Leben und Werk von Nikolaus Reinartz,
Pfarrer und Heimatforscher - Ein Projekt von Nikola-reinartz.de und Nikolaus-reinartz.de





Schloß und Stadt Münstereifel, deren Recht und Gerechtigkeit





Schöffenweistum

Über die alten Rechtssatzungen Münstereifels hat Katzfey in seiner Geschichte der Stadt § 269, 495, 496 Auszüge aus dem sogenannten Roten Buch im Stadtarchiv gebracht. Im Zusammenhang finden sich dieselben außerdem in einer 16 Seiten Folio umfassenden Abschrift nach 1662 ebenda. Die älteste Fassung hat das Lagerbuch des Amtes Münstereifel vom Jahr 1580 im Düsseldorfer Staatsarchiv. Diese liegt der folgenden Wiedergabe zu Grunde.

Alte Verzeichnis aus der Scheffen zu Munstereiffell Archiven, also intituliert:

Antreffen das Hausz zu Munstereiffell mit seinem In- und Zubehoer.

Item mein gnediger Herr 1) hat keine Huiser oder Flecken 2) mehr in dem Ambt von Munstereiffell dan allein dat Schlosz zu Munstereiffell. So ist den Scheffen zu Munster wissich und kundigh, haven auch soliches von iren Vuraltern behalten, dat solich Hausz zu behuf unseres gnedigen Herrn underhalten soll werden. Als nemlich sullen darauf gehalten werden zwen Wachter, der eine ist ein Portzener, der ander soll meines gnedigen Herrn Busch hoeden, und wann der Ambtmann selbst nit eigentlich auf dem Hausz ist, soll er einen ehrlichen Man zu einem Borchgreven darstellen, und die Wachter sullen einer vur Mitternacht, der ander nah Mitternacht wachen. – Auch ist gedachten Scheffen wissich und kundigh, wann dat mein gnediger Herr oder der Flecken Munster besorght was 3), das man alszdan in die Hondtschaften 4) ind inns Ambt schicken und liesz zwen Man off veir alle nachts uft Hausz zu Munster zu wachen gebieten. Item darzu liesz man die Lehenmannen, die Borchlehen 5) binne der Stadt Munster haven, schrieben und gebieten; dieselven helfen dat Hausz hoeden und bewahren.

Das Schlosz Munstereiffell ist hochermeltem meinem gnedigsten Fürsten und Herrn zuständig mit seinen angehörigen Garten und Bongarten binnen seinen Muyren gelegen. Die Garten, Bongart, Weidt und Graserei auszen der Mauern wieder dem Schlosz gelegen ist gleichfalls Ihrer Fürstlichen Durchlaucht zuständig und hält in seinem Begriff 5 ½ Morgen.

Zu dem Schlosz gehört ein Baumgartt vor Werther Portzen gelegen, der Burgpesch genannt, haltet ¾ Platzes, item der Grevenbendt vor der Orichemer Portzen 5 ½ Morgen, item der Sittardtbendt 6 Morgen, item das Burgbendtgen zwischen Werther und Heisterbacher Portzen 3 Morgen. Das Burglandt neben dem Burgberg 18 Morgen ist nu zu Weiden gemacht. Das obgemeldete Bendtgen und Landt, wan es besähet oder sunst zu hew gemacht, ist dem Capfiel M. zehntbar.


Die mächtigen Ruinen der Burg Münstereifel

Item der Quecken 6) allernegst dem Schlosz und der Stadt gelegen. Ist hoch Eichen und zum Theil Schlagholtz, darinnen Besitzer des Schlosz allein den Weidtgangh haben und haltet 210 Morgen. Item der Halbtheil St. Tonisbusch nach der Kolvenbach zu. Ist von übriger Halbscheidt, so zu St. Antonii Altar zu M. gehört 7) – dessen mein gnädiger Fürst und Herr collator (als) zum Schloß gehörig abgezeichnet und hält 59 Morgen ihrer fürstlichen Gnaden Anteil. Item der Hernbusch 8) oben Munster hält 37 Morgen. Disz beide Busch seindt hoch Eichen Geholtz, darinnen Statt und Nachbarn den Weidtggang haben. Zu dem Hausz gehören alle Diensten ohne Underscheidt und seint die sieben Honnschaften daran zu dienen mit Boes 9) schuldigh und jeder des Hauses Gefälle auf und ab und sonst wie von alters zu holen auf ihre Kosten. Das Hausz mit Brandtholtz zuzuffuhren und zu versehen, sein die Unterthanen obgemeldet schuldigh. Dasz Hausz hat die Gerechtigkeit, dasz man in den Müllen von Inhabern des Hausz nit mehr denn halben Molter holen musz. Item das Schlosz oder deren Besitzer sein mit der Stadt einweidig, aber nit mit Holtzung oder Eckerdrift 10). Jagd und Fischerei werden im ganzen Ambt höchstgemeltem gnedigsten Fürsten und Herrn auf den hohen Herrngedingern zuerkannt.

Der Gerichtsbott bekommt das Stadtgeld von den auswendigen Kremern, von jedem drei Heller, dargegen liebert dem Vogten zwey Dosen Rhemen (= Riemen), seiner Frawen 500 kleiner Nadelen. Item auf Pfingsten Mart Montag seindt in- und auszwendige Kremern verbunden uffs Schlosz zu prengen ein Punt Pfeffers und Nadelen. Dagegen giebt man ihnen ein Romp (= Rumpf) von einem Hammell, welcher durch sie mit der Trommen geholt, uff einer Stangen hinundergetragen wirdt. Denselben Hammell lassen sie in einer Herberg kochen undt müssen zu dem Essen alle Kremer, so in- und auswendig gesessen, feil haben, auf eine Poen (= Strafe) erscheinen, jeder, deren geniessen undt was verzehrt, einer soviel als der andere bezahlen 11).

Item des Brudermeister under den Kremern musz des Morgens auff St. Michaelen Kapellen durch den Offizianten Meesz thuen lassen, darzu alle Kremer erscheinen, die messe hören; und seindt dabei Burggrafe, Landtgerichtsbott, Offermann, welche der Malzeit umsonst geniessen.


Durchblick auf das Rathaus und die Jesuitenkirche


Stadt MunsterEiffell, deren Recht und Gerechtigkeit

Schöffenweistum

Die Statt ist hochermeltem meinem gnädigen Fürsten und Herrn ohnmittel(bar) zuständig, jedoch sein die Einwohnere und Burgere zum Schlosz nit verbunden einigen Diensten, allein unterthenigen Gehorsam, Wetten und Brüchten 12) ausgeschieden. Stadtbusch-Brüchten, Maasze nasz und drüg, Ellen, Gewicht, die darin überfahren, hat Burgermeister und Rat zu strafen. Würde aber jemand sich weigern und tätlich widersetzen, soll man's der hohen Obrigkeit zu erkennen geben; alsdann haben dieselben mit Vorbehalt der Stadt Gerechtigkeit zu strafen.

Mit Vorbehalt der hohen Obrigkeit Praeminenz ist ein zeitlicher Burgermeister das Haupt der Burger, und wann derselbe erwehlet, wird er an Sonntag vor Martini in Versammlung aller Burger ausgerufen, den Burgern von meinem gnedigen Herrn wegen durch den Vogten befohlen, den Burgermeistern in bürgerlichen Sachen Gehorsam zu leisten. Jedoch musz der Burgermeister dem Vogten in die Hand tasten und geloben, sich gegen ihre Fürstliche Durchlaucht nit aufzulehnen, sondern unterthenig gehorsam zu sein.

Den Schatz zu heben, ausgeschieden Reichs-, Land-, Turken- und ungewohnliche Steuern, komet der Stadt zu; dergleichen alle Accisen 13) ohne Unterscheidt. Derhalben sie auch die Stadt in Bau zu halten ohn meines gnedigen Fürsten und Herrn Entgeldnus.

Die Inwohner haben Gerechtigkeit zu fischen bis an die hohe Stege oben und unter der Stadt gelegen und weiters nit.

Zu der Stadt und Burgerschaft gehören 14) Berchradt, Burtzeradt, Haan, Eicherscheidt, Rodart und Kolvenbach, die auch bürgerliche Gerechtigkeit in Büschen und sunst gebrauchen, der Stadt in Nöten mit Dienst verpflichtet sein, under die sieben Hunschaften noch deren Anhang nicht gehörig. Der Schatz, so sie geben, komt der Stadt zu und haben gleich den Bürgern Freiheit. – Wann meines gnädigen Fürsten und Herrn Benden, der Grevenbendt genannt, zu mähen zeitig, sein obgemelte Nachbarn schuldig, das Halabscheidt, nemlich das oberste Teil zu mähn und Heu zu machen mit Graben, Fegen, Zurüsten und das Wasser darauf zu brengen. Dargegen ihnen aus der Kellnerey für Kost und Trank gegeben wird funfzehn Marck. – Item wenn die erste Schare (von scheren = Mahd) gedachten Bendens aufgemacht und eingefördt ist, hat der Stadtherde Koh die Nahweidt und Gromath darauffen. Dargegen musz ein zeitlicher Burgemeister wegen der Stadt in die Kellnerey liebern ein viertell Weins und funff Marck Radergeldts 15).

Mein gnediger Fürst und Herr hat Vogt, Scheffen, Gerichtsschreiber, Boten und Procuratoren 16) zu setzen. Und hats mit den Scheffen diese Gestalt. Wan deren einer abstirbt oder sonst seines Dienstes mit Gnaden erlassen, alsdann die übrige Scheffen zwen aus dem Rath aussetzen, einem zeitlichen Ambtman schriftlich zu erkennen geben, und hat von seiner Fürstlichen Gnaden wegen Seine Liebden einen aus denselben zu erwelen und insetzen zu lassen. Vermög der Stadt habender Privilegien bisher confirmiert.

Scheffen-Weistumb

Irstlich fragt der Vogt ahm Herrengedingh ob es Dag und Ziet sei unserm gnedigen Fürst und Herrn, Hertzogen zu Gulich, Cleve und Berg Hochgericht zu halten. Antworten die Scheffen: Ja, wenn es Irer Fürstlichen Gnaden oder derselben Befehlhaber gefällig. Demnach wird von wegen Irer F. G. durch den Vogten Bann und Friedt gebothen, folgens die Scheffen ausgemandt nach ihrem Weistumb. Darauf spricht der Scheffen: Allhier sullen sein und erscheinen sieben Scheffen; wenn sie gesund seint und niet erschienen, ohn Erlaubnis ausblieben sprech der Scheffen, wier Unrecht, und wettig uff fünf Markck.

Item ein jeder Burger soll alhier sein, er hätte denn Urlaub von der Obrigkeit, sunst wettig uff achtenhalben Schilling.

Item alle Maaszen, nasz und dreuch, Ellen und Gewicht sullen geeicht, gepiegelt, und recht gemacht werden vom Scheffen alhier. Da jemend dawieder tut, spricht der Scheffen, wier Unrecht.

Item es soll niemand die Gemeinde besperren, verengen oder bedrengen in oder auswendig; wer dat deit, sprech der Scheffen, weir Unrecht und weir darüber zu strafen.

Item zu der Stadt Bürgerschaft und was deme anklebt 17), gehören ahn dies Hochgericht die Inwohner der Dörfer Iversheim, Noeten und Eschweiler.

N. Reinartz.





Anmerkungen zum Aufsatz: Münstereifel



1)

Münstereifel stand seit Mitte des 13. Jhd. tatsächlich wenigstens unter der Herrschaft einer Nebenlinie des Jülicher Hauses, dann der Grafen und Herzoge von Jülich selber, und zwar infolge der Vogteigewalt über ehemaligen Prümer Grundbesitz. Allerdings wurde der Besitz von Kurköln streitig gemacht und die Rechtslage erst durch den Schiedsspruch von 1317 bereinigt. Inzwischen hatte aber schon Walram von Jülich-Bergheim Münstereifel mit Burg und Mauern befestigt. Merkwürdigerweise findet sich urkundlich die Befestigung 1296 zuerst im Vatikanischen Archiv erwähnt: „ecclesia in castro Monasteriensi“ (Sauerland, Urkunden zur Geschichte der Rheinlande 1,28). Zu gleicher Zeit wird Münstereifel 1298 zum erstenmal Stadt genannt: oppidum Monasteriense in Eyflia. (Günther Cod. dipl. Nr. 163.) 1335 starb Gottfried, Herr zu Bergheim und Münstereifel, den wir 1327 zur Verteidigung des Papstes Johan XXII in Avignon finden, (Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 80, 131) in Münstereifel, wo sein Grabmal in der Stiftskirche erhalten ist. In der Kellnerei-Rechnung 1601 sind für den Offerman 1 ½ Sümmer Getreide ausgeworfen, um den Grabstein Gottfrieds von Jülich ,schön zu halten' ; die Armen erhalten an Karfreitag 1 ½ Malter Frucht.

2)
3)
4)

Burgflecken, suburbium.
in Sorge, bedroht war.
Die 7 alten Honschaften (Hundertschaften) Gemeinden) des Amtes Münstereifel waren 1. Nöthen mit Gilsdorf, 2. Iversheim, 3. Schönau mit Malberg und Landscheidt, 4. Tondorf mit Hümmel und Lindweiler, 5. Kalkar mit Weiler, Eschweiler und Nettersheim, 6. Kall-Keldenich mit Teilen von Heistert und Sötenich, 7. Elsich. Dazu kamen noch Ripsdorf mit Hüngersdorf, Mirbach, Nonnenbach, ferner Effelsberg und Hostel, endlich Teile von Arloff, Kuchenheim und Schoch (heute nur mehr Schochermühle bei Holzmühlheim). Ripsdorf wurde 1725 durch Tausch mit dem Grafen von Blankenheim gegen Bleibuir-Schützendorf an diesen abgegeben.

5)

Burglehen waren steuerfreie Häuser in der Stadt, die meist in Händen von umwohnenden Adelsfamilien waren. Jeder Burglehnsmann mußte im Jahre sechs Wochen und drei Tage auf dem Schlosse Dienste tun, allerdings auf Kosten ihrer Fürstlichen Gnaden.

6)

Auf dem Quecken lag bekanntlich die erste Burg aus der Normannenzeit. Die Zugehörigkeit des großen Waldbestandes zum Schloß ist bezeichnend.

7)

Der Antoniusaltar in der Stiftskirche samt der Dotation wurde nach Katzfey 1699 dem Jesuitenkollegium zum Unterhalt des Gymnasiums vom Herzog übertragen. Dasselbe besaß bei seiner Aufhebung auch den Quecken.

8)
9)
10)

Heute der Hirnberg.
Büchse, Inhaber adliger Häuser im Amt M. waren mit Pferd und Harnisch zu dienen auf Erfordern schuldig.
Hatten das Weiderecht auf Feld und Wiesen, aber nicht in den Wäldern, in welche im Herbste, wenn es Bucheckern oder Eicheln gab, die Schweine zur Mast getrieben wurden.

11)

Seitdem König Zwentibold von Lothringen 898 Münstereifel Markt- und Münzrecht verliehen hat, haben, gefördert durch die Pilgerfahrten, Handel und Gewerbe in Münstereifel in Blüte gestanden, und wurde es im Mittelalter bedeutender als Euskirchen, der Versorgungsplatz für das ganze Eifeler Hinterland. 1562 sind vier Jahrmärkte angegeben, die bezeichnenderweise vor der Klosterpforte stattfanden. In einer Urkunde (bei Scheins, Beiträge zur Geschichte der Stadt M.), heißt es: „Nachdem der Zulauff der Kauffleuth und Kremer sich von Jahr zu Jahr mehret und zunimbt ... das die Kremer ire Gewair und Kremerei uf dem Kirchhoff auszgesatzt und verhandtiert haben,“ überließ das Stift der Stadt einen Platz innerhalb des Klosterbezirkes, den sogenannten Freihof, als Marktplatz. Dieser lag östlich und südöstlich zur Kirche und ist nicht zu verwechseln mit dem heutigen Markt. Von der Bedeutung der Stadt für Handel und Gewerbe zeugt auch der in die Rechtssatzungen aufgenommene Brauch.

12)

Von dem Hochgericht (Herrengedingh) verhängte Strafen und Buszen, auch über Leib und Leben. Die Stadt hatte die niedere Gerichtsbarkeit (Marktgerichtsbarkeit).

13)

Im Jahre 1475 gab Herzog Wilhelm IV. Bürgermeister, Schöffen und Rat das Recht, eine Accise, einen Steueraufschlag auf alle eingeführten und ausgeführten Waren zu erheben mit der Bestimmung „sie zu verwenden zu der Stadt Bau, Nutzen und Behuef, sich die besser zu festigen, want si dan nahe dem End unseres Lands van Gulich liegen“.

14)

Die sogenannten Stadtdörfer und Stadthöfe, Buttzerath = Buderath; Haan = Hohn. Heute gehören zur Stadtgemeinde nur mehr Eicherscheid und Rodert.

15)

Ein Virtel Weins = etwa 7 Liter. Radergeld, nach der rheinischen Münzkonvention mit dem Mainzer Radwappen geprägt, hatte doppelten und höhern Wert als die gewöhnliche Kölner Mark. Für die Geldwertung hier und im folgenden: eine Mark = 12 Schilling; Kaufkraft ein Malter Weizen etwa 4 Mark, ein Huhn zwei Schilling.

16)
17)

Anwälte.
Die vorhin genannten Stadtdörfer und -höfe.





Unsere Heimat, Heimatbeilage des Volksblatt, Nr. 1, Januar 1951.





Zu den Reinartz-Leitseiten - Indexseite (Startseite) | Kreuzweingartener Veröffentlichungen | Abtei Steinfeld und die Steinfelder Fenster
Eifeler Heimatforschungen - Artikel über religiöse und weltliche Themen | Biografisches





Ein Projekt von
woenge.de Dorfchronik u. wingarden.de Heimat-forschung Kreuzweingarten

© nikola-reinartz.de
©
nikolaus-reinartz.de
©
Kreisarchiv-Euskirchen
© Sammlung Woenge.de





© Copyright Kreisarchiv Euskirchen - Copyright nikola-reinartz.de - Copyright nikolaus-reinartz.de ©