Leben und Werk von Nikolaus Reinartz, |
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VI. Herrlichkeit Zievel (mit Lessenich, Rißdorf, Röttgerhof |
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Vorbemerkung. Ueber diese Jülicher Unterherrschaft schrieb bereits F. W. Noll in Erfa, Unterhaltungsblatt zur Euskirchener Zeitung", als Sonderdruck dann herausgegeben von Karl Gissinger in den Beiträgen zur Geschichte der Stadt Euskirchen und Umgebung, 3. Jahrgang 1902". Diese heute selten gewordene Abhandlung bedarf auf Grund neuerer Forschungen einiger Berichtigungen bezw. Ergänzungen. Was den Ursprung des Namens Zievel (Civele, Cevele um 1190) 1) anbetrifft, so berichtet uns Gelenius, daß nach einer alten Sage (vetusta opinio) der Bataver Julius (Claudius) Civilis 2) die Burg begründet habe, und selbige später nach ihm benannt worden sei. Noll/Gissinger hält es immerhin für möglich, daß diese Nachricht sich zwar nicht auf die heutige Burg beziehe, der Name des Bataverfürsten aber sich von der in der Nähe (bei der Wallmar") aufgedeckten Römervilla fortgepflanzt habe. Diese Annahme entbehrt jedoch jeder tatsächlichen Begründung; sie entstammt der lokalpatriotischen Sucht früherer Zeiten, allenthalben Anknüpfungspunkte an berühmte Namen der römischen Geschichte und Heldensage zu finden. Hierher gehört auch die Ableitung des Namens, der 1169 in der Form Scivele 3) erscheint, von einem Römer Scaevola. 4) Für eine richtige Deutung des dunkeln Namens werden wir ausgehen müssen etwa von dem Namen des bei Zülpich gelegenen Schivelberg. 5) wo 1279 das Landgericht stattfand, oder dem Ortsnamen Zyfflich (Rbz. Düsseldorf), um 960 Saffligi, das Cramer 6) auf ein Sabelliacum zurückführen möchte, oder von Seveln (Krs. Geldern), Saeffeln (Krs. Heinsberg), in denen derselbe einen ligurischen Bachnamen Savara vermutet. Bei dieser Annahme wäre das denn auch die alte Bezeichnung des Kühlbaches, der an der Villa und Burg vorüberfließt. Wesentlich klarer sehen wir heute in der Ableitung des Namens Lessenich. Derselbe kommt schon früher vor in der Schreibung Liezniha (1023), und Lezenich (1044) 7). Noll/Gissinger möchte denselben ableiten von einem farnartigen Sumpfkraut lisca in Zusammensetzung mit aha Wasser. Zu dieser etwas weit hergeholten Erklärung ist er wohl gekommen durch seine irrige Auffassung des in dem alten Weistum häufig erscheinenden Wortes Laach, welches nichts anderes als Grenzmarke bedeutet 8). Der genannte Forscher nimmt es aber gleich Lache und schließt daraus auf eine Unmenge von Sumpfstellen, womit die Gegend noch vor 300 Jahren übersät gewesen, die den Charakter (und den Namen) des Landes bestimmt hätten. Lessenich in Wirklichkeit durch lnschriftsteine, antike Ziegelreste und den ganz in der Nähe befindlichen Römerkanal unzweideutig als römische oder keltoromanische Siedelung charakterisiert, wird heute allgemein als Liciniacum (Marjan) oder Lassoniacum (Cramer und Kaspers) gedeutet. Dabei möchte ich mich mit Rücksicht auf die mundartliche Bezeichnung Leissenich" eher für Liciniacum entscheiden. Rißdorf ist eine fränkische Gründung wohl aus dem 5. oder 6. Jahrhundert. Zur Namendeutung verhilft uns die noch in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts gebräuchliche Wortform Ryckessdorp oder Rychesdorp 9), wahrscheinlich von dem altdeutschen Personennamen Rico = der Reiche abzuleiten. Ueber den Dreiborner Hof daselbst finden sich noch folgende Nachrichten vor 10). 1450 erwarb Arnold von Nechtershehn zu Burgfey denselben von Johann von Gymnich. Der Sohn Arnolds Johann v. N. verkaufte ihn wieder 1473, nachdem Diedrich v. Manderscheid, Herr zu Daun und Schleiden, den Hof aus dem Lehnsverband entlassen, an die von Gevenich, aus deren Hand er an Goddart v. Deinsburg, von diesem an die von Harff zu Dreiborn kam. Diese übten darin wegen des genannten Hofes abwechslend mit den Herrn von Zievel das Patronatsrecht über die Pfarrkirche zu Lessenich aus. 11) Röttgerhof in dessen Nähe am Wege nach Wachendorf sich ebenfalls römische Reste befinden, dürfte wohl eine Rodung des hohen Mittelalters sein. Genannt wird der Hof zum Roitgin 1440 in der Erbteilung des Herrn von Zievel, Andreas Schmeich v. Lissingen. 12) Schöffenweistum der Herrlichkeit Zievel 13) (Aufgerichtet anno 1648). Wiedergabe nach einer undatierten Abschrift im Frhr. v. Harffschen Archiv. Bei Noll/Gissinger findet sich dasselbe gedruckt nach einer in Zievel aufbewahrten Abschrift mit Erweiterungen vom Jahre 1698, im folgenden mit A bezeichnet. Anfanglich erkennen und weisen wir Scholtiß, Scheffen und gantze Gemeinde der Herrlichkeit Zevel, daß (A: Hochwohlgemelter Freiherr v. Metternich) unser rechter Obergrund- und Gewaltherr dieser Herrschaft Zevel, drunter die Dorffer Lessenich und Rißdorf begriffen, seye, dem allein Gewalt, Angriff und Anlast, auch Gebott und Verbott, Klockenklang und Wassergang binnen itzvermelter Herrschaft Zevel zustehe aus der Erden bis in den Himmel und also hinwiederumb von Himmel bis in die Erde. Und welcher Mann ein Gut hat, worauf von alters ein Bauplatz gestanden, derselb solle schuldig und gehalten sein, in soviel den Bau in esse zu halten, zum wenigsten mit vier Stippen soviel zu ersehen, daß sich ein Hahn darauf trucken erhalten und derselb Mann sich damit des Wetters 14) vom Herrn erwehren kann. Dergleichen, da einer were, der noch zu hulden hette, derselb solle sich anbieten, die Huldigung zu tun, ehe man in die letzte Acht trete. Im Fall er das nicht thete, soll der Schöffen ihn wettig weisen. Da churmutige Güter diese Herrschaft belangend seindt, (sind) solche aus den uralten Registern erweißlich. In der zweiten Acht 15) erkennen und weisen wir wie von altershero in zweite Acht geweist und erkennt worden, daß die Herrlichkeit Zevel ihren Anfang hat an der Linden zu Lessenich hinaus von einem Stein und Laach zu dem andern bis an die Walmar 16) zu Billich 17) in den Busch; von der Walmar von einem Stein und Laach zu den andern längst die Andweiler Hochheit auf einen großen Stein am Herchenbenden 18), so Wachendorf und Andtweiler und Zevel Jurisdiktion scheidet; von gemeltem Rainstein langs die Wachendorfer Herrlichkeit von einem Stein und Laach zu dem andern bis an die Eschweiler Hochheit, welche ahn understem Stein im Reinthall 19) ihren Anfang hat; von selbigem zeigt ein Stein nach dem andern über Roetgerreeg bis an die Holtzemer Hochheit uff der Landstraßen 20); davon weisen die Reinstein und Laacher weiteres an die Weiler Herrlichkeit und langs die Weiler Buschen erfolgt ein Laach den andern auf den dicken Laach am Ristorffer Weg 21), so Weiler und Commer Hochheit scheidet; von dann weiset ein Laach nach dem andern auf den Kaltenhaw (A: Kallen her) 22) an einen Stein am Flüßchen, so Commer, Vey und Zevel Jurisdiktion separiret. Von demselben langs die Veyer Hochheit weisen Stein und Laacher auf den großen Stein am Veyer Driesch, von dann uff den Stein ahn der Esselsmar 23) und dann weiter nach der Elsiger Theilung 24) hin von einem Laach zu dem andern auff Ewemer Steur; und darab langs der Nidegger Hochheit zeiget ein Laach nach dem andern auf den Krausenbaum und endlich von selbigem auf die drei Ecken 25) so die vier Hochheiten ableitet, alles ferner einhalts bei dem anno (16)48 ahn 2. Aprilis gehaltenen Leidtganysverzeichnis. Zum andern weisen und erkennen wir in die zweite Acht, daß aus dem Dorf Lessenich ein gemeiner Weg von der Linden ahn bis ahn die Walmar zu Billig gehet, der ein Meßroeth weit und breit sein solle. Item soll ein gemeiner Weg sein von dem Roetger Reeg durch Ristorf über den Grönen Weg ein bis ahn die Esselsmahr, ebenfalls ein Meßroeth weit und breit 26). Ferner zum dritten wird in dieser zweiten Acht wegen der Schaf erkannt, daß in dem Dorf Lessenich ein Hofman dreißig Schaf und ein herlig Schaf 27), jederem Nachbar aber zugelassen mehr nicht dann ein halb Viertel zu halten. Hingegen sollen die Nachbarn auch leiden, daß ein Herr mit seinen Schafen den Weidgang im Lessenicher Feld überall habe, doch mit dem Beding, daß den Nachbarn auf der Herrschaft Zevel Güter umbs Haus zu gebürlicher Zeit doch ohne Nachteil die Graserei und Krauterei freigelassen sein solle. Und dann zum vierten 28) soll ein zeitlicher Pastor des Dorfes Lessenich gegen Einnehmung des Zehnten einen Zielochsen, Widder samt einen Bieren zu Behuf der Gemeindt zu halten und selbige in gutem Fütter bis ahn St. Walbern Tag aufm Stall zu verpflegen schuldig und verpflichtet sein. Imfalle auch itzgemelter Herr Pastor Strohe und Schauff zu verlassen gemeindt, so solle er den Nachbaren, falls Ihn darüber ansprechen täten, selbige vor einem andern Auswärtigen um pilligen Preis vergünstigen. In der dritten Acht erkennen wir Schultheiß, Scheffen und Gemeindnachbaren, daß darin gehören Messerzug, Waffengeschrey, Gotteslästerung, Fomk-Bromke 29), Ueberfahren, Uebersähen, Uebermähen oder da einer dem andern an Erbschaft etwas verkurtzt hätte, und fort alles was dem Herrn zu strafen siehet, welches wir in dieser Acht bei unsern Ayden einzupringen schuldig. Zum andern sprechen wir in dieser dritten Acht, daß ein jeder Nachbar mag backen, brewen, zappen und Kommerschaft 30) dreiben, vorbehaltlich dem Herrn das Seinige, und weisen dazu Munstereyfflische Maaß, Geweicht und Ellen, naß und druck, alles wie binnen gerührter Statt Munstereiffel Gewohn und Brauch ist und das so lang bis unser gepiettender regierender Herr solches verandern tut. Und in der Mullen soll man haben ein Munster Fierdel samt ein Molterschuttel, der funf ein Fierdel tun, und ein halb (Molter) schuttel, der zehn ein Fiertell machen; und wannehe der Muller ein Malder mahlet, sol er davon ein Fiertel zu Molder haben, und sonst der nicht soviel hat, von jeder Somber ein gantz, von halben aber ein halber Schuttel; sonsten solle der Mutter [Muller] mit Wannen, Siffen 31) und sonsten es verhalten, wie auf einer Kornmullen brauchlich. Neben dem soll der Muller das Fiertell, die gantze und halbe Schuttel sambt einem Weizenplatz, der ein Fiertel haltet, auf alle herrendingliche Tage bringen, um zu besichtigen, ob darin auch einiger Mangel befunden wurdt, und dahe deme nicht also nachkommen thete, weist man unrecht. Noch so wird in dieser dritten Acht dem Herren zu Kirmessen 32) Bannzapp zuerkannt, welcher den Samstag zu Mittag ahn- und den nechst folgenden Montag um den Mittag ausgehen soll, also daß zu gemelten Tag kein Nachbar zu backen (!?), brewen, noch auf feylen Kauf zu zapfen Macht haben solle. Den Kirmeswein seindt wir Underthanen und Nachbarn dem Herrn ein Bannmeil Wegs auf unser Kosten schuldig zu hollen, davon der Schmack und Prob auf zween Heller nechst dem beisten der Stadt Munstereiffel haben solle. Das Faß sollen wir auch widderumb zu liebern schuldig sein. Zum Beschluß erkennen und weisen wir in der letzten Achten dem Herrn jährlich vier dingliche Tage zu, darauf dem Herrn vermög dieses Weistum jeder Zeit seine Gerechtigkeit zu weisen und zu erklähren wie auch alles was dem Herrn straflich ist, ahnzubringen vorbehalten ist und bleibt 33). |
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Sonderheft Volksblatt-Verlag, A. Herbelsheimer & Co., K.G., Euskirchen 1940. |
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