Leben und Werk von Nikolaus Reinartz,
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Zur Geschichte von Billig (Belgica vicus)
Von Pfarrer a. D. Nik. Reinartz, Kreuzweingarten

Wir unterbrechen unsere Aufsatzreihe „Streifzüge in die Nachbarschaft des Kreises Euskirchen“, um der nachfolgenden interessanten Arbeit eines geschätzten, verdienstvollen Heimatforschers Raum zu geben. In der nächsten Samstag=Sonntag-Ausgabe werden wir unsere Leser in das Randgebiet des Kreises Schleiden führen.

Die Schriftleitung

Der Aufsatz in Nr. 274, 1942, des Volksblatt: „250 Jahre Pützfelder Hof in Billig“ hat aufs neue gezeigt, wie begrüßenswert im Interesse der Heimatgeschichte die Veröffentlichung solcher in alten Familien vielfach erhaltenen, von keiner Archiv-Inventur erreichten Urkunden ist, zumal wenn dieselben von geschichtskundiger Seite erläutert werden. Durch diesen Aufsatz ist die Aufmerksamkeit auch einmal auf den Euskirchener Vorort Billig 1) gelenkt worden, die einzige Siedlung im Kreise, die neben dem Tolbiacum des Tacitus in der antiken Literatur erwähnt wird.

Die Bedeutung des in dem Itinerarium provinciarum Antonini Augusti, dem antiken „Bädeker“, auf der über Wesseling a. Rh. und Marmagen führenden Route Köln=Trier als Haltestation vor dem Aufstieg zu den Eifelbergen genannten vicus Belgica ist durch die Ausgrabungen in den siebziger Jahren nur zum kleinsten Teil erschlossen worden. Der Augenschein ergibt hier, etwa 10 Minuten vom heutigen Billig entfernt, in den Ackerfluren „auf dem Kaiserstein“ und „Auf dem Wiehlder“ zwischen den Straßen Billig-Stotzheim und Billig-Weingarten sowie noch über letztere hinaus in der Flur „am Hermesbusch“ und „auf der Antweiler Heide“ zerstreut, ein römisches Trümmerfeld zusammenhängend etwa 800 Meter, der Längsausdehnung des römischen Köln also nur wenig nachstehend. Die Ergebnisse der bisherigen Ausgrabungen – man kann diese in Clemen „Die Kunstdenkmäler des Kreises Euskirchen“, S. 18 ff oder noch ausführlicher bei Gissinger, „Geschichte der Stadt Euskirchen“ S. 50 ff. nachlesen – lassen jedoch klar erkennen, daß der römische vicus Belgica ein Marktort an der Heerstraße gewesen ist, der nach den zahlreichen Münzfunden der späteren Kaiserzeit angehört. Prof. aus'm Werth, der Leiter der Ausgrabungen hat seinen Bericht über dieselben damals mit den Worten geschlossen, es sei im höchsten Grade erwünscht dieselben in größerem Umfang wieder aufzunehmen: es ist auch heute nach siebenzig Jahren kaum anzunehmen, daß dieser Wunsch sobald in Erfüllung geht. Immerhin könnten sich bei der nun auch schon seit 25 Jahren geplanten Umlegung der dortigen Weingarten-Rhederer Feldflur, die doch einmal kommen muß, interessante Aufschlüsse ergeben. Dem Plan der römischen Niederlassung „auf dem Kaiserstein“ nach den aus'm Werthschen Ausgrabungen zeigen wir im Bilde, ebenso eine von dort gefundene Bronzebüste des Bacchus die sich heute im Landesmuseum in Bonn befindet.


Plan der römischen Niederlassung nach den Ausgrabungen „auf dem Kaiserstein“ bei Billig – (3 Bilder: Gissinger, Euskirchen)

Von römischen Befestigungen und Straßensperren, wie sie nach der Niederwerfung des selbständigen Gallierreiches in Trier durch Aurelian in Andernach, Neumagen, Bitburg und Jünkerath errichtet wurden, haben sich in Belgica keine Spuren gefunden. Möglich, ja wahrscheinlich ist jedoch, daß weiter westlich „am Orenstein“ – von ara?, dort auch römische Funde – wo heute auf aussichtsreichem Hügel das Kapellchen steht, ein befestigtes Lager oder Kastell, wie sie hundert Jahre später Kaiser Valentinian zum Schutze der Rheingrenze anlegt gewesen ist 2). Dort, im heutigen Billig haben sich denn auch, als durch die Zurückziehung der römischen Legionen um 400 n. Chr. der Rhein den beginnenden Ansturm der Ostgermanen preisgegeben wurde, die bei der fluchtähnlichen Aufgabe von Belgica etwa verbliebenen Römer und später die Franken angesiedelt. Hier zog denn auch in der Folge die freilich heute zum Teil auch bereits untergepflügte „alte Heerstraße“ vorbei und erhob sich eine mittelalterliche Burg wohl schon früher. Deren Name ist noch in der Flurbezeichnung „an der alten Burg“ erhalten; sonst ist von der ganzen in ihrer beachtenswerten Eigenart noch auf der Meßtischkarte angedeuteten Anlage nur mehr ein sogenannte Motte, d. i. ein Rundhügel mit umlaufendem Wassergraben hinter der Wirtschaft Schlösser zu sehen, im Volke „Knöpp“ genannt. Diesen Punkt geben wir so, wie ihn Gissinger vor vierzig Jahren sah im Bilde wieder.


Die „Knöpp“ in Billig

Ein Jahrtausend vergeht, bis wir dem Namen Billig wieder in den Geschichtsquellen begegnen und zwar in Verbindung mit den Ortschaften Roitzheim und Ober- (Klein-) Büllesheim, welche sich wohl durch die an denselben vorbeiführende Römerstraße erklären läßt 3). Im Jahre 1326 verkauft nämlich Ruprecht von Tomburg, Herr zu Vernich, die drei Dörfer seinem Oheim Propst Eberhard 4). Es war alter Tomburger Besitz, wohl noch aus der Zeit der Pfalzgrafen, also fränkisches Krongut, wie die Pallenz im ehemals römischen Zülpich 5). Es geht dies aus einer weiteren Urkunde vom Jahre 1337 hervor, worin die Tomburger Ruprecht, Abt von Korvey, und Walrave, "commenduer van Tunenburg", sein Bruder, "Ouverbulisheym, Ruychsheym und Billich, reychte eygendomme ... so wie wir ind unse aIderen da ain gesessen hain“ eme hoen meychtigen vursten, heren Wilhelm, marcgreven van Guylge", geben. 5a) Von da an datiert wohl die territoriale Zugehörigkeit zum Herzogtum Jülich, in welchem Billig-Roitzheim bis zur Französischen Revolution eine Unterherrschaft darstellte.


Römische Bronzebüste „Baccus“, bei Billig gefunden

Freilich bringt der Geschichtsschreiber des Dekanates Münstereifel, Pfarrer Johannes Becker, unter Roitzheim die Nachricht, daß 1364 Friedrich von Tomburg Billig und Roitzheim zurückerhalten und seiner Enkelin vererbt habe. Eine Quellenangabe fehlt, aber anderweitig steht fest, daß diese Enkelin Gertrud die Tochter Craffts von Saffenburg und der Elisabeth von Tomburg 1419 bei ihrer Verehelichung mit Peter von Eich die Dörfer Roxheim und Billig von ihren Eltern als Mitgift erhielt. 6) Die v. Eich besaßen die Burg Ollbrück, Kreis Ahrweiler, deren stolze Warte heute noch eine Zierde der Eifel ist. Doch ging Billig schon in der folgenden Generation durch die Heirat Elisabeths von Eich mit Goddert vom Drachenfels an diesen und weiter durch deren Tochter Appolonia, welche 1477 Otto Walpott von Bassenheim ehelichte, an das Haus Walbott-Gudenau über 7), unter dessen Herrschaft Billig mit Roitzheim über 270 Jahre blieb. Ihm entstammte auch der Freiherr Maximilian Hartard von Walbott, Herr zu Gudenau und Drachenfels, der den von der Abtei Kornelimünster lehnrührigen Pützfelderhof in seinen Besitz brachte und mit seinen sonstigen Hoheitsrechten über Billig durch seine Tochter Maria Alexandra an den Freiherrn Karl von der Vorst-Lombeck vererbte. Ueber diese in der letzten Zeit der Herrschaft Billig Roitzheim für die ganze Herrlichkeit bedeutsamen Transaktionen gibt ja die eingangs erwähnte Veröffentlichung eingehend Auskunft 8).


Grabstein des römischen Soldaten Quintus Petronius Rufus
Zur Grabschrift: Q(intus) Petro(ni)us / Q(inti) (filius) Aniensis / rufus h(ic) s(itus) e(st) / parum felix / militae

Aber all diese kleinen Herrscher, weder die Tomburger noch der Saffenburger und Ollbrücker, auch nicht die vom Drachenfels und Gudenau, dürften kaum oder höchstens nur vorübergehend auf der Burg in Billig residiert haben. Sie haben ihr Ländchen wohl meist durch Schultheiß und Schöffen regiert. Da sind nun von erheblichem Interesse ein paar noch unveröffentlichte Urkunden alter Zeit, die uns Kunde geben von einem ritterlichen Geschlechte, das sich von Billig nannte und daselbst, wenn nicht die Burg erbaut, jedenfalls auf derselben seinen Sitz hatte. Wir werden demnächst Näheres über dieses Geschlecht berichten.

Pf. N. Reinartz





(Fortsetzung und Schluß)

Im Anschluß an den Aufsatz in Nr. 13 bringen wir zunächst noch in Abbildung zwei römische Denkmäler von Belgica. Das erste ist der Grabstein eines Soldaten, des Quintus Petronius Rufus (Rotkopf) aus dem römischen Stadtbezirk am Anio, „der wenig glücklich im Kriege war“ und nach der Deutung von Professor H. Leßner etwa um die Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. auf einem Feldzuge in Belgica ein frühes Grab gefunden hat. Das andere ist das zu einem großen Grabmal gehörende kunstvoll gearbeitete Steinbild der an einem Felsen geschmiedeten Hesione aus der Herkulessage, eine wegen der Symbolik der Todesbanden bei den Alten beliebte Darstellung. Beide Funde sind jetzt im Bonner Landesmuseum. Der letztere wurde auf dem "Hondert", einer Feldflur zwischen Rheder und Kaiserstein gemacht, wo in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts etwa zwanzig römische Gräber aufgedeckt wurden, so daß wir dort unweit der von Belgica mehr westlich abzweigenden antiken Straße wohl die Begräbnisstätte sehen dürfen. Der Flurname "auf dem Hondert" weist freilich bereits in die Zeit der fränkischen Hundertschaften, während in dem früher genannten Wiehlder ein römisches „villare“ = Weiler steckt. Beachtenswert ist auch der erwähnte Flurname „am Hermesbusch“ an der alten Heerstraße mit römischen Resten. Dieser Name wiederholt sich als „Hermesberg“ nämlich noch zweimal in unserer Gegend an der Römerstraße Köln-Trier, bei Harzheim und bei Weyer. Wenngleich im Einzelfalle der Name von Hermann kommen könnte, so ist doch dieses mehrfache Vorkommen auf römischem Kulturboden in engem Raum so auffallend, daß man eher sich an den antiken Götterboten Hermes, den Schutzgott der Wege, freilich auch der Diebe, erinnern wird. Wurden ihm zu Ehren ja auch längst den Wegen Hermessäulen errichtet.


Kunstvolles Steinbild der an den Felsen geschmiedeten Hesione aus der Herkulessage
(Gefunden in der Feldflur zwischen Rheder und Kaiserstein.)

Wir fahren nun fort in der Aufhellung der Geschichte des mittelalterlichen Billig.

Die wichtigste Urkunde, die von einem ritterlichen Geschlechte auf der Burg zu Billig Kunde gibt, ist datiert vom Jahre 1380; sie befindet sich im Pfarrarchiv zu Münstereifel. In dieser Urkunde, einem offenen Briefe, versöhnen sich Dechant und Stiftskapitel zu Münstereifel im Erzstift Köln mit Ritter Heinrich Smeyge von Billig. In Liebe und Freundschaft legen sie bei am Vorabend des hl. Fronleichnamsfestes alle Beschwerden, Wegnahmen und Schädigungen beiderseits unter Vorbehalt folgender Festsetzungen: Dechant und Kapitel leisten Gewähr und bestellen einen Priester, daß zu den von "Kapellenrecht" bereits in der Woche stattfindenden Messen (gestiftete oder für Kapellen mit dem Sanctissimum regelmäßig vorgeschriebene Messen) von jetzt an, solange der Ritter lebe, aber nicht länger, jeden Samstag in Billig eine Messe geschehe, wohl als Ersatz für die Sonntagsmesse, der der alternde Ritter in der Pfarrkirche zu Weingarten kaum mehr beiwohnen konnte. Dessen Frommsinn wird auch durch die Eintragung in die Gebetsverbrüderung der Abtei M. Gladbach bekundet, wo unter dem 12. Juli, wohl seinem Todestage, vermerkt ist: "dominus Henricus dictus Smeike de Billig." 1)

Billig besaß also bereits eine Kapelle, gehörte aber zu der Zeit nach Weingarten in die Pfarre, 2) die unter dem Stiftskapitel von Münstereifel stand. Der Ausdruck im folgenden "Kirchspiel von Billig" könnte im strengen Sinne genommen sogar von einem ehemaligen eigenen Pfarrbezirk verstanden werden, läßt sich aber auch durch die politische Abtrennung von Kurköln, die damals bereits bestand, erklären. Jedenfalls ist die Kapelle Billig sehr alt; das Patrozinium des hl. Cyriacus weist auf die nachkarolingische Zeit, auch wurde beim Abbruch der alten Kapelle unter anderm ein frühromanisches Würfelkapitell gefunden. 3)

Hat Ritter Heinrich von Billig bei der Ausbedingung der Samstagsmesse sich mehr von seinem eigenen religiösen Bedürfnis leiten lassen – eine Gegenleistung ist vorauszusetzen, wird aber nicht genannt –, so kam bei dem folgenden Punkt das Interesse des ganzen Kirchspiels in Frage. Das Stiftskapitel gibt also weiter die Garantie, daß auf seinem Fronhofe zu Weingarten das Zuchtvieh: Stier, junger Hengst, Eber und Bock, den Insassen des dortigen Kirchspiels zur Verfügung stehen solle. Die Haltung der Zuchttiere war ja auch ein uns heute allerdings etwas seltsam anmutender Dienst an der Allgemeinheit seitens der geistlichen Zehntempfänger, der seine Erklärung wohl in volkserzieherischen Rücksichten findet.

In einem Nachtrag vom Jahre 1386, der sich ebenfalls im Pfarrarchiv Münstereifel findet, erklärt der alte Ritter noch, daß die Stiftsherren nur dann verpflichtet sein sollten, eine verabsäumte Samstagsmesse nachzuholen, wenn sie in der nächsten Woche angemahnt würden; in einem solchen Falle hätte sie in der dann folgenden Woche an einem beliebigen Tage zu geschehen. Weiter sollten die genannten Herren Beschwerden des Kirchspiels Billig, daß ihnen von den Priestern, denen die Kapelle unterstände, zu kurz geschehe, dann erfüllen, wenn dasselbe allgemein klage, "alle Tücke und Arglist ausgeschieden".

Noch eine dritte Urkunde vom Jahre 1334, die in dem Buch Nechtersheim im Koblenzer Staatsarchiv aufgezeichnet ist, spricht von Heinrich genannt von Billig. Es ist wohl kein anderer als unser junger Ritter, der mit seiner Ehefrau Sofia, deren Mutter Aleyden und dem Bruder Sofiens, Johann von Vrilingen (Freilingen, Kreis SchIeiden) ihre Güter zu Beßghe (Pesch) für 90 Mark Kölnisch Pagement verpfänden.

Wer ist denn dieser Ritter von Billig, der, nach allem zu urteilen, dort im Dienste der Edelherren von Tomburg gestanden haben wird? Den Erbmarschall von Jülich, Frambalch van Birgel, nennt er „maghe“ d. i. Verwandter. Ein Frambalch von Birgel ist auch 1422 ein Pfandherr und Mitbesitzer von der Tomburg. 4) Der Name Smeige oder Smeike, sonst auch Smeich, könnte von dem im Dialekt noch hierorts gebräuchlichen "Schmeck " = Gerte, Peitsche kommen. Träger des Namens in der Form Smecho und Smeiche werden um 1260 unter den Steinfelder Lehnsleuten in Bleibuir und Bergbuir genannt. 5) Andere kann man bei Fahne, Genealogie der Kölnischen und Jülichschen Geschlechter II, S. 131, nachlesen, dort auch das Wappen des adligen Geschlechtes, ein quergeteilter Schild, das obere Feld leer, das untere mit drei, zwei über eins gestellten Seeblättern.

Von besonderer Bedeutung sind die Schmeich von Lissingen für unsere Gegend geworden. Bereits 1212 soll ein Schmeich mit der Burg Lissingen bei Gerolstein belehnt worden sein. 1328 kommt ein Johann Smeych von Lissingen mit seinem Bruder Gyselbrecht von Uetzheim vor. 6) Des ersteren Sohn Johann Smeych, der junge Ritter, erscheint 1377 als Herr von Zievel. Ein im Rate des Herzogs von Jülich hoch angesehener Mann, hatte er fünf Kinder mit seiner Gattin Fya von Rhede, von welchen neben den Töchtern Lette, verheiratet mit Werner von Vlatten, Herrn zu Dreiborn, und Metza, Gattin des Ritters Reilmann vom Geisbusch zu Bollheim, besonders sein Sohn Andreas Smeych von Lissingen, Herr zu Zievel, zu erwähnen ist. Ihm und seinem Vater schreibt Edmund Renard im wesentlichen die Erbauung der Zieveler Burg in ihrer heutigen Gestalt zu. 7) Bei seinem Tode um 1440 – er starb kinderlos – hinterließ er neben beträchtlichen Schulden einen ausgedehnten Besitz, in den sich Werner von Vlatten und Metza von Lissingen mit Johann von Wunnenberg, einem Neffen des Andreas von seiner Schwester Mene her teilten. Die beiden erstgenannten erhielten gemeinsam Burg Zievel mit der Herrschaft über die Dörfer Lessenich-Rißdorf (Rychesdorp) und den Röttger-Hof (zum Roitgin), ferner das Dorf Pesch mit allen seinen Rechten und Zubehör, Renten zu Eschweiler, Güter zu Nemmenich, Lüssem, Sievernich, ein Weingut zu Irnich, Wiesen zu Loevenich u. a. Nicht genannt ist bei der Erbteilung das Dorf Bergbuir mit altem Familienbesitz, das damals an Dreiborn kam und dem Gericht Heistert zugeteilt wurde. 8) Der Wunnenberger erhielt die Herrschaft Eicks mit dem Frohnhof, dem Weyerhof und dem Reuvershof daselbst, die halbe Herrschaft Harzheim und den Hof daselbst. Renten zu Rövenich, Stockheim und Zingsheim, die Mühle zu Dreimühlen und ein Weingut zu Winden. Auch die Stammburg Lissingen mit Herrlichkeit und Gerechtigkeit ging an ihn über 9); so ist für sicher anzunehmen, zumal auch kein Nachkomme von Ritter Heinrich Smeyge zu Billig bekannt ist, daß das Geschlecht mit Andreas von Zievel in männlicher Linie ausgestorben ist.

Seine Ruhestätte hat der letzte Smeych von Lissingen in der Pfarrkirche von Lessenich gefunden. Bereits 1422 hatte er derselben eine Erbrente von sechs Malter Roggen überwiesen, für die ein großes Jahrgedächtnis am Donnerstag nach den heiligen Tagen (?) für ihn und seine Gattin Guitgyn von Ivenheim mit drei Priestern gehalten werden sollte, bei dem von von zweit Maltern Brod gebacken und nach dem Gottesdienst von den Kirchmeistern an die Armen ausgeteilt werden sollte. Zwei Malter sollten zur Beleuchtung der Ampel dienen, die über ihrer Grabstätte Tag und Nacht brennen sollte an den Festen unserer lieben Frau, auf Aller Heiligen und Aller Seelen und auf den Kirchweihungen, ferner Tag und Nacht von Christabend bis Dreizehntag (Dreikönigen) zu Abend, vom Palm-Abend bis des Donnerstags danach, und von des Heiligen Sacraments-Abend zur Vesper, "bis alle die guten Tage um sind". Heute ist mit der Ampel auch die Begräbnisstätte in Vergessenheit geraten, wie auch die Burg zu Billig verschwunden ist; nur die festen Mauern und der ragende Turm von Zievel zeugen noch von dem Reich, das einstens ein Eifeler Rittergeschlecht durch seine Tapferkeit und klugen Rat sich hier erworben hatte.

Pf. N. Reinartz





Anmerkungen

  1. Das Dorf Billig hat bis 1856 zum Stadtgebiet von Euskirchen gehört und wurde erst bei der Einführung der Rheinischen Städteordnung der Bürgermeisterei Wachendorf zugeteilt.

  2. Für ein römisches Bollwerk an dieser Stelle sprechen auch die von dem im hohen Alter verstorbenen Gymnasialdirektor Dr. Pohl, einem gebürtigen Billiger, in den Bonner Jahrbüchern Bd. 53, S. 324 erwähnten, dort gelagerten mächtigen Errat-Granitblöcke, und die von Katzfey in seiner Geschichte Münstereifels und der benachbarten Orte II, S. 34 aufgezeichneten Volkssage: "Die Steine zu Billig haben die Heiden liegen gelassen". Er selbst beschreibt sie als haushohe Lavamassen, die dann wegen ihrer basaltartigen Festigkeit beim Ausbau der Heerstraße verwendet worden seien.

  3. Dieselbe wird auch im Prümer Güterverzeichnis von 1222 bei Beyer, Mittelrheinische Urkunden I. S. 189 genannt: "Bulgenshevm est iuxta stratam, que de monasterio ducit Coloniam".

  4. Redinghovensche Sammlung im Bayerischen Staatsarchiv München, Bd. 21, 2.

  5. Edmund Renard läßt in "Rheinische Wasserburgen" S. 12 ohne Quellenangabe die Billiger Burg ein Brabanter Lehn sein im Widerspruch zu seiner eigenen Angabe in den Kunstdenkmälern S. 22: "Dorf und Burg Billig waren im 13. Jahrhundert wahrscheinlich im Besitz Walrams von Limburg (Herrn von Euskirchen)". Diese Annahme beruht auf der Schenkung der villa Roetzheim an das Kloster Reichenstein durch Walram. Es ist aber damit nicht Roitzheim, sondern der Rüdesheimer Hof bei Euskirchen gemeint; vgl. Becker, Geschichte der Pfarreien des Dekanates Münstereifel, S. 266. Auch die erste Annahme von Renard muß nach dem im Text Gesagten als unrichtig bezeichnet werden.

    5a) Lacomblet, Urkundenbuch III, Nr. 315.

  6. v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius, Bd. XII, S. 621.

  7. Fahne, Geschichte der Kölner und Jülicher Geschlechter, I, 81.



Anmerkungen - Teil 2

  1. Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins, II. S. 235 b.

  2. Der alte Billiger Kirchweg, der heute größtenteils in der Ackerflur aufgegangen ist, führte vom Kaiserstein ab an einem Feldkreuz vorbei in gerader Richtung die Pfaffenhart hinunter über den Meersbach neben der Pastorat zur Kirche. Der heutige Fuhrweg nach Weingarten, bei Billig auch „Breiter Weg" genannt, scheint neueren Datums; auf der Karte von 1799 fehlt er, auch durchschneidet er den Römerkanal. Die alte Verbindung von Billig zur Erft ging über den Kaiserstein nach Rheder.

  3. Die auf Katzfey zurückweisende Behauptung in den Kunstdenkmälern, daß die Kapelle zu Billig bereits 1237 erwähnt sei, ist jedoch irrig. In der von Katzfey angeführten Urkunde des Erzbischofs Heinrich vom Jahre 1237 wird Billig überhaupt nicht genannt.

  4. Eiflia illustrata III, 1 S. 300.

  5. Staatsarchiv Koblenz, Kloster Steinfeld, Güterverzeichnis von 1260, Nr. 38a.

  6. Strange, Beiträge zur Genealogie der adligen Geschlechter, Heft II, S. 6 ff., 92 ff.

  7. Kunstdenkmäler des Kreises Euskirchen, S. 197

  8. v. Harff'sches Archiv Gemünd, III, 6, 8b.

  9. Eiflia illustrata III, 3, 46.





Euskirchener Volksblatt, Nr. 13, 16./17.1.1943; Nr. 25, 30./31.1.1943.


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