Leben und Werk von Nikolaus Reinartz,
Pfarrer und Heimatforscher - Ein Projekt von Nikola-reinartz.de und Nikolaus-reinartz.de





Ein vorgeschichtlicher Ringwall bei Weingarten in der Eifel
(Ohne Verfasserangabe)

Der indogermanische Volksstamm der Kelten, der im Altertum sich von Süddeutschland her über das ganze westliche Europa ausgebreitet hat, ist es wahrscheinlich gewesen, von dem viele vorgeschichtliche Befestigungen bis auf unsere Zeit sich erhalten haben. Unter ihnen nehmen sog. Ring- oder Steinwälle in unserem Westen die erste Stelle ein. Im Taunus, in der Eifel und besonders im Hunsrück sind bisher viele dieser sog. Fliehburgen festgestellt worden. Cohausen beschreibt deren in seinem Werke über das Befestigungswesen der Urzeit eine ganze Menge. Man denkt sich den Sachverhalt so, daß die Bevölkerung entweder innerhalb dieser Befestigungen selbst oder in nicht zu ferner Umgebung gewohnt hat; im letzteren Falle wären die befestigten Orte nur zeitweilig, in Fällen der Gefahren durch einen Feind, benutzt worden. Die letztere Ansicht dürfte viel für sich haben, weil die Wälle sich wenigstens bei uns in den genannten Gebirgen auf Berggipfeln befinden, wobei dann die Schwierigkeit der Lösung der Wasserfrage wohl einen ständigen Aufenthalt sehr fraglich erscheinen ließe.

Vor etwa zehn Jahren suchte Herr Professor Hürten in Münstereifel, durch die Meßtischblatt-Bezeichnung eines Berges als Burgberg bei Weingarten an der Bahnstrecke Euskirchen-Münstereifel, diesen Berg auf, um nach etwaigen Burgresten zu suchen. Er fand zwar keine Burg, erkannte aber einen deutlich sichtbaren Ringwall auf dem Bergplateau. Eine nähere Erforschung war bis vor kurzem unterblieben, bis jetzt nach Abholzungen sich eine günstige Gelegenheit dazu bot. Auf Anregung des Herrn Pfarrer Reinartz von Weingarten ist nun an verschiedenen Stellen durch Anlegung von Querschnitten durch die Wälle das Befestigungssystem aufgedeckt worden.

Der Verein von Altertumsfreunden im Rheinlande lud dann seine Mitglieder an einem heitern Herbstsonntag zu einer Besichtigung ein.

In einer Viertelstunde erreicht man vom Bahnhof Weingarten den Burgberg südöstlich des Dorfes. Oben angelangt, hielt Herr Professor Dr. Lehner, nachdem er die Mitteilung vorausgeschickt hatte, daß der Altertumsverein am 1. Oktober sein 80jähriges Bestehen habe feiern können, an Hand von Kartenmaterial einen erläuternden Vortrag über Ringwälle im allgemeinen und diesen Weingartener im besonderen. Interessant ist, daß bei diesem Werke der Befund sich mit dem System der Befestigung deckt, das Cäsar im 7. Buche des Gallischen Krieges beschreibt. Bei Gelegenheit der Belagerung von Avaricum (Bourges) schildert er das Verteidigungssystem der Gallier wie folgt (VII. 23). Alle gallischen Mauern haben etwa folgende Einrichtung: Auf dem Boden werden grade Balken aus einem Stück der Länge nach nebeneinander und mit zwei Fuß Abstand voneinander gelegt. Die Balken werden inwendig gehörig verklammert und dann alles mit Erde bedeckt; in der Front aber werden die Abstände zwischen den Balken mit großen Steinen völlig ausgefüllt. Ist diese Schicht verlegt und verbunden, so kommt die zweite Lage Balken mit demselben Abstand darauf, aber so, daß nicht Balken auf Balken trifft, jeder von seinem Steinlager genau in demselben Zwischenraum fest zusammengehalten wird. So wird das ganze Werk Lage für Lage zusammengefügt, bis es die verlangte Höhe der Mauer erlangt hat. Der regelmäßige Wechsel der nach geraden Linien geschichteten Balken und Steine gibt dem Werke ein gefälliges und harmonisches Aussehen, ist aber auch von wesentlichem Nutzen für die Stadtverteidigung, weil gegen den Brand der Steinbau, gegen den Widder aber das Holzwerk schützt, welches aus Balken von wenigstens 40 Fuß Länge und inwendig gehörig verklammert, weder durchbrochen, noch auseinandergerissen werden kann.

Den Bau unseres Ringwalles haben wir uns also so zu denken, daß man in gewissen Abständen zwei Reihen Pfähle in den Boden trieb, diese quer mit Balken oder Baumstämmen verband, dann Steine um die Pfähle baute und den Raum in der Mitte durch Erde auffüllte, sodaß die Mauer auf diese Weise einen festen inneren Halt bekam. Im Laufe der Jahrtausende sind aber diese Wälle doch mehr oder minder auseinandergefallen und dadurch sind statt der Steilwände Böschungen entstanden, wie wir sei jetzt bei dem Weingartner Ring sehen, die aber gleichwohl noch die Anlage deutlich erkennen lassen. Auf diese und ähnliche Art mögen die kleineren Ringe entstanden sein, auch derjenige auf dem Altkönig im Taunus, nicht aber das Riesenzyklopengemäuer von 228 000 Kubikmeter bei Otzenhausen im Hunsrück, das der von Züsch kommende Wanderer auf darin angelegten Treppen ersteigt.

Die Eingänge zu solchen Ringwällen, darauf macht Lehner besonders aufmerksam, sind stets so angelegt, daß der Eindringende dem Belagerten seine rechte, unbedeckte Seite bieten muß. Durch Anlage von Vorwällen wird diese Notwendigkeit noch verstärkt insofern, daß der Eindringling durch die Lage des Eingangs des Vorwalles zu derjenigen des Hauptwalles zur Darbietung dieser Blöße gezwungen wird. Das Alter des Weingartner Ringes, der einen Umfang von zirka 300 Meter bei einer Breite von 175 Meter hat, schätzt Professor Lehner auf rund 2000 Jahre; er wäre dann zu Cäsars Zeiten errichtet worden. Der elliptische Ring auf dem Altkönig hat 1150 Meter, der Otzenhauser 1360 Meter, sein Vorwall 850 Meter Umfang.

Bei dem Rundgang um den Hauptwall, der auch einen Vorring aufweist, sah man die verschiedenen Querschnitte, die nach Abtragung des Humusbodens Steinmassen erkennen ließen, an deren Vorderseiten noch die eingerammten Pfähle festgestellt werden konnten. Es sind nämlich noch die Löcher zu erkennen, in denen diese Pfähle steckten, und zwar an der gegenüber dem gewachsenen Boden verschiedenen Farbe der Erde, die diese Löcher nun füllt. Auch die Querbalken sind hier noch festzustellen, dank des Umstandes, daß sie durch Brand vernichtet worden sind. Holz hätte sich 2000 Jahre wohl nicht erhalten, wohl aber die Holzkohle, und diese ist noch an mehreren Stellen vorhanden. Man wird noch die Holzart feststellen, die diese Kohle geliefert hat. Eine Eigentümlichkeit dieses Walles ist noch, daß ihm ein Graben vorgelagert gewesen ist; dieser ist übrigens auf verständliche Weise dadurch entstanden, daß man die ausgehobene Erde zur Füllung zwischen die auf die oben geschilderte Weise zustande gekommenen Steinmauern verwendete.

Auf dem Ringwall stand schon im Mittelalter das Weingartener Kreuz, das heute durch ein eisernes ersetzt ist; von ihm bietet sich ein sehr schöner Blick auf die Gegend, die zur römischen Zeit ziemlich stark besiedelt gewesen zu sein scheint. Nach Westen erscheint die Kirche von Billig, in dessen Nähe das römische Belgica an der Straße von Trier nach Bonn lag. Durch den Weingartener Wald ging die römische Wasserleitung, von der noch ein Stück zu sehen ist, und in Weingarten selbst ist an der jetzigen Landstraße eine umfangreiche römische Villa festgestellt worden.


Eifelvereinsblatt, Nr. 1, Januar 1922, S. 6-7.


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