Leben und Werk von Nikolaus Reinartz,
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Der Steinfelder Hof Königsfeld, das alte „Claffenkotten“
N. Reinartz

In Nr. 7 der Heimatblätter schreibt Prof. Dr. H. Neu, dem wir die Geschichte des mächtigsten der Eifeler Dynastengeschlechter, der Herzöge von Arenberg, verdanken, über den Erwerb der späteren Reichsherrlichkeit Kommern durch das Haus Arenberg: Eine zufällig erhaltene Urkunde berichtet uns, daß Heinrich von Arenberg im Jahre 1239 oder kurz vorher durch einen Tausch (mit dem Grafen Lothar von Are) gegen eine Hufe, die in dem noch nicht identifizierten Ort „Claffenkotten“ lag, das Wildbannrecht in Kommern erwarb. In dieser Urkunde (verzeichnet bei Tille, Archivübersicht, I. S. 167) heißt es aber weiter, daß Graf Lothar mit seiner Gemahlin Margareta, diese Hufe zum Heile ihrer Seelen dem Kloster Steinfeld geschenkt hätten. In einer zweiten Urkunde vom Jahre 1264 bestätigt die verwitwete Gräfin Margareta die Schenkung ihrer Güter in „Knaffenkotten“ an das Kloster Steinfeld (abgedruckt in den Annalen des Historischen Vereins XXIII, S. 175). Wir werden also dieses „Claffenkotten“, bzw. „Knaffenkotten“ unter den Steinfelder Klostergütern zu suchen haben. Nun findet sich in der gleichen Sammlung Steinfelder Urkunden des 13. Jahrhunderts in dem genannten Band der Annalen zweimal S. 165 und S. 191 eine curia (Hofbezirk) Cuningesfeld (Cuningsvelt) als Steinfelder Besitz genannt. Es ist der in der Steinfelder Akten im Staatsarchiv Koblenz unter Nr. 111 näher beschriebene Freie Hof Königsfeld, zwischen Dottel, Keldenich und Urfey gelegen, noch zum Pfarrbezirk Weyer gehörend, wohin der Halfe jährlich zwei Pfund Wachs entrichten mußte. In dem Bezirk des Hofes finden wir denn auch unser Claffenkotten oder Knaffenkotten, hier richtiger als Knachtenkotten bezeichnet „Knachtenkotten rech“ und „Knachtenkotten pütz“.

Die Erklärung dieses Namens gibt nun weitere interessante Aufschlüsse zur Bedeutung jenes vorhin erwähnten Tausches und Besitzwechsels. Es ist uraltes Bergwerksgelände, die Gegend zwischen den „Bergdörfern“ Dottel und Keldenich. Nun ist „Pütz“ in der Bergmannssprache die Bezeichnung für Schacht, in „Knachten“, englisch „knight“, werden wir unschwer die Bergknechte oder -knappen erkennen, und „Kotten“ werden auch heute noch im Bergischen Land die Behausungen der Bergleute genannt! Wir haben also hier eine der ältesten der überaus seltenen literarischen Beurkundungen des Eifeler Bergbaues im Mittelalter. Und daß es gerade das Haus Arenberg in Kommern und das Kloster Steinfeld sind, die hier in Betracht kommen, ist besonders beachtenswert. Die Verdienste der Arenberger um die Hebung der Eifeler Eisenindustrie sind von Heinrich Neu eingehend gewürdigt worden; weniger beachtet ist die Tatsache, daß dieselben auch im Bleibergbau der Vordereifel eine führende Stellung eingenommen haben. Am 23. Dezember 1629 gab Fürst Philipp von Arenberg dem Kölner Kaufmann Johann Meinertzhagen die Erlaubnis zur Anlage eines Bergstollens in der Freiherrlichkeit Kommern, das erste Beispiel einer Erschließung der tieferen Erzlagen, nachdem die Oberfläche weithin erschöpft war. Diese spätere Entwicklung scheint mir aber bereits damals grundgelegt zu sein, als Heinrich von Arenberg 1229 das Wildbannrecht zu Kommern erwarb, und bergbauliche Interessen die Ursache jenes Besitztausches gewesen zu sein. War ja mit dem Erwerb des Wildbannes die Berghoheit verbunden, wie auch der Herzog von Jülich dieselbe auf Grund des Wildbannes zwischen Maas und Rhein über der Erde und unter der Erde mit all seinen Begriffen und Behörungen als pfalzgräfliches Lehen behauptete (Lacomblet, Urkundenbuch III, Nr. 997). Das Bergregal der Arenberger über Kommern ist denn auch von dem streitbaren Jülicher nie angefochten worden und 1571 von Kaiser Maximilian ausdrücklich bestätigt worden.

Und auch bei dem Erwerb durch Steinfeld, glaube ich, sind bergbauliche Interessen im Spiel gewesen. Ist doch Steinfeld mit Recht von Heinrich Kelleter als „Bergmannskloster“ bezeichnet worden, dessen Name schon an den Bergbau erinnert, da Stein in der Bergmannssprache gleich Eisenstein ist und Steinfeld tatsächlich, wie ich an anderer Stelle dargelegt habe, um das Jahr 1200 bereits ein Zentrum des Bergbaues in der nordöstlichen Eifel gewesen ist.

Vor Jahren habe ich an einem sonnigen Sommertage die Stätte besucht, wo einst die Bergknappen hausten, die Stätte, die schon der Name Königsfeld mit einem romantischen Zauber umweht (am leichtestem von Keldenich aus auf der alten Jülicher Reitstraße Nideggen - Münstereifel zu erreichen). Man braucht aber bei dem Namen Königsfeld nicht unbedingt an hohe Potentaten oder bedeutende geschichtliche Ereignisse zu denken, beispielsweise wird unter den Wohltätern des Klosters 1328 ein Ritter Johann Kuninxs von Ludendorf genannt. Aber in den geheimnisvollen Waldschluchten und Talgründen gegen Urfey hin, wo die Vey entspringt, da zieht der wilde Jäger und geistert die Juffer Fey. Wer die geheiligte Stille des Waldes stört, der ist ihr Feind, er fällt in eines der alten Berglöcher oder verirrt sich im Wald und kehrt nicht mehr heim. „Opgepass un nit gelaach, Hück is aller Feyen Dag“, heißt ein alter Warnspruch. Auch glühende Männer gehen dort um. In der Wirklichkeit aber zeugen oben auf der breiten Wiesenplatte des Königsfeldes nur mehr die Grundmauern des Hofes von der Vergangenheit. Der Bergbau ist zum Erliegen gekommen, gleichwie auf dem ebenso sagenumwobenen, auf römischen Ursprung zurückgehenden, Tanzberg in der Nähe.

Der Hof hat aber das nämliche Schicksal gehabt wie so manche einsam gelegenen Eifeler Höfe. In meiner Jugend erzählte man noch, der Dotteler Kirchturm hätte gebrannt, - es mag um das Jahr 1748 gewesen sein, - da sei, als Wasser mangelte, der Königsfelder Halfmann mit Fässer voll Milch zum Löschen angefahren. In dem Pachtvertrag des letzten Halfen von Köngisfeld v. J. 1752 war denn auch vorgesehen: „Sollte wider Verhoffen durch eigene oder Dienstboten Schuld abbrennen, sollen die Pächter die Erbauung auf ihre Kosten allein tun.“ 1788 lesen wir aber bereits in den Hofakten, daß Gebäude und Stallungen in Trümmern liegen, der Wiederaufbau zweitausend Reichstaler erfordern würde. Eine eingehende, für die damaligen Zeitverhältnisse aufschlußreiche Darlegung des Für und Wider ergab dann den Entschluß, die Ländereien zu parzellieren und mit dem Hausplatz an vier Pächter aus Kallmuth zu verpachten, jedoch ohne das Recht, einiges Gebäude darauf zu errichten. So ist der ehemalige allodiale Hof Königsfeld zur Wüstung geworden und geblieben bis auf den heutigen Tag, ähnlich, wie die meisten abseits gelegenen freiadligen Güter jener Zeit.

N. Reinartz





Zwischen Eifel und Ville, Heimatblätter für den Kreis Euskirchen, Nr. 9, S. 34–35., September 1949. (KR v. 16.9.1949)


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