Leben und Werk von Nikolaus Reinartz,
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Die Gründung Mariawalds
und der Sagenkranz um das Heimbacher Gnadenbild
Eine Untersuchung aus dem Grenzgebiet von Sage und Geschichte
Von Dr. Reinhold Heinen (Berg vor Nideggen)

E. Das Ergebnis der Untersuchung

Man kann das Ergebnis dieser Untersuchungen auf dem Grenzgebiet zwischen Sage und Geschichte folgendermaßen zusammenfassen:

1. Die Aufzeichnungen Radermächers, die bisher den Ausgangspunkt für die Geschichte Mariawalds und des Gnadenbildes darstellten, sind nur in einer höchst unglaubwürdigen Form überliefert; über seine Person besteht keine Klarheit, für seine Urheberschaft und für den Zeitpunkt der Abfassung kein Beweis. Die Beglaubigung der einzig vorhandenen Abschrift stellt sich als falsch heraus.

2. Die Aufzeichnungen Radermächers stehen mit dem Bild, das sich für die Gründung von Mariawald und für die ersten Jahrzehnte danach aus dem einwandfreien Urkunden ergibt, im Widerspruch

a) in der Zuweisung der überragenden Rolle in der Gründungsgeschichte an das Gnadenbild,

b) in der Orientierung seiner Darstellung auf die Verehrung der Schmerzhaften Mutter, während Gründungs- und Weidevorgänge ganz auf die Widmung an die Glorreiche Jungfrau abgestellt sind.

3. Die Aufzeichnungen Radermächers sind entweder

a) eine nachträglich (also nicht von Radermächer und nicht 1523) unter Benutzung der Eberhardsklausener Gründungsgeschichte niedergeschriebene Konstruktion, um dem Gnadenbild und der Klostergründung einem fromm-geheimnisvollen Hintergrund zu geben; aber

b) eine von Radermächer aus demselben Motiv vorgenommene Übertragung des Eberhardsklausener Gründungsberichts auf Mariawald; oder

c) die von Radermächer vorgenommene Niederschrift von Sagen, die sich im Volke in Anlehnung an den Gründungsbericht von Eberhardsklausen über Mariawald gebildet hatten, wobei dahingestellt bleibt, ob Radermächer bei ihrer Kennzeichnung als geschichtliche Vorgänge gutgläubig handelte oder nicht.

4. Mit diesen Feststellungen ist - gleichgültig welcher von den erwähnten Möglichkeiten man sich anschließt - die Niederschrift Radermächers als Geschichtsquelle fast wertlos geworden.

5. Als weitere Ergebnisse sind folgende Punkte festzuhalten:

a) Das Gnadenbild der Schmerzhaften Mutter hat für die Gründung des Klosters Mariawald nicht die entscheidende Bedeutung gehabt, die man ihm bisher beilegte.

b) Das Gnadenbild der Schmerzhaften Mutter ist wahrscheinlich bei der Gründung des Klosters und in den ersten Jahrzehnten noch nicht in Mariawald gewesen, sondern erst später – vielleicht in Anknüpfung an das Bottenbroicher Vorbild – beschafft worden.

c) Die bisherigen Mitteilungen über einen Neubau der Heimbacher Pfarrkirche im Jahre 1476 sind höchst zweifelhaft.

6. Demgegenüber bleiben die durch Urkunden belegten Vorgänge (wie der Bau der Holzkapelle Duimgens (ca. 1477), die Übertragung derselben an die Bottenbroicher Zisterzienser (1480), die Gründung des Klosters und der Bau von Kloster und Klosterkirche in den darauffolgenden Jahren) bestehen. Sie bilden nunmehr den Ausgangspunkt der Geschichte des Klosters Mariawald.

7. Wenn auch das Gnadenbild der Schmerzhaften Mutter sich bei der Gründung des Klosters noch nicht in Mariawald befand, so steht die Tatsache seiner Verehrung seit mehreren Jahrhunderten fest.

So schmerzlich die notwendige Ausschaltung der Aufzeichnungen Radermächers aus dem Bereich der Geschichte und ihre Verweisung in den Kreis der Sage und damit der Verlust der stimmungsvollen Vorgeschichte des Gnadenbildes ist – für die Verehrung und das Ansehen des Heimbacher Gnadenbildes ist das belanglos. Ob das Gnadenbild 50 Jahre älter ist oder nicht, ob es vor oder nach der Klostergründung nach Mariawald kam, ist für seine heutige Verehrung völlig ohne Bedeutung und hat auf die Anhänglichkeit und Treue unseres Volkes zum Heimbacher Gnadenbild keinen Einfluß.





Heimatblätter, Beilage zur Dürener Zeitung, Nr. 19, S. 145-149, 20.9.1934; Nr. 20, S. 153-156, 4.10.1934; Nr. 21, S. 162-165, 18.10.1934; Nr. 22, S. 170-172, 31.10.1934; Nr. 23, S. 181-183, 15.11.1934.


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