Leben und Werk von Nikolaus Reinartz, |
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IV. Arloff (Kirspenich, Weingarten, Rheder) |
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Vorbemerkung Arloff, der Ort, der den alten Namen der Erft bis auf den heutigen Tag bewahrt hat, darf sich rühmen, die älteste Dorfsiedelung im obern Erfttal zu sein. In der Heimat der Franken kennt vor 496 der Geograph von Ravenna unter den Flüssen auch die Arnefa. ein Name, der abwechslend mit Arnepa, gelegentlich auch Arnopa, unserer Erft bis ins 12. Jahrhundert geblieben ist. Von da an wird die Namensform mit l gebräuchlich: Arlefa, Arlafa, Arlapa. 1295 finden wir schon die Kurzform Arfia, weiterhin im 14. und 15. Jahrhundert Arfe, Arpa, Im 16. Arfft, Erb 1). 1222 findet sich in den Erläuterungen des Abtes Caesarius zum Güterverzeichnis der Abtei Prüm aber auch Arnafa als villa 2), ein Ortsname, der dann ebenfalls die Aenderung des n in l vornimmt und 1278 als Arlof 3) erscheint. Der Name Arnefa geht in seiner Wurzel nach der einstimmigen Annahme der Forscher bis in die vorkeltische Zeit zurück und bedeutet nach Professor Mürkens ,Bachwasser', Arloff also = Dorf am Bachwasser. 4) Dürfen wir denn auch der Siedelung ein entsprechendes Alter von etwa 2500 Jahren zuerkennen? Ich glaube dieses, abgesehen von dem in die älteste Siedelungszeit weisenden Namen, aus dem Umstande schließen zu dürfen, daß hier ein uralter, von Südwest kommender und zum Rheine führender Verkehrsweg die Erft überschritt. Jenseits Arloff führt derselbe in den Flurbezeichnungen den Namen ,Bonner Straße', eifelwärts führt er als alter Pilgerweg schnurgrade auf Steinfeld und heißt dementsprechend im Volksmund noch heute das ,Steinfelder Pfädchen'. Ohne Zweifel ist dieser Weg aber nicht erst im Mittelalter entstanden, sondern reicht in vorgeschichtliche Zeiten zurück. 5) Er überquert die Urft (Urdeba 1065), wo der gleichnamige Ort ebenfalls in keltische oder vorkeltische Zeit zurückweist, zieht unweit der Kakushöhlen, wo der Mensch der ältern Steinzeit hauste, und des Ringwalls von Kreuz-Weingarten Funde aus der Steinzeit vorüber und berührt Miel, bekannt durch die Ausgrabung eines neolithischen Gehöftes. Wahrscheinlich hat auch die bis in die römische Zeit nachgewiesene Ausbeutung der Tonlager zu Töpfereien noch früher angesetzt. Es würde jedoch verfehlt sein, auf dieses hohe Alter des Ortes die Begründung des Dingstuhls Arloff, zu dem nach dem Weistume ja noch die Dörfer Kirspenich, Weingarten und Rheder zählten, zurückführen zu wollen, da diese erst um das Jahr 1500 erfolgt ist 6). Noch 1482 7) ist Kirspenich Gerichtsstand und Verwaltungssitz. Kirspenich, bei Arnafa 893 im Prümer Güterverzeichnis miterwähnt als villa Crispenihc ursprünglich Crispiniacum = Gut eines Römers mit Namen Crispinus d. h. Krausköpfchen , muß sich schon in der römischen Zeit zu einer größeren Siedelung entwickelt haben, da der Name die Völkerwanderungszeit überdauert hat. 8) In dem bereits veröffentlichten Weistum des Amtes Hardt von 1378 wird es zu den sechs Schöffenstühlen des Bezirks gezählt. Als solcher auch 1346 9) genannt, geht er sicher bis in die Anfänge des Amtes Hardt zurück, das infolge der Besitzerweiterung des Erzstiftes durch die Ahr-Hochstadensche Erbschaft unter Hinzuziehung anderweitigen Kölner Besitzes vergleiche Kuchenheim entstanden ist. So hatte Gerhard aus dem Eifeler Dynastengeschlechte der Herren von Dollendorf, durch seine Gemahlin Adelheid auch Herr von Kronenburg zur Lösung aus der Gefangenschaft Erzbischofs Sigfried von Köln, 1278 9a) dem Erzstift seine Besitzungen zu Elsich, Arloff, Odendorf wie auch zu Kirspenich mit den zugehörenden Gerichten abgetreten. Forschen wir weiter rückwärts in der Vergangenheit, so stoßen wir auf das grundherrliche Gericht des Stiftes Münstereifel, bezw. der Abtei Prüm auf dem Frohnhofe zu Weingarten. Daß Prüm auch das ,Hals und Landgericht' in Münstereifel besessen und durch seine Vögte, die Grafen von Are: die höhere Gerichtsbarkeit ausgeübt hat, ist durch eine Notiz bei Katzfey, § 145, belegt. Für Weingarten läßt sich dies aus dem Weistum folgern, wonach der Klosterhof noch in späterer Zeit das Recht hatte, das Landgericht zu besetzen und die Pflicht die Vollstreckung des Todesurteils zu ermöglichen. Weingarten 10), in der Römerzeit ein vornehmer Herrensitz unbekannten Namens, dessen Bedeutung durch Ausgrabungen noch nicht völlig erschlossen ist, erscheint in dem mehrerwähnten Prümer Urbar unter dem gut deutschen Namen Wingardin im Jahre 893 als selbständige Verwaltungs- und Zahlstelle. Nach der fränkischen Eroberung Fiskalbesitz geworden und der Abtei Prüm geschenkt, kam es von dieser als Dotation an das Neue Münster in der Eifel. Infolge seiner geschützten, sonnigen Lage als Weingarten des Stiftes angepflanzt, wurde das wertvolle, wenn auch kleinere Besitztum zu einem Frohnhofsystem ausgebaut, das auch Ländereien in Rheder 11) und Kirspenich-Arloff besaß. 12) Wir gehen nicht fehl, wenn wir demselben in der nachkarolingischen Zeit, außer der Gerichtsbarkeit über die Hofesländereien, die bis in die neuere Zeit fortbestanden hat, auch die Hochgerichtsbarkeit mit dem Blutbann zuerkennen. Als dann im 13. Jahrhundert die Landeshoheit der Kölner Erzbischöfe sich ausbildete, sehen wir das Stift Münstereifel in Unterhandlungen mit dem Amtmann von der Hardt wegen der diesbezüglichen Verpflichtungen des Klosterhofes 13); die Ernennung der Schöffen des kurkölnischen Gerichtes Arloff ist, wenn auch in abgeschwächter Form, bei dem Stifte verblieben. 14) In unmittelbarer Nähe von Weingarten, auf dem Alten Burgberge über dem Orte, finden wir denn auch die älteste Malstatt der Umgegend, wo wohl schon die Kelten im Ringwall unter weitschattenden Eichen ihre Versammlungen und Gerichtstage gehalten haben. Sicher ist es noch ein Nachhall alter Zeiten, wo die fränkischen Grafen die Honschaften bereisten und in Königsnamen unter freiem Himmel Gericht hielten, wenn wir im Weistum hören von dem Aufgebot der Landschaft unter der Eiche vor der Hardtburg, um dort zu huldigen und das Recht zu weisen. 15) Auch im Gerichte Arloff machte sich der Gegensatz der beiden aufstrebenden Landesherrschaften Köln und Jülich geltend. Letzteres besaß daselbst einige ,curmütige Güter, von denen von Falkenberg herbracht', welche an der jülicher Dingbank in Arloff vererbt wurden. Diese, ebenfalls mit einem Schultheiß, Scheffen und Gerichtsboten besetzt, welche allerdings vielfach auch Beamtete des kölnischen Gerichtes waren, finde ich zuerst erwähnt im Jahre 1484, damals noch ohne eigenes Siegel, welches sie freundnachbarlich sich von letzterem liehen! 16) Wahrscheinlich ist gerade das Aufkommen dieses ,angemaßten' jüIichschen Hofgerichtes 17) der Grund der Verlegung des erzstiftischen Landgerichtes von Kirspenich nach Arloff gewesen. Der kölnische Schultheiß und der Amtsverwalter zur Hardt mußten ein scharfes Aufsehen darauf haben, daß nicht die jülichschen Befehlshaber im benachbarten Münstereifel sich vermittels ihrer Angestellten zu Arloff nach und nach auch Hoheitsrechte im Gebiete des Erzstiftes aneigneten, wozu sie stets geneigt waren. Zu Anfang des 17. Jahrhunderts besaß dasselbe aber einen sehr tüchtigen und energischen Schultheiß zu Arloff in der Person Peter Brewers, von dem es heißt, daß er ganz Arloff (wieder) unter kölnische Jurisdiktion gebracht habe. Zuletzt wurde er in Verteidigung der Landesinteressen bei Anbringung des jülichschen Schirms (Hoheitszeichen) in Holzheim erschossen. Sein Sohn Thornas stand dann, auch als Amtsverwalter der Hardt, 50 Jahre in kurkölnischen Diensten, und dessen Sohn Karl Brewer, der 1715 an 20 Jahre Kellner (Rentmeister) und Amtsverwalter war, ,steuerte' den Einbruch der jülichschen Garnison zu Euskirchen in den Hardtwald. 18) Während der eine Herrscher den andern seinen ,freundlich lieben Vetter' nannte, konnte dieser Kleinkrieg für die Untertanen sehr unangenehm werden, nahm allerdings auch bisweilen ergötzliche Formen an. So hatte der jülichsche Gerichtsbote Johann Mauel, ein Schmied zu Arloff, ,neben andern mehr attentata und leichtfertig Geschwätz, dadurch sich allerhand Mißverstand zwischen beiden Fürsten erheben könnte, die Verkündigung des jülichschen Hofgedings in ungezweifelter Kölnischen Mutterkirchen zu Kirspenich (vermutlich durch Läuten der Herrnglocke gegen das Weistum, das den ,Glockenklang' dem Landesherrn zueignete) vorgenommen. Daraufhin hatte der Amtsverwalter zur Hardt, Karl Feinhartz, ihn 1627 auf ungezweifeltem kölnischen Boden. nämlich auf der Brücke zu Arloff, ergreifen und andern zum Exempel bestrafen lassen ,mit Anlegen der Eiser (eiserne Fußfessel mit Kette) an einen Fuß allein, damit sonst im Dorf los und frei auf- und abgehen könne'. Das hatte Mauel nun nicht getan, sondern war mit seinem Kollegen, dem kölnischen Landboten, nachdem dieser an ihm die Prozedur vollzogen, seines Gefallens mit in dessen Haus gegangen', gegen Wissen und Befehl des Amtsverwalters. Hier hatten sich ihnen noch zwei Arloffer ,Nachpauren, welche den beiden Boten vielleicht gerne Gesellschaft geleistet, eingefunden, dieweil bei ihnen den ganzen Tag der Trunk ziemlich umgegangen'. Gegen Abend erscheint der Amtsverwalter, der inzwischen Kenntnis von der Verbrüderung Kölns und Jülichs erhalten hatte. Die beiden Nachbarn läßt er abschaffen, die Gerichtsboten aber, den kölnischen wegen seines Ungehorsams in die Eisen bei den jülichschen schließen, bis dann Schultheiß Peter Brewer seinen Boten losbittet. Auch der jülichsche Bote ,mit dem Eisen an einem Fuß tragend, seines Gefallens hin und her im Dorf zu gehen', wird nach wie vor freigelassen. Wie lange Mauel das Eisen durch Arloff hat schleppen müssen, wissen wir nicht, wohl tadelt ihn 1633 Schultheiß Brewer wieder, daß er, der doch auch kölnischer Untertan sei, den jülichschen Anmassungen gegenüber sich fast zu willig zu finden pflege. Man wundert sich wirklich, wie Johann Mauel sein Amt 30 Jahre hindurch ausgeübt hat, bis er in seinem 70. Lebensjahre es endlich lernte, daß niemand auf die Dauer zwei Herren dienen kann. 1651 wurde er noch in seinem hohen Alter nach Münstereifel zitiert und von den jülichschen Behörden eingekerkert, weil er auf zwei Schultern trage. Erst gegen Verschreibung der hohen Summe von 25 Goldgulden wurde er aus der Haft entlassen. ,Nun wohne er bei sich und diene Gott' ! |
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Weiter zu: Weistum
zu Arloff |
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Sonderheft Volksblatt-Verlag, A. Herbelsheimer & Co., K.G., Euskirchen 1940. |
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