Leben und Werk von Nikolaus Reinartz,
Pfarrer und Heimatforscher - Ein Projekt von Nikola-reinartz.de und Nikolaus-reinartz.de





Die Verehrung des Hl. Kreuzes in der Erzdözese Köln
Von Dr. Paul Heusgen





Ausgehend von der altehrwürdigen Kreuzkirche zu Weingarten wollen wir einen großen "Kreuzgang" antreten und die Kirchen und Kapellen unserer Erzdiözese aufsuchen, in denen das hochgebenedeite Zeichen unserer Erlösung besonders verehrt wird.

Benediktiner von Münstereifel haben im oberen Erfttal als Heidenmissionare einst das siegreiche Kreuzesholz überall aufgepflanzt. Erst 1888 wurde in der Pfarrkirche zu Münstereifel der Kreuzaltar abgebrochen, der zwei Kreuzpartikel mit dem Siegel des Erzbischofs Friedrich I. erhielt. Dort bestand schon 1480 eine Kreuzbruderschaft. Bei der Römerfahrt am Karfreitage trug man eine Kreuzpartikel im Zuge und ein vermummter Mann schleppte hier, wie auch anderswo vielfach, ein schweres Kreuz zur Buße einher. Auch auf dem die Stadt beherrschenden Radberge leuchtet seit einigen Jahren das hl. Kreuz. – Auf dem Michelsberge stand noch vor etwa 100 Jahren eine Kreuzesgruppe des 18. Jahrhunderts (an Stelle einer viel älteren). – Zu Holzmülheim treffen wir eine Kreuzkapelle. – Das Kirchlein Hülchrath bei Blankenheim wurde wohl vom Grafen Johann Wilhelm Franz von Blankenheim erbaut und 1781 auf den Titel des hl. Kreuzes eingeweiht. Am Wege, der zur Kapelle hinaufführt, stehen 7 "Fußfälle". Die Kirche zu Reifferscheid hatte noch 1522 das Patrozinium vom hl. Kreuz (heute St. Mathias). Die St. Marienkirche zu Zülpich besaß wenigstens noch 1635 ein Kreuzpartikel in prächtiger Fassung; dort bestand damals eine alte Kreuzbruderschaft. Die Kirche zu Hürtgen trägt den Titel: Kreuzerhöhung, die zu Wollersheim den Titel: Kreuzauffindung. Der Kirche zu Kreuzau soll der hl. Heribert eine Kreuzpartikel geschenkt haben, die 1575 gestohlen wurde; wohl bald nach 1582 war St. Heribert Hauptpatron der Kirche. In Düren verehrte man das hl. Kreuz besonders in der ihm geweihten Kapuzinerkirche. Zu Birkesdorf war 1635 eine vielbesuchte Kapelle mit einem angeblich aus einem Baume herausgewachsenen Kruzifix. Eine wunderbare Kreuzpartikel bewahrte das Prämonstratenserinnenkloster Ellen bei Düren, die der Bruder eines der Stiftsfräuleins im hl. Lande erworben hatte. Zu Aachen hieß die Nikolaikapelle am Münster auch Kreuzkapelle. Die St. Julianuskirche zu Aachen wurde vom Volke, weil Kreuzherren die Kirche bedienten, St. Kreuz genannt. An St. Paul und an St. Foillan zu Aachen bestanden Kreuzbruderschaften. In der Kollegiatkirche zu Jülich wurde das hl. Kreuz verehrt. Die Kreuzkirche zu Hasselsweiler besitzt eine Kreuzpartikel in goldener Fassung. Die Albertuskirche zu M.-Gladbach hat den Titel der Kreuzerhöhung, ebenso die 716 vom hl. Suitbert geweihte Kirche zu Keyenberg zum Andenken an die etwa 100 Jahre vorher erfolgte Wiedererrettung des hl. Kreuzes aus den Händen der Ungläubigen. Die Kapelle zu Kipshoven, Pfarre Beeck, wie die Pfarrkirche zu Süggerath haben den Titel der Kreuzauffindung. In Krefeld-Linn ist auf dem Kreuzaltar der St. Margaretenkirche ein uraltes wundertätiges Kruzifix. 1901 strömten viele Wallfahrer nach Linn zum 500jährigen Jubiläum des Gnadenbildes. Auf dem Kreuzberg bei Kaiserswerth, wo wohl zuerst das Kreuz aufgerichtet, lag sicher schon 1200 die Kirche St. Walburgis. Wahrscheinlich war es früher eine Kreuzkirche. In Düsseldorf war ein früher in der Abtei St. Martin zu Köln aufbewahrtes, vom hl. Erzbischof Bruno I. geschenktes Reliquienkreuz mit einer Kreuzpartikel, das die Abtei 1393 dem Herzog Wilhelm von Berg geschenkt hatte. Ein anderes Kreuz in einer Düsseldorfer Kirche blieb bei Explosion eines Pulverturmes in der Nähe unversehrt, während die übrige Kirche zerstört wurde. Dem heiligen Kreuze geweiht sind die Kapellen auf dem Friedhof zu Olpe (Kr. Wipperfürth), zu Weidenbach (Pfarre Engelskirchen), zu Lehn (Pfarre Lützenkirchen). In der Kirche zu Wistupe, wahrscheinlich Wiesdorf (nicht Westhoven), fand nach Caesarius von Heisterbach ein Überfall von Rittern statt seitens ihrer Feinde. Die Überfallenen nahmen die Heiligtümer zum Schutze in die Hand, aber die Feinde zerbrachen einem Kruzifix die Arme und töteten 8 Ritter; bald darauf kamen auch diese Gottlosen durch das Schwert um. Als der hl. Heribert zu Deutz die Kirche bauen ließ, befahl er ein Kreuz aufzurichten, doch die Bauleute vermochten keines der herbeigeschafften Hölzer zu verarbeiten. Als aber dem Heiligen in einem Birnbaum die wahre Gestalt des Gekreuzigten erschienen war, befahl er aus dem Holze dieses Baumes das Kreuz zu zimmern, was auch gelang. Als 1630 zwei Bauernknechte aus Westhoven sich ein Kreuz im Deutzerfelde als Zielpunkt ihres Wettlaufes erwählten, faßte der Sieger unehrbietig das Kreuz an. Da fiel das schwere Haupt des Kruzifixes auf ihn und zerschmetterte ihm die Hirnschale, sodaß er in zwei Tagen starb. Der Domkirche in Köln schenkte Erzbischof Gero ein prächtiges silbernes Kreuz, auch jenes große Kruzifix neben der Sakristei. Da es auf dem Kopfe Risse hatte, legte Gero darin ein Teilchen der hl. Hostie und einen Splitter des hl. Kreuzes, worauf sich die Risse völlig schlossen. Wohl dasselbe Kreuz begrüßte die hl. Irmgardis nach ihrer Rückkehr aus Rom. Auch der hl. Erzbischof Pilgrim schenkte dem Dom eine Kreuzpartikel, deren reiche Fassung im 16. Jahrhundert restauriert wurde. Die angeblich von der Auffinderin des hl. Kreuzes, St. Helena, erbaute Gereonskirche besaß eine Kreuzpartikel; in der Nähe wurde 1496 ein Kalvarienberg, der viel besucht wurde, errichtet. Kaiser Balduin schenkte der Republik Venedig eine große Kreuzpartikel, die später König Ludwig der Heilige von Frankreich besaß, der sie dem seligen Albert dem Großen schenkte. Dieser trug sie eine Zeit lang am Halse, nachdem er sie im Feuer erprobt hatte, dann schenkte er die eine Hälfte dem Stifte St. Kunibert, die andere seinem Kölner Dominikanerkloster vom hl. Kreuz. Derselbe selige Albert ließ in derselben Ordenskirche zwischen Chor und Schiff ein großes hölzernes Kreuz anbringen, in das eine Kreuzessplitter eingelassen war. Nicht lange vor 1635 erhielt dieselbe Kirche noch eine dritte Kreuzpartikel in Goldfassung. Auch St. Andreas und, wie gesagt St. Kunibert besaßen je eine Kreuzpartikel, sowie die Abteikirche St. Pantaleon, die sie um 1208 von Albert von Laach empfangen hatte. In St. Georg war ein metallenes Kreuz, das besonders die Wöchnerinnen verehrten. Von dem blutüberströmten, tiefstes Mitleid erregenden Kruzifix in St. Maria im Kapitol erzähle man sich, daß sich das Haupt immer tiefer neige; wenn es die Brust berühre, sei das Ende der Welt da. Ein ähnliches Kreuz stand in der Kapelle der Kapuzinessen (St. Anna). Bei den weißen Frauen (St. Magdalena) stand ein 1230 aus dem Holze eines Baumes herausgewachsenes Kruzifix, das einer frommen Nonne erschien, als man ihr zu Unrecht ihr Kruzifix entzogen hatte. St. Maximin bewahrte eine Kreuzpartikel in goldener Fassung. Zu St. Aposteln war eine vielverehrte lebensgroße Kreuzigungsgruppe. In der Abteikirche zu Brauweiler bei Köln barg der Hochaltar eine Kreuzpartikel und ein goldenes Kreuz, das der Papst Johannes einst den Stiftern der Abtei, dem Aachener Pfalzgrafen Ezzo und seiner Gemahlin, der Kaisertochter Mathilde, geschenkt hatte. Beide wohnten auf der Tomburg bei Rheinbach. Wohl in der daselbst dem hl. Pankratius geweihten Schloßkapelle stand ein goldenes Kreuz, vor dem die fromme Pfalzgräfin durch ihr Gebet einer Blinden das Augenlicht wiedergab. Zur größeren Verehrung dieses wundertätigen Kreuzes übertrug es Mathilde auf ihren eigenen Schultern in die Kirche von Brauweiler. Später wurde wohl der Goldschmuck des Kreuzes in einem Kriege geraubt, da es 1635 mit Silberblech überzogen, mitten im Chor über dem Grabe der Stifter hing. Kinder erbten von den frommen Eltern die Verehrung des hl. Kreuzes. Einer ihrer Söhne, Erzbischof Hermann II. von Köln, ließ für die Kirche St. Maria im Kapitol, wo seine Schwester Ida Äbtissin war, ein überaus kostbares, noch heute im Erzdiözesanmuseum in Köln aufbewahrtes Kreuz anfertigen. Zu Keldenich bei Köln steht neben dem Dickopshof eine 1716 erbaute Kreuzkapelle. Zu Scheiderhöhe wurde die Kreuzkapelle 1803 erbaut, 1866 zur Pfarrkirche erhoben und besitzt seitdem auch eine Kreuzpartikel. Zu Kreuzkapelle steht die uralte Tauf- und Mutterkirche des hl. Johannes, an deren Stelle zuerst das Kreuz in dortiger Gegend errichtet wurde. Dem hl. Kreuz geweiht waren die Kapelle zu Crottorf (Pfarre Friesenhagen) und die Pfarrkirche zu Wissen an der Sieg, die Kapellen zu Hohn (Pfarre Eitorf) und Alzenbach (Pfarre Eitorf-Merten), zu Quirrenbach (Pfarre Oberpleis), zu Bechlingen (Pfarre Winterscheid; Christi Kreuztragung). In Süchterscheid (Pfarre Uckerath) hatte eine Frau, die Zwillinge geboren, durch Errichtung eines Kreuzes und eines kleinen Bethauses ihre Kinder von einer Plage befreit. Bald baute man statt des Bethauses eine Wallfahrtskapelle, über der man oft vier Lichter strahlen sah, was den Zulauf noch vermehrte. In der Zisterzienserabtei Heisterbach waren nach Caesarius zwei Kreuze, aus dem Holze des Kreuzes Christi geschnitzt, ein schwarzes, das aus Apulien kam, ein rotes, das 1208 der Ritter Heinrich von Ulmen aus der Sophienkirche zu Konstantinopel mitgebracht hatte. Als ersteres der selige Christian, Mönch zu Heisterbach, küßte, erhielt er auf wunderbare Weise das Gefühl der Andacht und die Gabe der Tränen wieder. Auf dem Kreuzberge bei Bonn stand nahe der jetzigen Kirche eine dem hl. Kreuze und der schmerzhaften Mutter geweihte Kapelle, zu der schon 1429 viel gewallfahrtet wurde. 1627/28 baute Kurfürst Ferdinand von Köln die neue Kirche, die seit 1637 von Serviten bedient wurde. Kurfürst Clemens August ließ 1746 die Nachahmung der hl. Treppe von Jerusalem bauen. Lange Zeit zog in der Nacht des Karfreitag eine Prozession von Bonn auf den Berg. 1802 wurde das Kloster aufgehoben. 1855 ließen sich Jesuiten (bis 1872), 1883 Franziskaner neben der Kirche nieder. In Dietkirchen in Bonn wurde ein großes Reliquienkreuz verehrt. Das große Kreuz (Hochkreuz) bei Friesdorf ließ Kurfürst Walram von Jülich 1333 in reinen gotischen Formen errichten. Des Kreuzes auf dem Tomberg haben wir schon gedacht. Wie in Großvernich, so war auch in Elsig bei Euskirchen eine dem hl. Kreuz geweihte Kirche. Auf dem Altar der alten Kirche zu Elsig ist die Kreuzigungsgruppe eines Kölner Meisters aus dem Jahre 1470 zu sehen.

So wären wir auf unserem "Kreuzgang" durch die Erzdiözese wieder zu Kreuz-Weingarten angelangt. Möge himmlischer Trost sich in die Herzen aller ergießen, die mitleidsvoll und reumütig dort vor dem siegreichen Holze des Kreuzes beten, mit dem einst der Herr zum Gerichte erscheinen wird.

Darum sei unser Schluß das alte Kreuz-Weingartener Pilgergebet: Wir bitten Dich! erhöre uns, durch Dein hl. Kreuz erlöse uns!





Sonderdruck: Euskirchener Volksblatt A.-G., Euskirchen, 1927, 24 S.
Veröffentlicht in: Unsere Heimat, Beilage zum Euskirchener Volksblatt, 4. Jahrgang, Freitag, den 27. Mai, Nr. 8 - 1927
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