließlich mußten
zur Beseitigung entstehender Hemmungen, für Reinigungs- und
Reparaturzwecke solche Schächte vorhanden sein, um das
Wasser durch eine schleusenartige Vorrichtung abdämmen zu
können. Dann dienten die seitlichen Überläufe zum
Abfließen des sich stauenden Wassers. Um ein Freibleiben
dieser Überläufe (ca. 0,70 Meter von der Oberkante des
Gewölbes) und ein Ausspülen der Seitenwände des
Kanals zu verhindern, führten von ihnen kleine
unterirdische Abflußkanäle nach außen. -
- In den Mittelpunkt der
vielfach umstrittenen Fragen über den Römerkanal
stellt man meistens die nach den Ursachen der Festigkeit des
Mörtels. Die Härte wird zunächst bedingt durch
die Bodenfeuchtigkeit und durch die Anlagen unter der
Erdoberfläche, die alle Witterungseinflüsse
unmöglich machte. Das kann man in Kreuz-Weingarten genau
feststellen: Alle freiliegenden Stellen sind stark gefährdet
und dem Verfall preisgegeben. An diesen Stellen kann man mit
dem Finger den Mörtel abkratzen. Die Römer waren
Meister in der Zusammenstellung der einzelnen
Bestandteile des Mörtels. Nach meiner Feststellung haben
die Erbauer hiesigen Sand und Wasserkalk, der nicht gelöscht,
sondern "gedämpft" und in möglichst frisch
gebranntem Zustande verarbeitet wurde, gebraucht. Jedem Fachmann
ist bekannt, daß der Kalk, der dann wenn der Kalkofen
frisch "gezogen" d.h. entleert worden ist,
verarbeitet wird, dem Mörtel die größte Härte
verleiht. Die heutige Bautechnik rechnet durchschnittlich bei
Bruchsteinmauerwerk mit dem Mischungsverhältnis 1:2, d. h.
1 Teil Kalk und 2 Teile Sand. Starker Fettgehalt des Mörtels
ist unbedingte Forderung, da dieser dann bei den glatten
Bruchsteinen besser angreift und ein Auseinander-"schwimmen"
des Mauerwerks noch während der Arbeit verhindert. Bei
Abbrucharbeiten an alten Bauwerken fand ich stets bei den den
Witterungseinflüssen nicht ausgesetzten Mauern dasselbe
harte Bindemittel, sodaß die Bruchsteine zu Staub
geschlagen werden mußten, ums sie vom Mörtel zu
lösen. Das hochgehende Mauerwerk war bei weitem nicht so
fest, obschon doch sicher Mörtel von derselben
Zusammensetzung gebraucht worden war. Dann spielt bei
Bruchsteinmauerwerk der langsame "Bindeprozeß"
eine nicht geringe Rolle. Bekannt ist es z.B., daß
Ziegelsteine oft vor dem Gebrauch gründlich naß
gemacht werden. (Bei staatlichen Bauten wird es verlangt.)
Dadurch wir ein zu plötzliches Antrocknen der Mauerspeise,
das ihre Härte beeinträchtigt, verhindert. Nicht
unwahrscheinlich ist es auch, daß der mit Holzkohle
gebrannte Kalk gegenüber dem mit Steinkohle gebrannten
erhebliche Vorzüge hatte und ein günstigeres Abbinden
des Mörtels bewerkstelligen mußte.
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Es ist kaum zu
glauben, daß hier in Kreuz-Weingarten Sötenicher Kalk
verwendet wurde, da ganz in der Nähe, auf dem sogenannten
Münsterberge, sowie in Wachendorf, Iversheim und Kirchheim
Kalk vorhanden war. Ich bestreite ganz entschieden, daß
Traß gebraucht worden ist; in dem von mir untersuchten
Stücke findet sich nirgends ein Anhaltspunkt dafür.
Seine Anwendung wäre bei diesem Bauwerk auch überflüssig
gewesen.
- Zum Ausgleichen und
Verdichten der Sohle des Kanals haben die römischen
Wasserbautechniker eine Masse von Ziegelstücken, Ziegelmehl
und getrocknetem, gemahlenem Ton, als gutes Verdichtungsmittel
bekannt, gebraucht, die deutlich festzustellen ist und die eine
ideale Mischung darstellt, um ein Reißen des Tones vor
Eröffnung des Kanals zu verhindern.
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Unsere Heimat war
von jeher stolz auf dieses Kulturdenkmal aus der römischen
Blütezeit Niedergermaniens. An alle maßgebenden
Instanzen ergeht die dringende Bitte, dieses "Herzstück"
unter den römischen Baudenkmälern unserer Heimat zu
hüten.
Anmerkung der
Redaktion: Vorliegende Ausführungen eines alten
Praktikers verdienen volle Beachtung. Gerne werden auch die
Archäologen von denselben Notiz nehmen. Harren ja noch so
viele Rätsel, die dieses Wunderwerk alter Zeit dem sinnenden
und forschenden Geiste aufgibt, ihrer Lösung; um nur einige,
die sich gerade in Kreuz-Weingarten aufdrängen, zu nennen:
die Frage des Doppelkanals den Hang der Pfaffenhardt hinunter zum
Düffelsgraben (1453 duyffenbach genannt und erst später
im Volksmunde zum "Teufelsgraben" geworden und mit dem
Römerkanal verwechselt!), die am Fuße des Abhanges
vermuteten Klärbassins, die Überführung über
den Düffelsgraben und vor allem bei Rheder über die
Erft u.m. Fragen, die nur durch sorgfältige Untersuchung mit
dem Spaten gelöst werden können. Betreffs der vom
Verfasser mit Recht geforderten Hut des kostbaren Denkmals, kann
mitgeteilt werden, daß es vielem Bemühen gelungen ist,
dafür erforderliche Mittel bereitzustellen. Nachdem bereits
die Kanalrinne vom Schutt und eindringenden Wurzelwerk gereinigt,
werden in allernächster Zeit unter Leitung der
Provinzial-Denkmalpflege die Arbeiten zur Sicherung des Kanals
durch Festigung des bröckelnden Gesteins und
Rasenbedeckung freistehender Teile systematisch in Angriff
genommen werden. Dem Verein für Denkmalpflege, dem
Kreisausschusse, den Ortsgruppen des Eifelvereins Köln,
Euskirchen, Satzvey-Wachendorf sei auch an dieser Stelle für
die bewilligten Beihilfen herzlich gedankt! |