Leben und Werk von Nikolaus Reinartz,
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Stolzenburg und Dalbenden
Von Pfarrer N. Reinartz, Kreuzweingarten.

In dem romantischen Tale der oberen Urft zwischen Sötenich und Dalbenden fällt dem Wanderer vor allem die über dem Bergwald steil ansteigende Felsklippe der sagenumwobenen Stolzenburg ins Auge. Vor Zeiten, so weiß der Volksmund zu berichten, habe droben eine mächtige Burg gestanden, die durch eine schwebende Brücke mit dem auf der jenseitigen Talhöhe liegenden „Pielstein“ – als Steinfelder Gehöft „Bilinstein“ genannt 1272 – verbunden gewesen sei. In sündhaftem Übermut hätten die reichen Burgherren auf derselben mit Brodlaiben Kegelspiel getrieben, während sie notleidende Bettler unbarmherzig mit Hunden gehetzt hätten. Endlich sei jedoch der Fluch der Armen in Erfüllung gegangen. In einer schaurigen Gewitternacht sei das Schloß in die Tiefe des Berges versunken und in unterirdischen Gewölben würden die Schätze desselben von einem Höllenhund mit glühenden Augen bewacht ... 1)

In Ermangelung jeglicher geschichtlicher Nachricht über die Stolzenburg hat die neuzeitliche Forschung wiederholt versucht, durch Nachgrabungen das Geheimnis zu lüften. Zuerst M. Adlung vor etwa sechzig Jahren. In einem Aufsatze: Eine Römerwarte in der Eifel 2) kommt er zu dem Schlusse: Wenn nach den vorgenommenen Untersuchungen des Ortes das ehemalige Vorhandensein eines mittelalterlichen Schlosses ganz unwahrscheinlich geworden ist, so lassen sich die vorgefundenen baulichen Reste hinwieder mit Sicherheit auf die Zeit der Römerherrschaft zurückführen. Bei diesem Fehlschluß hat Adlung sich wohl nicht wenig durch die von ihm in genanntem Aufsatze angeführte römische Wasserleitung, die im Urfttale auch unterhalb der Stolzenburg entlang zieht, beeinflussen lassen. Daß es sich tatsächlich um eine mittelalterliche Höhenburg handelt, hat die verdienstvolle Untersuchung der Überreste, die Dr. Wackenroder neuerdings in den Kunstdenkmälern des Kreises Schleiden veröffentlichte, eindeutig klargestellt 3). Auch seine Vermutung, daß die von Adlung näher bezeichneten und als römisch angesehenen Fundgegenstände aus einem der Turmfundamente in Wirklichkeit mittelalterlich seien, kann ich bestätigen. Eine jener angeblich römischen Gefäßscherben „mit sehr hübschen Randverzierungen: scharf eingepreßte keil- und gitterförmige Muster“ ist in meinen Besitz gelangt; es unterliegt keinem Zweifel, daß dieselbe der karolingischen Zeit angehört. Wackenroder nimmt nun an, daß der Name „Stolzenburg“ erst nachträglich, der Lage hoch oben auf einer jäh in das Tal der Urft abstürzenden Felswand entsprechend, entstanden sei, schwächt jedoch selber dies wieder ab durch die angefügte allgemeine Bemerkung, daß der Name Stolzenburg besonders im 13. Jahrhundert im Gebrauch gewesen sei.

Groß und freudig war darum meine Überraschung, als ich den Namen der Stolzenburg zum erstenmale für das Jahr 1643 in der literarischen Überlieferung feststellen konnte in einem jener so oft aufschlußreichen Prozeßakten des Reichskammergerichtes 4). Und nicht nur den Namen sondern auch geschichtliche Zusammenhänge, durch welche die Stolzenburg aus dem dunklen Reich der Sage in die Tageshelle geschichtlicher Wirklichkeit hineingestellt wird, wenn auch nicht alle Fragen gelöst werden. Wackenroder hatte noch die Stolzenburg als Sitz des 1405 mit Johann v. Sötenich genannten Geschlechtes vermutet 5).

Es ist jedoch nunmehr die Verbindung der Stolzenburg mit den bereits um 1250 nachgewiesenen Rittern von Dalbenden bei Urft klargestellt. In den erwähnten Reichskammergerichtsakten heißt es: „Daß Haus Dalbenden ein Stammhaus mit Wapfen und Schild und ein adliges Geschlecht gewesen, ist aus alten Missiven und Lehnbriefen genugsam erfindlich. Das alte Burghaus, da vor Zeiten der Inhaber des Guts gewohnt, so den Herren von Manderscheid verwandt gewesen, selbiges Haus hat Stolzenburg geheischen.“ An anderer Stelle dort wird noch berichtet, daß Haus Dalbenden 1612 neu erbaut worden sei; aus den unweit noch vorhandenen „rudera“ (Ruinen) sei zu entnehmen, daß dort „ein großes adeliges Schloß vor Zeiten gestanden“. Wir haben also bei Stolzenburg-Dalbenden wie so oft den Übergang von der unbequemen Höhenburg zu der ganz andere Entfaltungsmöglichkeiten bietenden Wasserburg im Tale, ohne daß wir bei Aufgabe der ersten an kriegerische oder elementare Zerstörung denken müßten. Nach allem zu schließen dürfte der Wechsel des Burgsitzes in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts erfolgt sein. Etwas zweifelhaft erscheint mir die angebliche Verwandtschaft der Ritter von Stolzenburg-Dalbenden mit den Herren von Manderscheid (Schleiden), wie es auch im Kammergerichtsbeschluß heißt, daß Dalbenden vordem den Herren v. Manderscheid gehört habe. In den frühesten Urkunden, bereits 1337 und in der Folge werden stets die Ritter v. Gymnich als Lehnsherrn bezeichnet. Vielleicht ist die Heranziehung von Manderscheid beeinflußt worden durch die spätere Ministerialität der Dalbendener zu Schleiden. Anfang des 17. Jahrhunderts kam Dalbenden unter Jülichsche Schutzhoheit, da einer der letzten adeligen Besitzer v. Limburg es dem Herzog zu Lehen aufgetragen hatte; daher auch die heute noch bestehende Angehörigkeit zu dem einst jülichschen Keldenich. Der Dalbendener Besitz erstreckte sich hauptsächlich auf der rechten Seite der Urft vom Ackersloch an der Hesselmahr vorbei über die Stolzenburg hinaus bis an Sötenich. Auf der linken Seite der Urft bildete der Mühlengraben die Grenze 6).

Nicht weniger dunkel wie die Beziehungen der Stolzenburg ist bisher die Geschichte der Ritter von Dalbenden geblieben. Die dürftigen Angaben bei Wackenroder 7) stimmen nicht und beruhen auf einer Verwechselung. Wir bringen darum im folgenden erstmalig eine einwandfreie Liste derselben, ihrer um 1500 in den Dienst der Grafen von Schleiden eingetretenen Nachfahren, sowie der spätern Besitzer der Burg Dalbenden bis auf die neuere Zeit, wo der auf den Arbeiten von M. L. Charlier beruhende Bericht in den Kunstdenkmälern einsetzt.

Der erste der Ritter von Dalbenden, der uns bekannt ist, wohl der Ahnherr des Geschlechtes, vielleicht auch der, welcher seinen Sitz von der stolzen Höhenburg in die Wasserburg im Tale verlegte, ist Henricus de Dalebende. Wir finden ihn im Jahre 1252 als Zeuge bei einem Vergleiche der Abtei Steinfeld mit dem Herrn von Schleiden über das Zehntrecht der Abtei 8). Näheres erfahren wir über ihn drei Jahre später. Ein nicht weiter benannter Ritter Thomas, Burgwart auf Altenahr, und seine Gattin Adeleidis hatten ihre Weinberge zu Wadenheim und Ahrweiler den Klöstern Rommersdorf und Breidelar zur Stiftung eines Jahrgedächtnisses vermacht. Als diese bereits 26 Jahre im ruhigen Genusse der Stiftung gewesen waren, erhoben Ritter Heinrich von Dalebendin und seine Miterben als Blutsverwandte der Stifter Ansprüche auf das Vermächtnis. Der Streit hierüber hatte schon lange gedauert, bis dann im Jahre 1255 Heinrich „von Frommsinn geleitet und der eignen Ehrenhaftigkeit eingedenk“ für sich und seine Erben auf das Weingut verzichtete, wohingegen die beiden Klöster ihm zur Deckung seiner entstandenen Unkosten den Ertrag des laufenden Jahres, 13 Ohm Wein, abtraten. Graf Gerhard v. Neuenahr und die Schultheißen von Andernach und Altenahr besiegelten den Vertrag 9).

1281 ist ein Marsilius von Dalbenden Zeuge bei der Übertragung von Eigentum seitens eines Tilmann v. Nerendorp an den Grafen v. Blankenheim vor den Schöffen zu Ripsdorf 10); es könnte Marsilius der Sohn Heinrichs gewesen sein, doch will ich im folgenden dergleichen sich oft aufdrängende Zusammenstellungen der Neugierde des Lesers oder genauern Feststellungen späterer Forscher überlassen und mich auf die Wiedergabe quellenmäßiger Angaben beschränken.

1292 ist Gottfried v. Dalbinden Zeuge in einer Urkunde Konrads v. Schleiden für das Kloster Himmerodt 11).

1337 verkauft Friedrich v. Dalbenden mit Genehmigung des Lehnsherrn Emond v. Gymnich „meinen öhmen Tillmann und Gerhard v. Castelburg, um meiner kindlichen notturf willen“ den Hof zu Dalbenden für 300 Mark kölsch pagament unter Vorbehalt des Rückkaufs. Edmund v. Gymnich siegelt 1344 12)

1361 wird die Witwe Dietrichs v. Dalbenden von Heinrich v. Gymnich an das Erbe und Gut belehnt, wie es demselben von Vater und Mutter erstorben und anheimgefallen ist, so wie derselbe mit Tilkin seinem Bruder geteilt, gereint und gesteint hat.

1399 erwirbt Wilhelm v. Dalbenden unter Gymnicher Lehnsherrlichkeit Güter zu Dalbenden und Marmagen 13).

1425 wird Wilhelm v. Dalbenden von dem Grafen von Reifferscheidt mit dem Hochgericht zu Wahlen und sieben hörigen Gütern daselbst als Mann- und Burglehn zu Reifferscheidt belehnt. Nach Fahne gab der Vertrag zu großen Wirren Anlaß. Johann von R. glaubte ein Ablöserecht zu haben, was von Dalbenden bestritten wurde. 1454 kam eine Einigung zustande, derzufolge der Graf das Lehn erst nach Wilhelms Tod mit 125 Gulden einlösen konnte. Wilhelm scheint also damals noch am Leben gewesen zu sein. Sein noch erhaltenes Siegel zeigt ein Vöglein auf einem Balken 14).

Wichtiger jedoch ist eine andere Notiz vom selben Jahre, welche den Übergang der Ritter von Dalbenden zur Ministerialität der Schleidener Grafen ankündigt. „Wilhelm v. D. hat zu Burglehn syn huys zor Szleiden und dat guet zo Nederhausen item dat guet zo me Steynenhuse.“ Ein Zusatz besagt noch: „Gerard v. Marmagen hat dat huys half zo lehn, dat Arnoltz v. Dalbenden was“. 15)

1436 stellt der Graf v. Virneburg als Bürgen für eine Schuld, die er bei Grete Elreborn in Münstereifel hat, nebst andern auch Wilhelm v. D. als Bürgen. Falls der Graf nicht bis zum Sonntag Quinquagesima vor der Fasten des nächsten Jahres bezahle, habe sich derselbe verpflichtet, in Münstereifel zur Haft einzureiten 16).

1454 wird im Münstereifeler Erbungsbuch als Schwester Johanns v. Dalbenden genannt Daria v. D., die mit Reinhard v. Binsfeld verheiratet ist 17).

1468 hebt mit Anton v. Dalbenden, der als Schleidener Rentmeister den Heinrich Pontzeler um 10 Zentner Eisen brüchtet (straft) 18), die Reihe der an hervorragender Stelle in gräflich Schleidener Diensten stehenden Beamten aus dem Hause Dalbenden an, die den Namen weiterführen, während Dalbenden selber in andere Hände übergeht. Wir bringen daher zunächst die Linie der ersteren zum Abschluß.

1498 wird der Übergang bezeichnet durch Wilhelm „von der Sleiden genannt von Dailbenden“, der reisiger Diener des Erzbischofs Johann II. v. Trier auf Lebenszeit gegen 6 Gld. und ein Hofkleid wird 19). Daß er aber für dieses nicht gerade fürstlich zu nennende Einkommen zeitlebens in der Nähe seines Herren geblieben wäre, ist wohl wenig wahrscheinlich. So finden wir denn auch

1510 neben einem Johann v. Dalbenden einen Wilhelm v. D. am Schleidener Lehnshof tätig 20).

1511 ist Gerhard v. Dalbenden als Schleidener Schöffe bezeugt 21). 1521 wird er mit drei Vierteln des Hofes Frohnrath belehnt 22). Im nämlichen Jahre schließt er und seine Gattin Agnes Daessen einen Tauschvertrag mit dem Grafen Dietrich IV., der damals mit dem Bau der herrlichen Schloßkirche, heute katholische Pfarrkirche, sich befaßte. Gegen ein Haus auf dem Markte überließ Gerhard dem Grafen sein von Baes v. Leven ererbtes Burghaus „negst der Burg bei der Kirchen“. Wichtig ist diese Urkunde für uns vor allem deswegen, weil Gerhard ihr sein Siegel angehängt hat 23). Es ist das alte Siegel der Ritter von Dalbenden, nur daß auf dem Balken statt des einen jetzt zwei Vögel sitzen. Welches Ansehen die Familie in der damaligen, nie wieder erreichten Blütezeit Schleidens genoß, geht schon daraus hervor, daß die vier Töchter Gerhards v. D. sämtlich von führenden Männern Schleidens zur Ehe genommen wurden, so heirateten Katharina und Gertrud die beiden Brüder Johann Sleidans, letztere in zweiter Ehe den gräflichen Rentmeister Mattheus Naas, Anna den Schleidener Vogt Peter Naas, Margaretha dessen Nachfolger Peter Grevenbroich.

Vor allem ist jedoch hervorzuheben Anton v. Dalbenden, sein Sohn, der Lehrer des spätern Grafen Dietrich V. und des berühmten Straßburger Humanisten Johann Sturm. Noch in seinen alten Tagen hat der gefeierte Gelehrte die Tüchtigkeit seines ehemaligen Lehrers Anton Dalpendius gerühmt 24) Wie sehr aber auch Graf Dietrich [Reinartz: Drietrich?] der Weise den Rat Dalbendens schätzte, geht aus der Tatsache hervor, daß wir diesen in der Vermittelungsaktion des der Mutterkirche bis zu seinem Tode treu gebliebenen Schleidener Grafen bei dem dem Protestantismus zugewandten Kölner Erzbischof Hermann von Wied wiederholt in der Begleitung desselben finden, so in den entscheidenden Tagen des Dezembers 1546 in Buschhofen 25). An Anerkennung auch von anderer Seite hat es Dalbenden nicht gefehlt; so wurde er vom Herzog von Jülich 1529 mit einem Gut zu Höfen (Krs. Monschau) belehnt, das in der Folge die Bezeichnung Dalbenderhof führte 26). Seine letzten Lebenstage scheint er in Oberwinter a. Rhein verbracht zu haben, wo wir ihn 1558 antreffen 27) und wo in der Folge sein Sohn Christian als Schultheiß genannt wird. In Schleiden starb der Name derer von Dalbenden aus 28).

Wir fahren nunmehr fort im Bericht über die Geschicke ihre schon früher aufgegebenen Stammsitzes.

1492 verkauft Johann von Roelingen seinen Teil des Hofes zu D., wie er ihm von seinem Oheim Wilhelm v. Dalbenden angefallen, erstorben und zugeteilt ist, mit seinen Kurmuden, Zinsen, Zehenden, Pächten, Landen, Büschen, Benden, Weiden an den mit Elsa v. Gymnich verehelichten Vogt zu Münstereifel Gort v. d. Heyden mit Genehmigung Lehnsherrn Arnold v. Gymnich für 340 oberländsche Gulden jeden zu 5 ½ Mark jülichsche Währung 29)

1560 weist Jost v. d. Heyden, Herr zu Dalbenden, Amtmann zu Blankenheim das Jagd- und Fischereirecht des Hofes gegen die Ansprüche der Gemeinde Keldenich nach 30).

Durch die mit Adam v. Effern zu Sechtem, Amtmann zu Brühl, verheiratete Eva v. d. Heyden kam Dalbenden vorübergehend an dieses Haus.

1606 verkaufte aber bereits die Nachbesitzerin Johanna Maria v. Effern, welche mit dem jülichschen Kriegskommissar Wilhelm v. Ahr zu Antweiler verheiratet war, Dalbenden für 4222 Taler, jeden zu 8 Mark 4 Albus, an ihre Schwester und ihren Schwager Brigida v. Ahr zu Antweiler und Heinrich v. Limburg, Herrn zu Villain 31). Beide standen auch in Schleidener Diensten als Amtmann und Hofmeisterin, so daß sie wohl die Mittel zu dem oben erwähnten Neubau Dalbendens aufbringen konnten. Ein solcher war sicher notwendig geworden, da die beamteten Besitzer des XVI. Jhd. höchstens gelegentlich einmal auf Dalbenden Wohnung nehmen konnten, und Pächtershände jetzt dort schalteten und walteten. Aber auch diese Neuinstandsetzung konnte Dalbenden nicht vor der Katastrophe retten, die über den letzten adeligen Besitzer Damian Arnold v. Limburg hereinbrach 32).

Dieser nachgeborene Sohn der vorgenannten Eheleute war Kanonikus in Münstereifel, hatte jedoch nach dem ehelosen Hinscheiden seines ältern Bruders Johann Reinhardt zu Antweiler 1631 eine Schwester Werners v. Binsfeld zu Nideggen geheiratet und das Familienerbe Dalbenden angetreten. Zu den Kriegskontributionen hatte das jülichsche Gericht Keldenich auch 1639–1641 den heruntergewirtschafteten Hof Dalbenden, dessen Pächter sich 1550 gerühmt hatte, er wolle soviel Steuern bezahlen, wie der reichste Mann von Keldenich, herangezogen. Dagegen hatte nun A. v. Limburg den Klageweg beschritten und auch ein obsiegendes Urteil erlangt. Aus den den Prozeßakten eingefügten und so uns überkommenen Lehnsbriefen erbrachte er den Nachweis, daß Dalbenden ein freiadeliges rittermäßiges Gut sei und darum keinen Gemeindelasten unterstände, und so wurde die Gemeinde Keldenich zum Schadenersatz verurteilt. Doch dabei blieb es auch. Die „armen und verderbten“ Untertanen zu Keldenich wußten mit allen Mitteln sich demselben zu entziehen. In einem Berichte des Münstereifeler Vogtes heißt es, daß gedachte Keldenicher ihre Kriegskontributionen selber wegen ihrer ständigen Armut nicht aufzubringen wissen noch können, Haus und Hof und all das Ihrige verlassen, endlich ohne Ausnahme die Frucht des andern Nachbar genommen hätten und nirgendwo anzutreffen seien. So verschuldete der Besitzer von Dalbenden, der in Verteidigung seiner Sache in Düsseldorf zwei Jahre zugebracht hatte, immer mehr. Ende 1641 wurde Limburg aufgetragen, den Hauptgläubiger, Gerhard May aus Eschweiler innerhalb drei Wochen zu befriedigen, der dann auch in einen Teil des Gutes eingewiesen wurde. Dalbenden kam zu Verkaufe. Der Steinfelder Schultheiß Emmerich Kall tat für die Abtei das Höchstgebot mit 2750 Gulden. Gleichwohl kam nicht das Eifeler Bergmannskloster, das wahrhaftig keine tote Hand gewesen ist, in den Besitz, sondern der auswärtige Kapitalist und Industrielle. Was diesen ja auch zum Ankaufe bestimmte, hat die nachfolgende Blüte des Dalbendener Eisenwerkes gezeigt; es war die Gewinnung des Eisensteins der umliegenden Berge, dem ja auch Steinfeld seinen Namen verdankt 33).

Die weitere Entwickelung Dalbendens insbesondere unter den erfolgreichen Hüttenmeistern aus der Familie Cramer, sowie den Aufbau des stattlichen Herrenhauses in der Neuzeit möge man bei Wackenroder nachlesen. Ich möchte diese Abhandlung über die wechselvolle Geschichte derer von der Stolzenburg und Dalbenden schließen mit einer Notiz aus dem Manual des Abtes Norbert Horchem von Steinfeld v. J. 1653 über den letzten Nachfahren derselben Arnold Damian v. Limburg: Dedi nobili de Limburg extreme egenti et importune instanti mutuo tres ducatos et 20ma Decembris sex ducatos. – Dem Edlen v. Limburg habe ich auf dringendes Anhalten in seiner äußersten Dürftigkeit geliehen drei Dukaten und nochmals am 20. Dezember sechs Dukaten 34).





Anmerkungen




25/1 - 1)

Vgl. Heydinger, Die Eiffel, Koblenz, 1853, S. 482. Dort auch noch eine andere in dichterisches Gewand gekleidete Sage, die beachtenswerter Weise in die Zeit der Kreuzzüge verweist.

25/2 - 2)

Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins II, 329.

26/1 - 3)

Seite 372; dort auch Grundriß, Querprofil und Teilansicht der Mauerreste der Burgruine.

26/2 - 4)

Staatsarchiv Düsseldorf, Reichskammergerichtsakten K 212, die Hauptquelle für das folgende, weiterhin mit RKGA K 212 bezeichnet.

26/3 - 5)

Dieser Johann v. Sötenich gehörte dem Geschlecht jülicher Burgmänner zu Münstereifel an, welche für ihre Dienste mit einem Hofe zu Sötenich belehnt wurden. Die Inhaber dieses Lehn, das später in bürgerliche Hände kam, hatten, wenn der Herzog im Amtshause war, mit der Hellebarde ihm aufzuwarten.

27/1 - 6)

Vgl. das Marmagener Weistum bei Lacomblet, Archiv VI, 303. – Hesselmahr, von Hassel = Grauwackenschiefer; mit den Hessen hat die Bezeichnung Hessenmahr auf dem Meßtischblatt nichts zu tun.

27/2 - 7)

Kunstdenkmäler des Kreises Schleiden, S. 432 ff.

27/3 - 8)

Annalen des Historischen Vereins f. d. Niederrhein 23, 71.

27/4 - 9)

Günther, Codex diplomaticus Rheno-Mosellanus II, Nr. 167.

27/5 - 10)

Eiflia illustrata, II, 2 S. 130.

28/1 - 11)

Virmond, Krs Schleiden, Schleiden 1898, S. 225 nach einer Angabe in der Eiflia illustrata.

28/2 - 12)

RKGA K 212, S. 69.

28/3 - 13)

Staatsarchiv Düsseldorf, Steinfeld, Uk. Nr. 56.

28/4 - 14)

Fahne, Grafen v. Salm-Reifferscheidt, I, 1 S. 106. – Virmond a. a. O. nennt für das Jahr 1425 bereits „nach alten Urkunden des Klosters Steinfeld“ Ritter Wilhelm v. D. und (gleichnamigen) Sohn. Ein jüngerer, 1492 bereits verstorbener Wilhelm v. Dalbenden ergibt sich aus dem weiter unten folgenden Bericht zu diesem Jahre. Welcher von beiden im folgenden in Betracht kommt, ist ungewiß.

28/5 - 15)

Stadtarchiv Köln, Auswärtiges, Nr. 300.

28/6 - 16)

Annalen d. Hist. Ver. f. d. Ndrh. 57, S. 15.

28/7 - 17)

Stadtarchiv Münstereifel, Erbungsbuch 1454, S. 122.

29/1 - 18)

Geschichte der Familie Pönsgen, Düsseldorf 1908, S. 57.

29/2 - 19)

Regesten der Trierer Erzbischöfe nach frdl. Mitteilung von Studienrat Günther, Gemünd.

29/3 - 20)

Generalmannbuch Manderscheid - Blankenheim - Schleiden, S. 16 im Staatsarchiv Düsseldorf, Depositum Köln, und Schleidener Mannbuch im Stadtarchiv Köln, Auswärtiges Nr. 302.

29/4 - 21)

Tille-Krudewig, Archiv-Übersicht, Krs. Schleiden, S. 74.

29/5 - 22)

Generalmannbuch wie oben S. 19.

29/6 - 23)

Originalurkunde im Bürgermeisteramt Schleiden.

29/7 - 24)

Müller, Aus den Eifelbergen, Langenberg, o. J., S. 58 u. 45.

30/1 - 25)

Am 7. Dezember; Generalmannbuch wie oben S. 45.

30/2 - 26)

Staatsarchiv Düsseldorf, Jülichsche Lehen, Nr. 36.

30/3 - 27)

Archiv Frh. v. Harff, Gemünd, Urk. Nr. 420.

30/4 - 28)

Die Keldenicher Schultheißenfamilie Dalbenden im 17. Jhd. stammt von Pächtern des Hofes ab.

30/5 - 29)

RKGA K 212, S. 65.

30/6 - 30)

Ebenda, S. 180.

30/7 - 31)

Ebenda, S. 425.

31/1 - 32)

Ebenda durchgehend.

32/1 - 33)

Dr. Heinrich Kelleter, der auch den erwähnten Namen „Eifeler Bergmannskloster“ geprägt hat, ist der erste gewesen, der die Bedeutung des Namens Steinfeld gewürdigt hat. In der Geschichte der Familie Pönsgen, leider an einer der Öffentlichkeit weniger zugänglichen Stelle, schreibt er, S. 20: „Seit seiner Gründung ist Steinfeld ein Zentrum und eine Pflanzschule der ringsum sich mehr und mehr entfaltenden bergbaulichen und hüttenmännischen Tätigkeit gewesen. Von seinen Haupthöfen, namentlich von Reytpach aus, leitete es die Nutzungen der Grundstücke, des Wassers, des Holzes und der Kohlung“ – Wackenroder irrt jedoch, wenn er in dem Dalbenden gegenüber in die Urft einmündenden Schlirfbach den bereits sehr früh 1187 industrialisierten Reytbach mit dem gleichnamigen Steinfelder Hofe erblicken will. Der Steinfelder Hofbezirk Reytpach lag zwischen Frohnrath und Golbach. (S. Stadtarchiv Köln, Auswärtiges Nr. 323, Steinfelder Urbar, S. 20).

32/2 - 34)

Eufalia, Trier 1829, VI, 45.



*) Die Numerierung der Fußnoten geschieht bei nikola-reinartz.de fortlaufend, im Gegensatz zum Original, welches spaltenweise numeriert.





Mitteilungen der Westdeutschen Gesellschaft für Familienkunde e.V., Köln, Band XIII, 1940–1944, S. 25–32.


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