Leben und Werk von Nikolaus Reinartz,
Pfarrer und Heimatforscher - Ein Projekt von Nikola-reinartz.de und Nikolaus-reinartz.de





Franz Graf Wolff Metternich

Die ehemalige Prämonstratenser-Abteikirche Steinfeld in der Eifel

Im vergangenen Sommer ist eine der umfangreichsten Arbeiten der rheinischen Denkmalpflege, die Instandsetzung der ehemaligen Prämonstratenserabteikirche Steinfeld, Kreis Schleiden, beendet worden. Die Lösung dieser schwierigen und verantwortungsvollen Aufgabe hat über 10 Jahre gedauert, sie kann in besonderem Maße das allgemeine Interesse beanspruchen, weil sie fast alle Gebiete der praktischen Denkmalpflege berührte. Zum rechten Verständnis der getroffenen Maßnahmen erscheint ein kurzer geschichtlicher Rückblick angebracht.

Die Gründung dieses neben Prüm zweitgrößten Stiftes der Eifel fällt in die Regierung König Heinrichs 1., und zwar in die Zeit der Eingliederung des linksrheinischen Gebietes in das Deutsche Reich. Der Gründer des zuerst von Benediktinerinnen besiedelten Klosters war Sibodo, Graf des Ahrgaues; Erzbischof Wigfried von Köln (925-53) weihte die Kirche. Im Jahre 1097 übernahmen Augustinerkanoniker von Springiersbach das Stift, die kurz darauf (1121) die Regel des hl. Norbert annahmen. Die Grafen v. Ahre wandten auch in den folgenden Jahrhunderten dem Stift ihr tatkräftiges Interesse zu. Im Jahre 1142 legte der erste Propst des Norbertiner- (Prämonstratenser-) Stiftes, Graf Evervin v. Helfenstein, den Grundstein der heute noch erhaltenen großen Kirche. Vom Ende des 12. Jahrhunderts an führten die Vorsteher des Klosters den Titel Abt.






Steinfeld, Kr. Schleiden, Geamtansicht der ehem. Abtei von Nordosten.

Die Kirche hat zwar im Laufe der Jahrhunderte mancherlei Schicksalsschläge zu erleiden gehabt, wesentliche, den Bestand entstellende Veränderungen sind ihr aber erspart geblieben. Abt Johann III. v. Altena (1468-1483) ließ im 8. Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts einen geräumigen Lettner im östlichsten Joche des Langhauses aufstellen, den sein Nachfolger bereits im Jahre 1509 an dessen Westende versetzte, wo er heute noch als Orgelempore dient. Unter der Regierung des folgenden Abtes (1509-1517) wurde die im 15. Jahrhundert weiß getünchte Kirche mit der reichen ornamentalen Ausmalung versehen, die in den letztverflossenen Jahren freigelegt und wiederhergestellt wurde und kunsthistorisch von höchstem Interesse ist. Bereits um die Mitte des 17. Jahrhunderts wurde diese Ausmalung wieder übertüncht, nur das Chorgewölbe erhielt ein zum Teil figürliches illusionistisches Deckengemälde. Von den Veränderungen an den Altären im Verlaufe des 17. Jahrhunderts hat sich nichts mehr erhalten, dagegen aber die den Raumeindruck heute bestimmende prunkhafte Barockausstattung des Abtes Michael Kuell (1693-1732).

Das Chorgemälde des 17. Jahrhunderts ist später im Zusammenhang mit wiederholter Neutünchung der Wände und Gewölbe überstrichen worden.

Die verwickelte Baugeschichte der ausgedehnten Abteigebäude interessiert in diesem Zusammenhang nicht. Nach der Säkularisation mußten die Gebäude oft zu Schleuderpreisen ihren Eigentümer wechseln, bis sie vom Preußischen Staat im Jahre 1844 erworben und als Erziehungsanstalt für verwahrloste Kinder eingerichtet wurden. Nach Aufgabe dieser Anstalt kamen sie zunächst an den Erzbischöflichen Stuhl zu Köln und von diesem an den Salvatorianerorden, dem die Verwaltung der Pfarrstelle übertragen und die Mitbenutzung der Kirche überlassen wurde.

Die letztere ist-,bei der Säkularisation des Stiftes als Pfarrkirche eingerichtet worden und steht seitdem im Eigentum der Pfarrgemeinde Steinfeld. Die ärmlichen Verhältnisse dieser kleinen Eifelgemeinde gestatteten im Laufe des 19. Jahrhunderts keine nennenswerten Aufwendungen für die Kirche. Diesem Umstand ist die unberührte Erhaltung des Bestandes, wie er vor der Säkularisation gewesen war, zu verdanken. Zugleich war er aber auch die Ursache unzulänglicher Pflege. Nur ein bedeutender Eingriff ist im Laufe des 19. Jahrhunderts vorgenommen worden. Im Jahre 1873 schlug der Blitz in den Vierungsturm und setzte sämtliche Dächer in Brand. Die Wiederherstellung wurde von dem bekannten Kölner Gotiker Heinrich Wiethase geleitet, der die beiden Westtürme, die in den früheren Bauperioden nicht zur Vollendung gekommen waren, in ihrer heutigen Form aufführte (vgl. hierzu Wackenroder in den Kunstdenkmälern des Kreises Schleiden, S.387).

Die Abteikirche von Steinfeld ist, neben der ebenfalls von den Prämonstratensern von 1138 an erbauten Kirche zu Knechtsteden, der früheste, bereits in seiner Anlage aufWölbung berechnete und konsequent durchgeführte große romanische Kirchenbau im Gebiete der heutigen Rheinprovinz. Schon aus diesem Grunde verdient sie besondere Beachtung. Unter den Schöpfungen des Prämonstratenserordens im deutschen Westen nimmt sie eine hervorragende Stellung ein.

Da die Ordensregel ein bestimmtes Bauprogramm nicht vorsah, wird man bei der Bautätigkeit der Prämonstratenser vergeblich jene Einheitlichkeit suchen, durch die sich die Bauweise der Zisterzienser auszeichnete.


Steinfeld, ehem. Abteikirche, Grundriß


Steinfeld, ehem. Abteikirche, Ansicht von Westen

Obschon das Mutterhaus Prémontré im ersten Jahrhundert des Bestehens des Ordens das Leben in den Tochtergründungen streng überwachte, war diesen in bezug auf die Gestaltung ihrer Gebäude weitgehende Freiheit gelassen. Jedenfalls läßt sich, soweit unsere mangelhafte Kenntnis der ursprünglichen Gestalt der in der Französischen Revolution zugrunde gegangenen Abteikirche von Prémontré überhaupt ein Urteil gestattet, kein Einfluß auf die Kirchenbauten der übrigen Ordensniederlassungen nachweisen. Dagegen hat man offenbar Anlehnung an die festbegründeten Bauvorschriften des befreundeten und in bezug auf die liturgischen Gepflogenheiten verwandten Zisterzienserordens gesucht, ohne sich jedoch ihrer vollen Strenge zu unterwerfen. So ist der Grundriß von St. Martin in Laon, einer der wichtigsten Abteien des Ordens (zwischen 1151 und 1171 entstanden), von dem bekannten Schema der Zisterzienserkirchen von Clairvaux (II) oder Fontenay abgeleitet (gerader Chorschluß und Kapellenreihe an der Ostwand des Querschiffes). Bei der um ein Jahrzehnt früher begonnenen Kirche von Steinfeld waren bereits, und zwar offenbar zum erstenmal bei einem Prämonstratenserbau, zisterziensische Anregungen verarbeitet worden. Im Jahre vor der Grundsteinlegung der Kirche hatte der obengenannte Propst Evervin eine Zusammenkunft mit dem hl. Bernhard von Clairvaux gehabt. Des weiteren wird ein reger Austausch mit den Zisterziensern gerade in den Jahrzehnten des Steinfelder Kirchenbaus bezeugt, der sich in der Übernahme gewisser zisterziensischer Baugedanken bei der Ausbildung von Querhaus und Chor äußert: halbrunde Chorapsis, Kapellen an der Ostwand des Querschiffes mit flachen Nischen in der Mauerstärke. Von deutschen Zisterzienserkirchen, die bei der Erbauung Steinfelds bereits vollendet waren oder der Vollendung entgegengingen, besaßen Pforta bei Naumburg (1136 bis gegen 1150) und Georgenthal bei Gotha (Mitte 12. Jahrhundert) Choranlagen, die noch nicht dem typischen Zisterzienserschema entsprachen, sondern, teils heimischer Tradition folgend, teils in Anlehnung an die ältesten Ordensbauten im Mutterlande, Citeaux (1) und unter anderen Veau de Cernay (1128), die cluniazensische Gruppierung (Chorquadrat mit runder Apsis, gestaffelte Nebenchöre mit Apsidiolen) aufwiesen. Marienthal bei Helmstedt (1138-46) folgte hingegen schon dem in Fontenay erhaltenen Schema des zweiten Baues von Clairvaux mit geradem Chorschluß und Kapellenreihen an den Ostwänden der Querschiffarme, das gegen Ende des 12. Jahrhunderts mehrfach angewandt worden ist (z. B. Eberbach, Loccum).

Die Steinfelder Anlage stellt in der Verbindung beider Typen eine Form des Grundrisses dar, die nach Dehio, Rose u. a. (Dehio u. v. Bezold: Die kirchliche Baukunst des Abendlandes, 1, S. 528, und H. Rose, Die Baukunst der Zisterzienser, München 1916) dem zweiten Bau von Morimond entsprechen würde. Da die Gestalt dieses in der Französischen Revolution zerstörten Bauwerkes nicht mehr nachzuweisen ist, hat man die Hypothese Dehios bezweifelt (vgl. Holtmeyer, Zisterzienserkirchen Thüringens, Jena 1906). Nun aber haben die Ausgrabungen in der Abteikirche zu Altenberg, Rhein.-Berg. Kreis, bereits vor 30 Jahren (vgl. Schäfer im Jahresbericht des Altenberger Dombauvereins für 1908-1910) den in den Jahren 1135-1145 aufgeführten ersten, bereits in den 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts teilweise entdeckten Bau freigelegt, dessen Chor und Querschiffkapellen - abgesehen von einer kleinen Unregelmäßigkeit an der Südseite - durchaus der Steinfelder Anlage entsprechen. Da Altenberg eine Tochtergründung jener berühmten Abtei Morimond bei Langres ist, dürfte die Annahme Dehios eine starke Stütze finden und zugleich in der ältesten Choranlage von Altenberg ein Vorbild für Steinfeld oder eine nahe Verwandte zu erblicken sein.

Wesentlich jünger sind die ähnlichen Chorbauten der Zisterzienserkirchen von Bronnbach in Franken (Ende 12. Jahrhundert) und Lehnin i. d. Mark Brandenburg (1. Hälfte 13. Jahrhundert). Die in der Forschung bisher merkwürdig wenig beachtete Bedeutung Steinfelds ist also in der Tatsache zu suchen, daß zisterziensische Baugedanken bereits zu so früher Zeit (5. Jahrzehnt des 12. Jahrhunderts) bei einer der ersten romanischen Gewölbeanlagen des gebundenen Systems Verwirklichung gefunden haben.

Die Querhausanlage von Steinfeld wurde bei zwei weiteren bedeutenden Prämonstratenserbauten im Westen des Reiches, und zwar in Rommersdorf (etwa gleichzeitig mit Steinfeld) und Floreffe bei Namen a. d. Sambre (gegr. 1165), wiederholt. Die ursprüngliche Gestalt des Chorschlusses ist bei beiden Kirchen nicht mehr nachzuweisen. (Vgl. auch: E. Hardick, Prämonstratenserbauten des 12. u. 13. Jahrhunderts im Rheinland, Tongerloo 1935. In dieser Arbeit ist jedoch die Frage des Steinfelder Chorgrundrisses noch offen gelassen.) Die zu Anfang des 13. Jahrhunderts erbaute Chorpartie der sog. Parkabtei bei Löwen war nach dem Schema von Clairvaux (II) angelegt.


Steinfeld, Mittelschiff vor der Instandsetzung (alte Aufnahme).


Steinfeld, Mittelschiff nach der Instandsetzung (Aufn. Rhein. Bildarchiv)

Wie wenig aber diese Anlehnung an zisterziensische Bauweise als verbindlich angesehen oder überhaupt eine bestimmte Regel befolgt wurde, beweist das durchaus unzisterziensische Steinfelder Westwerk und die Mehrzahl der westdeutschen Prämonstratenserbauten. Die alle aus der Mitte des 12. Jahrhunderts stammenden Kirchen zu Kappenberg, Ilbenstadt, Knechtsteden und Rommersdorf zeigen unter sich nur wenige verwandte Züge. Kappenberg, Rommersdorf und Knechtsteden haben gemeinsam das Fehlen der Westtürme; Ilbenstadt und Steinfeld hingegen besitzen entwickelte Westwerke. Knechtsteden und Steinfeld haben kräftig ausgebildete Vierungstürme. Bei Kappenberg und Knechtsteden sind die Ostwände der Querhäuser mit Nebenapsiden versehen, bei dem letzteren sogar noch Osttürme in Anlehnung an die übrige rheinische Baugepflogenheit (vgl. Maria-Laach) zwischen Haupt- und Nebenapsis eingeschoben. Die Lösung des Querhauses und Chores von Ilbenstadt ist durch Umänderungen im 17. Jahrhundert verundeutlicht, aber wohl mit Kappenberg verwandt gewesen, wo allerdings ursprünglich ein platter Chorschluß vorhanden war. Die bei einigen dieser Kirchen zu beobachtende Strenge der Raumgestaltung und Massengliederung sowie die Abneigung gegen Türme (Kappenberg und Rommersdorf) würde auf zisterziensischen Einfluß hindeuten. Allerdings lassen die reiche Gesamtgliederung von Knechtsteden und Arnstein und vor allem die Westchöre dieser Anlagen hiervon nichts spüren.

Eine besondere Eigenart von Steinfeld ist der achteckige Vierungsturm, der sich auf einer kühnen Bogenkonstruktion erhebt: vier Sprengbogen, die auf den Scheiteln der Vierungsbogen ruhen, leiten zum Achteck über, dessen Durchmesser erheblich kürzer ist als die Vierungsachsen. Deutlich tritt bei dieser Lösung das Bestreben in die Erscheinung, den Eindruck eines aufwendigen Vierungsturmes zu vermeiden und dem zisterziensischen Dachreiter nahezukommen. Auch die herbe Schlichtheit des sehr sauberen Mauerwerkes und der Zierformen atmet zisterziensischen Geist. Die Profilausbildung und die Gestaltung der wenigen Kapitäle (nur in der Vorhalle befinden sich vier Eckdienste mit Würfelkapitälen) dürften der rheinischen Tradition des 12. Jahrhunderts entsprechen.



Steinfeld, Chor nach der Instandsetzung. (Aufn. Tieschowitz).


Steinfeld, Mittelschiff nach Westen nach der Instandsetzung.
(Aufn. Rhein. Bildarchiv)

Sehr eigenartig und gänzlich unabhängig von zisterziensischer Baugesinnung ist das Westwerk. In der Grundrißgestaltung und im Aufbau folgt es in veränderter und verkümmerter Form der alten, von karolingischer Grundlage ausgehenden rheinischen Tradition (Köln, St. Maria im Kapitol, St. Aposteln; Brauweiler; Münstermaifeld - nicht St. Pantaleon (und Münstereifel!). Die Michaelskapelle im Obergeschoß ist im 15. Jahrhundert so umgestaltet worden, daß kein einwandfreies Bild mehr vom ursprünglichen Zu- - stand der Empore gewonnen werden kann. Durch die Aufstellung des Lettners am Westende des Langhauses ist die früher nach Osten offene Erdgeschoßhalle vom übrigen Kirchenraum abgesondert worden. Schließlich hat der Ausbau der Türme und des Zwischenbaues die äußere Erscheinung verändert, aber vermutlich wohl der ursprünglich beabsichtigten Form nahegebracht. Verglichen mit den obengenannten älteren rheinischen Westwerken und den im Maastal und am Niederrhein von der Mitte des 12. Jahrhunderts an aufgeführten Westchorhallen (Maastricht, St. Servatius, Lüttich, St. Jakob und St. Bartholomäus, Aldenyck zwischen Maastricht und Roermond, Thienen, Xanten; vgl. über diese: A. Verbeek, Romanische Westchorhallen an Maas und Rhein, Wallraf-Richartz-Jahrbuch IX, 1936, S.59 ff.), spricht der Steinfelder Westbau im Gesamtbild der Kirche verhältnismäßig wenig mit. Er erhebt sich nicht über die Dachmasse des Langhauses. Nur die Türme treten in ihrer heutigen schlanken Form stark in die Erscheinung. Die Verbindungswand an der Westfront ist von Wiethase ausgeführt. Wie im Innern so ist auch im Äußern das Westwerk mit dem Langhaus verwachsen, es bildet gewissermaßen nur dessen Fortsetzung und Ausklang. Ein derartiges rudimentäres Westwerk besitzt die Kirche der Parkabtei bei Löwen (s. oben S. 415) mit dem Unterschied, daß bei dieser der Mittelraum die volle Höhe des Kirchenschiffes erreicht und anscheinend keine seitlichen Türme beabsichtigt waren. Ob man einen solchen über dem Mittelraum vorgesehen hatte, wie er im 18. Jahrhundert ausgeführt worden ist, erscheint zweifelhaft. (VgI. H. Mylius, Die Parkabtei bei Löwen, in Clemen, Belgische Kunstdenkmäler, II, S. 133ff.)

Der außergewöhnliche Umfang und die Vielseitigkeit der Instandsetzungsarbeiten gestatten nicht eine Schilderung aller Einzelheiten; es genügt eine allgemeine Übersicht:

Die Arbeiten begannen bereits im Jahre 1920 und erstreckten sich zunächst auf den Außenbau; sie standen unter der Leitung des verstorbenen Diözesanbaurates H. Renard aus Köln.

1920: Durchgreifende Ausbesserung des Kirchendaches. Da die Wasserschäden dadurch nicht behoben werden konnten, entschloß man sich 1924 zur vollkommenen Erneuerung aller Dächer.

1925: Erneuerung des Turmdaches, der Querhausdächer und der Südseite des Langhausdaches. Große Teile der Holzkonstruktion und die Schalung wurden ausgewechselt, das Mauerwerk des Turmes mit Kalkfarbe überschlämmt und die Querhausgiebel ausgebessert, die aufliegenden Rinnen wurden durchweg in Form von Hängerinnen erneuert. Beginn der Arbeiten an der Nordseite durch Herstellung eines über den Kreuzgang gezogenen Schleppdaches.

1926: Deckung der Dächer des südlichen Seitenschiffes und der Kapellen des südlichen Querhauses. Öffnung und Verglasung der Apsidenfenster. Wiederherstellung der Chorfenster und Verglasung derselben. Anlage der für die Austrocknung der Wände unentbehrlichen Kirchenheizung. Eindeckung und Ausfugung der Westtürme.

1928: Die Bauleitung übernimmt an Stelle des verstorbenen Diözesanbaurates Renard Kreisbaurat Burisch, Schleiden. Völlige Erneuerung der Dächer der Sakristei und der nördlichen Querschiffkapellen.

1929: Die Außenverblendung der Westfront aus Bruchstein, die sich weitgehend abgelöst hatte, wird aufgemauert; Erneuerung der Sandsteingewände der Westtür und des Rundfensters. Ausbesserung der Außenflächen der Sakristeiwände des 18. Jahrhunderts, Anlage eines Traufpflasters und Herrichtung der Terrassen vor der Westfront.

1930: Instandsetzung der barocken Türflügel des Hauptportales. Öffnung der vermauerten Obergadenfenster an der Nordseite, dabei werden in allen Öffnungen die romanischen Holzrahmen vorgefunden und erhalten (vgl. darüber Th. Wildeman, Neuentdeckte romanische Fensterrahmen usw., in „Die Denkmalpflege" Heft 6, 1932, S. 204 ff.). Der Dachraum über dem Kreuzgang und dem nördlichen Seitenschiff wird durch Brandmauern geschützt. Ausbesserung des Wandputzes im Querhaus. Die Vorhalle im Westwerk wird von den späteren Einbauten befreit. Das in den Raum weit vorspringende kastenförmig vorgekragte Orgelgebläse wird in den Dachraum des linken Seitenschiffes verlegt. Die Pfeiler des Langhauses werden von deckendem Ölanstrich gesäubert. Zur Überprüfung der Gewölbe wird ein fahrbares Gerüst hergestellt. Der schon seit 1925 mit den mittelalterlichen Malereien in der Kirche beschäftigte Maler Dr. Kurthen wird mit der Untersuchung der inzwischen stellenweise unter der Tünche hervorgekommenen Wandmalereien betraut.

1931: Entfernung des Bau- und Brandschuttes von den Gewölben. Freilegung der Wandmalereien des Querhauses, seiner Kapellen und des nördlichen Seitenschiffes. Nach Beendigung der Bauarbeiten durch Kreisbaurat Burisch übernimmt Dipl.-Ing. W. Weyres die Leitung der Instandsetzung des Kircheninnern. Die Aufdeckung und Konservierung der Wandmalereien wird nach Ausscheiden Dr. Kurthens dem Maler Gassert aus Villip bei Bonn übertragen.

1932: Erneuerung des Wandputzes im Obergaden. Wiederherstellung des Bodenbelags im Hochchor in Marmor aus den benachbarten Urfter Brüchen. In diesem Jahre konnte mit der Sicherung der durch Holzwurm stark gefährdeten Barockausstattung begonnen werden. Zunächst Sicherung des Chorgestühls und der Reliquienkästen im Chor durch die Bildhauer Heinen und Jakob. Freilegung der farbenprächtigen und reich vergoldeten Fassung des Hochaltars. Die Gewölbemalereien des Chores und der Vierung sowie die Bemalung der Gurtbogen werden aufgedeckt.

1933: Wiederherstellung des Bodenbelages in Langhaus und Seitenschiffen. Die Gewölbemalereien sämtlicher Joche des Langhauses werden von der Tünche befreit und die gotischen Gemälde auf den Pfeilern des Triumphbogens und im südlichen Querhausarm konserviert. Neufassung der Reliquienkästen im Chor in Anlehnung an die vorgefundenen Spuren. Sicherung von zwei der vier barocken Altaraufsätze des Langhauses. Beginn der Instandsetzung des wertvollen alten Orgelwerkes.

1934: Vollendung der Orgel. Freilegung der Deckengemälde im südlichen Seitenschiff. Restaurierung einiger Auswechselbilder des Hochaltars. Wiederherstellung der alten Fassung der Kanzel. Ausbesserung des Gestühls und der Wandtäfelung der Seitenschiffe.

1935: Neufassung der beiden genannten Altaraufsätze. Beginn der Arbeiten an den beiden anderen Altären. Erneuerung des Wandputzes in der Vorhalle und in einigen Nebenkapellen. Freilegung von romanischen Wandmalereiresten in der Kapelle an der Stirnseite des südlichen Querarmes.

1936: Das letzte Arbeitsjahr ist im wesentlichen mit Restarbeiten ausgefüllt. Die beiden Seitenaltäre und einige Gedenktafeln werden gefaßt, mehrere andere Altaraufsätze ganz wiederhergestellt, einige Barockstatuen und drei hervorragende gotische Figuren (Madonna, St. Potentinus, sel. Hermann Joseph) konserviert, schließlich wird die minderwertige Fensterverglasung des 19. Jahrhunderts in den Chorkapellen erneuert.

Die Gesamtausgaben von 1924 bis 1936 einschließlich betragen 270353 RM., die, wie folgt, aufgebracht wurden:

Beihilfe der Provinzialverwaltung der Rheinprovinz 73 900 RM.
Beihilfe des Herrn Oberpräsidenten der Rheinprovinz aus dem Lotterieauf kommen 4500
Beihilfe des Preußischen Staates 84 500
Beihilfe des Kreises Schleiden, verrechnete Bauleitung 2275
Beihilfe des Vereins Eifelwohl, Aachen 3300
Kollekte in den Kirchen der Erzdiözese Köln 16 500
Hauskollekte in der Rheinprovinz 19 046
Beihilfe des Salvatorkollegs Steinfeld 29 593
Kirchenkasse Steinfeld aus Steuermitteln 21 517
Pfarrgemeinde Steinfeld aus besonderen Sammlungen 9706
Verschiedene kleinere Spenden, Führungen usw 2819
Zinsen von Baugeldern. Entnahme aus anderen Fonds 2697
zusammen 270 353 RM.

Das Äußere der Abteikirche ist mit Ausnahme des Vierungsturmes ganz schlicht gehalten. Ein deckender, in seiner Oberfläche zu glatter Zementputz des 19. Jahrhunderts ist über das ganze Bauwerk gezogen, nur einzelne Fenstergewände am Chor und das Hauptportal an der Südseite sind in rotem Sandstein ausgeführt. Jedenfalls war das Bruchsteinmauerwerk von jeher verputzt. Aus Mangel an Mitteln konnte der Zementputz leider nicht beseitigt und durch einen in alter Technik ausgeführten Kalkputz ersetzt werden. Durch weiße Kälkung ist jedoch eine wesentliche Verbesserung der Wirkung erzielt worden. Am Westwerk (Abb. S. 414) waren die Reste des mittelalterlichen Putzes noch bis zum Ansatz der von Wiethase erneuerten Rundtürme vorhanden; er löste sich jedoch zugleich mit der Außenverblendung ab. Leider hat man bei der Wiederbefestigung der letzteren sich gescheut, den Putz zu erneuern, in der irrigen Annahme, dadurch den altertümlichen Charakter zu beeinträchtigen, und aus Furcht, einzelne Steine (glatte Feldsteine) könnten den Mörtel abstoßen. Statt dessen wurde das Mauerwerk breit und leider viel zu glatt verfugt.


Steinfeld, Blick aus dem südlichen Querhaus nach Westen vor der Instandsetzung.


Steinfeld, nördliches Seitenschiff nach Westen. (Aufn. Tieschowitz).

Durchaus einwandfrei ist der in Tuff und Werkstein ausgeführte Turm behandelt. Die Außenflächen sind mit einer dünnen Kalkschicht überzogen, Bogenfries und Lisenen sind in der Farbe herausgehoben.

Die Dächer sind durchweg in altdeutscher Schieferdeckung ausgeführt und über die Giebelprofile des Chores und Querhauses gezogen, während früher an diesen Stellen in der im 19. Jahrhundert üblichen Weise sehr häßliche brandmauerartige Aufmauerungen hochgeführt waren. An Stelle der aufgelegten Dachrinnen sind überall, wo es notwendig erschien, Hängerinnen angebracht.

Die glattverputzten Innenwände des Gotteshauses waren mit einer weißgrauen Tünche versehen, nur die Pfeiler waren durch ein etwas dunkleres Grau hervorgehoben. Jahrzehntelange Verstaubung und Wassereinbrüche hatten einen äußerst vernachlässigten Eindruck hervorgerufen, stellenweise war die Feuchtigkeit so stark, daß sich Moosbildung an den Seiten- und Querschiffwänden bemerkbar machte. Die Pfeiler waren nur mit einer ganz dünnen Farbschicht überzogen, so daß die sorgfältige Oberflächenbehandlung des Werksteines deutlich in die Erscheinung trat. Die Untersuchung der Gewölbe vom fahrbaren Gerüst aus ergab, daß die Kalkschichten (von mehreren früheren Austünchungen im 17., 18. und 19. Jahrhundert) sich leicht entfernen ließen, zum Teil schon von selbst abgelöst hatten und nur noch lose anhafteten. An allen Probestellen traten Ornamente in anscheinend noch ziemlich guter Verfassung zutage. Sie waren unschwer als Teile jener zu Anfang des 16. Jahrhunderts entstandenen Ausmalung zu erkennen. Die Ergebnisse der Untersuchung führten zu dem Entschluß, einen Teil der Wände ganz von der Tünche zu befreien, um ein zuverlässiges Bild vom Zustand der alten Ausmalung zu erhalten. Im Jahre 1931 deckte Maler Dr. Kurthen in den Querarmen, in den Chorkapellen und im nördlichen Seitenschiff ein völlig erhaltenes dekoratives System auf.

Dem weiteren Entschluß mußte nun eine Untersuchung der Frage vorangehen, welche Ausmalungen früherer Perioden noch vorhanden sein konnten. Von einer bestimmt anzunehmenden romanischen Ausmalung sind keine Reste mehr vorhanden (vgl. Wackenroder, a. a. O. S. 410). Die vorgefundenen spätgotischen Ornamente saßen unmittelbar auf einer ziemlich glatten Mörtelschicht. Eine Nachprüfung, ob darunter noch ältere Reste vorhanden waren, verbot die Rücksicht auf die bestehende wertvolle Bemalung.

In der Chorapsis, die durch den Aufbau des Hochaltars ganz vom Kirchenraum abgesondert ist, befanden sich wertvolle Reste einer gotischen Ausschmückung (Marienkrönung an der Apsidenwölbung, Heiligenfiguren auf den Wandflächen; Näheres bei Wackenroder, a. a. 0., und P. Clemen, Die gotischen Monumentalmalereien in den Rheinlanden, S. 167 ff., Tafelband 33). Im Jahre 1925 wurden diese schon seit dem Anfang dieses Jahrhunderts bekannten, aber noch zum größten Teil verdeckten Malereien in der Apsis von Dr. Kurthen freigelegt und fixiert. Von irgendwelchen Ergänzungen der weitgehend zerstörten Figuren konnte gänzlich abgesehen werden. Dr. Kurthen hat in demselben Jahre auf den Pfeilern des Triumphbogens zwei prächtige gotische Monumentalfiguren der Madonna und des Kirchenpatrons St. Potentinus freigelegt (Wackenroder und P. Clemen, a. a. 0.). Im Jahre 1933 wurden die ohne Grundierung unmittelbar auf den Werkstein gemalten, aber im ganzen gut erhaltenen Bilder sorgfältig befestigt, an einigen Stellen wurde der von den Steinen abgefallene Hintergrund leicht beigetönt, um die Gestalten etwas deutlicher hervortreten zu lassen. Einige störende Pentimenti an der Hand der Madonna und an der Nase des hl. Potentinus wurden leicht abgedeckt, ohne sie ganz verschwinden zu lassen.

In einem wesentlich gefährlicheren Zustande befand sich die gotische Kreuzigungsgruppe an dem Trennungspfeiler der südlichen Chorkapellen (kunstwissenschaftliche Würdigung bei Wackenroder, a. a. O. S. 412, u. P. Clemen, a. a. O. S. 443 f.). Das Bild war bei der Auffindung im Jahre 1883 unsachgemäß restauriert und vor allem weitgehend mit braunen Tönen übermalt worden. Als unteren Abschluß hatte man ein klassizistisches Wellenmuster aufgemalt. Im Lauf der Zeit hatten sich die unteren Bildteile unter dem Einfluß der Feuchtigkeit gelockert und waren zum großen Teil abgestoßen worden. Die Übermalung konnte durch Maler Gassert im Jahre 1933 verhältnismäßig leicht entfernt werden. Schwieriger war die Fixierung des stark abblätternden Malgrundes - das Bild ist im Gegensatz zu den großen Gestalten auf den Vierungspfeilern wie ein Tafelgemälde in Tempera auf einen geglätteten Grund aufgetragen. Durch die oben geschilderten Verhältnisse sind die unteren Teile der Komposition leider verloren; die Fehlstellen sind in einer neutralen Farbe leicht beigetönt ohne Ergänzungen. Durch geeignete Maßnahmen wird eine erneute mechanische Beschädigung verhindert werden. Schädliche chemische Einwirkungen sind nach der Trockenlegung der Kirche nicht mehr zu befürchten.


Steinfeld, Malereien an den Vierungsbogen (Aufn. Tieschowitz)


Steinfeld, Malereien an den Vierungsbogen (Aufn. Tieschowitz)



Die einzelnen Phasen der Freilegung der spätgotischen bzw. Frührenaissance-Ausmalung sind oben geschildert. Sie war durch den aus Aachen stammenden Maler Hubert unter dem Abt Gottfried Kessel (1509-1517) geschaffen worden (Beschreibung im einzelnen, soweit sie bei Abfassung des Bandes Schleiden aufgedeckt war, bei Wackenroder, a. a. O. S. 412 f.). Das ganz einheitliche, offenbar in einem schnellen Arbeitsvorgang durchgeführte System beherrscht das ganze Kircheninnere; es nimmt in seinem Aufbau durchaus Rücksicht auf die vorhandene romanische Architektur, wenn es auch grundsätzlich von spätgotischen Raum- und Schmuckvorstellungen ausgeht. Die aus mehrfarbigen Werksteinen verschiedener Provenienz gemauerten Pfeiler sind durchweg in dem am Rhein bis in die Eifel hin in der Spätgotik üblichen Rotsandsteinton leicht überlasiert mit hellen Fugen. Alle Gurtbogen sind verputzt und in derselben Farbe getönt. Die Grate der schweren hochbusigen Gewölbe, die nach romanischer Gepflogenheit scharfkantig in Putz angetragen sind, werden von rotbraunen Streifen begleitet. Die kräftige Schattierung verrät die Absicht, Rippen vorzutäuschen. Kämpferprofile und Pfeilerbasen sind nicht besonders hervorgehoben. Diese nachdrückliche Betonung der Bauglieder verleiht dem Raum eine eigenartige, stark farbige Note; sie hebt die Architektur kräftig von den ganz weiß gekälkten Flächen der Wände und Gewölbekappen ab. Die letzteren sind durch reiches spätgotisches Rankenwerk in den Zwickeln und an den Scheitelpunkten belebt. Die Motive halten sich noch ausnahmslos an den traditionellen gotischen Formenkanon in verschiedenen geistreichen Abwand lungen: kaltgrüne Ranken mit schwärzlichen Schattierungen und Konturen, mennigroten Blattumschlägen und hellblauen Blumen. Ihre zarte Farbigkeit kommt nicht ganz gegen die wesentlich schwerere Tönung der Bauglieder auf.

Eigenartig und kunsthistorisch wichtig ist die Behandlung sämtlicher Bogenleibungen. Die Vierungsbogen (Abb. S. 424 u. 425) sind durch besonders reichen und eigenartigen Schmuck in Renaissanceformen ausgezeichnet. An ihren beiden Außenseiten befindet sich ein gleichmäßig sich wiederholendes Ornament, bestehend aus schmalen gemalten Füllungen mit Rankenwerk, teils auf bläulichem, teils auf rotbraunem Grund, die durch Kreise oder Halbkugeln voneinander getrennt werden. Die Leibungen der Vierungsbogen sind mit figürlichen Darstellungen geschmückt; auf der östlichen: acht alttestamentliche Szenen in halbkreisförmigen Feldern (vier auf jeder Hälfte). Über den Kämpfern des südlichen Vierungsbogens sind in mit gotischen Nasen besetzten Nischen auf der einen Seite die Gestalt eines Teufelchens dargestellt, das auf einer Buchrolle die Namen der unandächtigen Chorherren notiert, und als Gegenstück auf der anderen Seite ein Engel mit Schriftband. Im übrigen zeigt die Leibung fünf Medaillons mit Mariensymbolen. Die Zwischenfelder sind mit Renaissancemotiven bemalt. Der gegenüberliegende Bogen (Nordseite) ist mit zehn hart aneinanderstoßenden Medaillons besetzt,welche Dreiviertelfiguren der klugen und törichten Jungfrauen umschließen; in den Zwickeln Rosetten. Auf dem westlichen Vierungsbogen die Wurzel Jesse. Der Gurtbogen zwischen dem vorletzten und letzten östlichen Langhausjoch über dem im Jahre 1509 an Stelle des Lettners errichteten, inzwischen verschwundenen Abschlußgitter ist auch durch figürliche Behandlung ausgezeichnet. Auf einem durchlaufenden Band ist eine höchst dramatische Darstellung des Engelsturzes gemalt. Im Scheitel von anbetenden Engeln flankiert, auf einem Throne sitzend der Weltenrichter, die Rechte segnend erhoben, in der Linken eine Rute. Seitlich ein doppelter Wolkenkranz; auf der südlichen Bogenhälfte St. Michael (zum Teil ergänzt) im Kampf mit dem Höllendrachen, auf der nördlichen ein Himmelsgeist, der die gefallenen Engel, die sich in Teufelsgestalten verwandeln, in den feuerspeienden Abgrund stürzt; an den Bogenkämpfern je ein Engel mit Adlerwappen, wohl das der Grafen v. Ahre-Hochstaden, die Stifter und jahrhundertelang Wohltäter des Klosters waren. Außer den genannten befinden sich figürliche Darstellungen nur noch über den Kämpfern der Scheidbogen in den Arkaden des dritten Langhausjochs (Abb. S. 429; Bezeichnung bei Wackenroder, a. a. O. S. 413).

Die übrigen Bogen sind alle mit reichen Renaissancearabesken in Rötel abwechselnd auf rotbraunem und auf bläulichem Grunde geschmückt.

Im ganzen gesehen, ist bei dieser Ausschmückung des beginnenden 16. Jahrhunderts die Verbindung einer festwurzelnden gotischen Tradition mit entwickelten Renaissanceformen zu beobachten. Diese Erscheinung bezieht sich nicht nur auf den ornamentalen, sondern auch auf den figürlichen Teil. Es ist nicht leicht, für die in die Gesamtdekoration eingestreuten Gruppen- und Einzeldarstellungen einwandfreie Ableitungen zu finden. Auf den ersten Blick ist zu erkennen, daß es sich nicht um selbständige Erfindungen, sondern um Kompilationen handelt. Aber eben darin liegt gerade der Wert dieser zum Teil nicht über den Durchschnitt hinauswachsenden Schöpfungen, da sie die weite Verbreitung bestimmter Typen und die für die späte Gotik und die beginnende Renaissance bezeichnende Durchdringung verschiedener Strömungen veranschaulichen.


Steinfeld, Stigmatisation des hl. Franz (an einem der südlichen Scheidbogen). Aufn. Tieschowitz.


Steinfeld, Engelsturz (an einem Gurtbogen des Mittelschiffs). Aufn. Tieschowitz


Steinfeld, Gewölbemalereien im nördlichen Seitenschiff.
(Aufn. Tieschowitz)

Ganz allgemein kann gesagt werden, daß die gleichzeitige Tafelmalerei ohne entscheidenden Einfluß auf die Darstellungen geblieben ist. Die alttestamentlichen Szenen (Abb. S.424) auf der Leibung des östlichen Vierungsbogens, die Einzelgruppen in den Leibungen des dritten Arkadenpaares (von der Vierung aus) und bis zu einem gewissen Grade auch die Ma r i e n s y m b o I e des südlichen Vierungsbogens scheinen vielmehr - was in der spätgotischen Wandmalerei keine Seltenheit ist - auf graphische Vorlagen zurückzugehen. Sie erwecken den Eindruck von großmaßstäblich übersetzten Buchillustrationen. Bestimmte Vorlagen sind im einzelnen nicht nachzuweisen, jedoch dürfte in erster Linie an Stichfolgen aus dem der holländischen Kunst nahestehenden niederrheinisch-niedersächsischen Kreis zu denken sein, etwa an den Meister des Todes Mariae oder den Meister mit dem Blumenrahmen. Die untersetzten Gestalten mit dem etwas schwerfälligen Ausdruck der langgezogenen Gesichter, die lockere Komposition sowie die magere Behandlung des Hintergrundes erinnern recht deutlich an die bescheidenen, wohl als Buchillustrationen oder Andachtsbilder gedachten Kupferstiche des letzteren (vgl. Lehrs, Geschichte d. deut., niederl. u. franz. Kupferstiches im 15. Jahrhundert, Tafelb. 1, und A. Warburg, Israel v. Meckenem). Auf diesem Umwege scheint die nordholländische Schule (etwa Cornelis Engelbrechtsz) eingewirkt zu haben (vgl. einige Handzeichnungen aus der Albertina im Katalog der Ausstellung Hieronymus Bosch u. d. nordniederl. Primitiven, Rotterdam 1936).

Die Stigmatisation des hl. Franz (Abb. S. 426) folgt dem erstmalig von Giotto in San Francesco zu Assisi geprägten, sehr oft in der Monumental- und Tafelmalerei wiederholten und besonders in der Graphik beliebten Typus; von den vielen möglicherweise in Betracht zu ziehenden Vorlagen kommt auch in diesem Falle das Blatt des Meisters mit dem Blumenrahmen in Frage. Ähnlich ist die Darstellung z. B. bei dem Meister des Todes Mariae, beim Meister der Celtis-Illustration und bei Dürer. Die Übereinstimmung ist durch das Thema geboten, Abweichungen sind nicht grundsätzlicher Art, sie er strecken sich nur auf die Gruppierung, die Haltung des ruhenden Begleiters und den landschaftlichen Hintergrund. Die Steinfelder Stigmatisation des hl. Franz von dem Bilde des Meisters der Ursulalegende im Wallraf-Richartz-Museum in Köln abzuleiten (vgl. Wackenroder, a. a. O. S. 413), erscheint im Hinblick auf den deutlich erkennbaren Zusammenhang mit den erwähnten graphischen Vorlagen nicht angängig.

Die Ähnlichkeit beruht auf der traditionellen Formulierung des Themas und der für beide gemeinsamen Quelle; denn auch das Kölner Bild geht in bezug auf die figürliche Komposition ohne Zweifel auf die bekannten Stichvorlagen zurück, während die weite romantische Landschaft, in deren Hintergrund verschiedene Szenen aus dem Leben des Heiligen eingestreut sind, dem Bilde die persönliche Note des Meisters verleiht. Von besonderem Interesse sind auch die klugen und törichten Jungfrauen (Abb. S.424 und 425), deren modische Trachten und kokette Haltung an die Frauengestalten des niederländischen Manierismus erinnern. Dieser niederländische Einfluß wirkt sich auch bei der Wurzel Jesse (Abb. S. 425) aus. Die gestikulierenden Halbfiguren der Könige in ihrer reichen burgundischen Gewandung sind besonders ausdrucksvoll. Es erscheint kaum zweifelhaft, daß das Motiv der symmetrisch verschlungenen Ranken mit den eingefügten Figuren der niederländischen Buchmalerei aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts entnommen ist. Man denke etwa an die breiten ornamentalen Stäbe, die zur Einfassung der Schriftspiegel oder Illustrationen dienen. Im übrigen ist das Motiv der spätgotischen Malerei und Plastik geläufig. In den wüsten Ungeheuern des Engelsturzes (Abb. S. 427) verrät sich jene schreckhafte Phantasie, die bei Hieronymus Bosch oder Brueghel Ausdruck gefunden hat. Ähnliche Gebilde finden sich etwa beim Meister von Zwolle (Lehrs, a. a. O. Taf. VII). St. Michaels Kampf mit dem Drachen (der Kopf des Engels ist, wie bereits hervorgehoben, erneuert) hat in der Komposition eine entfernte Ähnlichkeit mit einem um 1510 unter Dürers Einfluß entstandenen Holzschnitt von Jacob Cornelisz v. Amsterdam (Katalog der Ausstellung Rotterdam 1936).

Von besonderem Interesse ist der dekorative Stil der Ornamentstreifen (Abb. S. 428) auf den Bogenleibungen, die in Rötel mit kräftigen Schattierungen und aufgesetzten Lichtern einheitlich durchgeführt sind. An die Stelle des gotischen Formgutes, das den Schmuck der Gewölbekappen beherrscht, ist die Renaissancearabeske getreten in der typischen Ausprägung der Frühzeit des 16. Jahrhunderts, wie sie besonders in der Florentiner Marmorkunst etwa durch Mino da Fiesole, Benedetto da Majano, Rosselino u. a. ausgebildet und durch die Stichvorlagen italienischer und süddeutscher Meister verbreitet worden ist. Allerdings beherrscht die alte spätgotische Schulung noch die Linienführung, besonders bei den Blattranken. Der Akanthus hat noch die scharfe schnittige Form mit den langgezogenen dünnen, häufig umgeschlagenen Blättern der Spätgotik.


Steinfeld, Gewölbemalereien im südlichen Seitenschiff.
(Aufn. Tieschowitz)

Im Aufbau zeigen die Ornamentstreifen jene für die Frührenaissance charakteristische Aufreihung von Einzelmotiven, die meistens aus mehrfach eingezogenen, mit Knäufen, Schaftringen, Blattranken und Schuppen besetzten Gefäßen oder kandelaberartigen Gebilden emporwachsen. Es folgen Kugeln, Muscheln, Perlschnurgehänge, verschlungene Ranken mit Fabeltierköpfen in lockerer Zusammensetzung, daneben auch symmetrisch verschlungene Ranken mit flammenden Fackeln und Kugeln.

Für die Entwicklungsgeschichte ist es wichtig, sich die Entstehungszeit dieser Renaissancedekoration zwischen 1509 und 1517 vor Augen zu halten. Die frühesten mit der Steinfelder Ornamentik verwandten Motive treten im rheinischen Kulturgebiet nicht vor dem dritten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts auf, und zwar meistens auf Importwerken aus den Niederlanden. Das kleine Bronzeepitaph des Domdechanten von Croy in der Kölner Domschatzkammer, dessen Kandelabersäulen mit dem geschilderten Ornamentaufbau grundsätzlich verwandt sind, ist 1517 in Mecheln entstanden, der Lettner von Maria im Kapitol zu Köln ebenda im Jahre 1523. Vereinzelt haben sich in Bildern der Meister von St. Severin und der Ursulalegende Renaissancemotive eingeschlichen. Bei kunstgewerblichen Arbeiten, Möbeln und Keramik wird man derartiges auch nicht vor dem dritten Jahrzehnt antreffen. Auf den Fenstern aus dem Kreis des Sippenmeisters im nördlichen Seitenschiff des Kölner Doms, die kurz nach 1509 eingesetzt worden sind, findet sich eigentlich noch nichts, was mit der Steinfelder Ornamentik in Verbindung zu bringen wäre, wenn sich auch in den Maßwerkbekrönungen der einzelnen Bilder bereits ein Wandel des Formgefühls ankündigt. Die durch reiche Renaissanceornamentik ausgezeichneten Fenster von St. Peter in Köln, in den Stiftskirchen zu Schleiden und Kyllburg ebenso wie in der Franziskanerkirche zu Düren gehören dem dritten, ja sogar zum Teil dem fünften Jahrzehnt an.

In dem Maßwerk der niederrheinischen Schnitzaltäre würde man wohl mit Recht die frühesten Renaissanceformen suchen. Aber auch hier treten sie nicht vor 1520 auf. Einige Epitaphien, Altaraufbauten und Sakramentsschreine in Kölner Kirchen (Dom, St. Gereon, St. Andreas) mit feiner Frührenaissanceornamentik gehören erst ins dritte und vierte Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts. Zusammenfassend läßt sich also, soweit unsere Kenntnis es heute erlaubt, feststellen, daß die Malereien auf den Steinfelder Bogenleibungen das früheste Auftreten der Renaissance auf dem Gebiete des Ornamentes in den Rheinlanden bezeichnen.

Auch jenseits unserer westlichen Grenzen, in den Niederlanden und in Frankreich, erscheinen derartige Zierformen im allgemeinen nicht vor dem dritten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts. Dort, wo sie früher (etwa um die Jahrhundertwende) auftraten, sind sie von jenen italienischen Wanderkünstlern eingeführt worden, die zum erstenmal die oberitalienische und Florentiner Marmorkunst über die Alpen getragen haben. Am Hauptportal des Domes von Rouen, 1507-14 von Roulland le Roux, ist in die reichen Gebilde des style flamboyant ein feiner arabesker Dekor eingestreut, der sich aus denselben Grundelementen zusammensetzt wie der Steinfelder. Der Schöpfer jenes Prachtportals, der Kardinal von Amboise, besitzt in derselben Kathedrale ein Grabmal aus den Jahren 1520-25, an dem sich dieser Dekorationsstil voll entfaltet. Die Große Uhr in Rouen mit ähnlichen Zierformen ist 1527-29 entstanden. Etwas früher (1515-25) sind die Arabesken auf den Fensterpfeilern am Flügel Franz' I. in Blois. An den Chorschranken von Chartres, deren figürliche Teile im Gegensatz zur Ornamentik einen recht fortgeschrittenen Stil zeigen, sind die ausgereiften Frührenaissanceformen erst in die dreißiger Jahre zu setzen. Bei den Grabmälern von Konrad Meit in Brou gehören die architektonischen Aufbauten noch durchaus der letzten Phase des style flamboyant an, während die figürlichen Gruppen, besonders die Putten, den Geist der neuen Renaissancekunst atmen; auch das ornamentale Beiwerk dieser Gruppen ist im Sinne des arabesken Dekors ausgebildet. Erst im Jahre 1532 sind diese Werke vollendet. Die eigenartigen Balustersäulen am bischöflichen Palast zu Lüttich gehören zwei Bauperioden aus den zwanziger Jahren und sogar erst aus der Mitte des 16. Jahrhunderts an. Der reiche plastische Arabeskenschmuck am berühmten Kamin Karls V. im Justizpalast zu Brügge, den Guy de Beaugrant nach den Entwürfen Lancelot Blondeels schnitzte, ist von 1529, und das Triptychon des Meisters mit den hhl. Kosmas und Damianus in St. Jacques zu Brügge, bei dem diese Dekorationsweise ihren Höhepunkt erreicht, ist 1523 entstanden (vgl. Clemen, L. Blondeel und die Anfänge der Renaissance in Brügge, Belgische Kunstdenkm.). Am frühesten entfalten sich die Zierformen der Renaissance in der Glasmalerei. Die Chorfenster von St.Waudru in Mons mit spärlichen Anfängen sind von 1511, die des Querschiffes von 1524. Die stattliche Zahl prächtiger Renaissancefenster in Lüttich, Brüssel, Hoogstraeten, die zu dieser Gruppe gehören, entstammen dem dritten und vierten Jahrzehnt des Jahrhunderts (vgl. R. Graul, Die Glasmalereien in St. Gudula zu Brüssel in Clemen, Belgische Kunstdenkm.). Eine große Zahl ähnlicher Beispiele, auch aus dem Bereich der Baukunst, ließe sich anführen; sie alle beweisen, daß die Steinfelder Ornamentik mit der französischen und niederländischen Kunst verwandt, aber nicht unmittelbar von ihr abzuleiten ist. Auch die vereinzelt in der oberrheinischen und süddeutschen Plastik und Malerei bald nach der Jahrhundertwende auftretenden Renaissanceelemente dürften ihren Einfluß nicht ohne vermittelnde Zwischenglieder bis in das niederrheinische Gebiet, zu dem Steinfeld kulturell gerechnet werden muß, ausgestrahlt haben. Leider ist über den Meister Hubert aus Aachen, der jedenfalls zu den fortschrittlichsten Künstlern seines Landes gehörte, nichts Näheres bekannt. Seine Kunst stand - das bestätigt seine Herkunft aus den westlichen Grenzgebieten des Reiches - jener niederländisch-französischen Welt allerdings näher als Süddeutschland. Die Ausmalung der Abteikirche zu Steinfeld bildet demnach als Parallelerscheinung zu der süddeutschen und zu der französisch-niederländischen Frührenaissance ein wichtiges Glied in der künstlerischen Entwicklung des 16. Jahrhunderts.

Es fragt sich nun, aus welchen Quellen diese neuartige Schmuckformen geschöpft sind. Daß Maler Hubert und seine Gehilfen nicht die Erfinder waren, sondern sich in den traditionellen Formen mehr zu Hause fühlten, beweisen die spätgotischen Distelranken der Gewölbekappen.

Wie schon für die figürlichen Teile mit ziemlicher Sicherheit nachgewiesen werden konnte, bildeten graphische Vorlagen die wichtigsten Stützen für die Kompilation des ganzen Ausmalungssystems. So ist auch die Ornamentik nicht im ganzen, wohl aber in den Einzelheiten den geläufigsten Vorlageblättern der Zeit entnommen. Nicht in Frage kommt Aldegrever, da seine weltverbreiteten Ornamentstiche, deren Stil sich von den italienischen, französischen und niederländischen Vorbildern unabhängig gemacht hat, durchweg später entstanden sind. Dagegen scheinen dem Künstler Stiche italienischer Meister bekannt gewesen zu sein, etwa von Nicoletto Rossi da Modena, dessen Vorlagen für Arabesken aus der Zeit von 1500 bis 1512 auf Mantegna oder Ghirlandajo zurückgehen, oder auch von oberdeutschen Meistern, wie Urs Graf (zweites Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts, mit gotisierenden Akanthusranken) oder Daniel Hopfer (1470-1536; vgl. R. Berliner, Ornamentale Vorlageblätter 1, Taf. 27 u. 55). Arabesken, die ohne Zweifel auf die gleichen Quellen zurückgehen, wendet auch Peter Vischer an (z. B. bereits am Denkmal des Propstes A. Kreß von 1514 in Nürnberg St. Lorenz). Das Sakristeiportal des Domes zu Breslau von 1517 dürfte ebenfalls zu den frühesten Beispielen der Verarbeitung solcher Vorlagen zu rechnen sein. Peter Flötners, Hans Sebalds und Bartel Behams Arabesken, die im übrigen durchaus dieser frühen italienisierenden Gruppe zuzuweisen sind, gehören ins dritte und vierte Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts; sie kommen demnach als Vorbilder für Steinfeld nicht mehr in Frage (vgl. auch Reallexikon zur deutschen Kunstgeschichte, Artikel Arabeske).

Trotz der unbestreitbar festlichen Stimmung, die von den Steinfelder Malereien ausstrahlt, offenbart sich das für die spätgotische Wandmalerei bezeichnende Erlahmen der monumentalen Gesinnung. Das figürliche Element ist ganz in den Schatten des Ornamentes getreten. Während noch in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts die Wandflächen mehr oder minder großen figürlichen Kompositionen oder Bildzyklen überlassen werden, bestimmt nunmehr das Ornament im wesentlichen das Gesamtbild. Figuren werden nur in Form von kleinen Einzelbildchen, Medaillons oder Streifen in das ornamentale System eingeordnet. Das Fehlen einer eigenen monumentalen Tradition zwingt zur Übernahme kleinmaßstäblicher Vorbilder, die schon im 15. Jahrhundert allmählich üblich geworden war. Der merkwürdige Mischstil zwischen Spätgotik und Renaissance verleiht dem ganzen Sytsem seine eigenartige Note.

Für die Denkmalpflege war die Entscheidung, was mit den vorgefundenen Malereien geschehen solle, nicht leicht. Wie in der geschichtlichen Einleitung bereits angedeutet wurde, sind sie bereits im 17. Jahrhundert wieder übertüncht worden. Allerdings wurde das Chorgewölbe damals mit einer unbedeutenden figürlichen Malerei versehen, bei der auch wieder ein hellgrünes Rankenwerk in posthumen gotischen Formen zur Anwendung kam. Es war so beschädigt, daß es im Interesse der einheitlichen Wirkung der ganzen Ausschmückung des Raumes unbedenklich entfernt werden durfte. Der vorzügliche Erhaltungszustand der spätgotischen Ausmalung wie ihre überraschend festliche Stimmung forderte unbedingt Erhaltung. Auf der anderen Seite stand es fest, daß die prunkende Barockausstattung ein gänzlich verändertes Dekorationsprinzip geschaffen hatte: Heller, ganz durchlichteter Raum mit ungegliederten Wandflächen, von denen sich die stark farbigen und reich vergoldeten Aufbauten und Plastiken als einziger Schmuck abheben sollten. Stellte man den malerischen Raumschmuck vom Anfang des 16. Jahrhunderts wieder her und ließ zugleich die Barockausstattung bestehen, so wurde ein früher niemals vorhanden gewesener Zustand geschaffen. Wenn man sich dennoch entschloß, das eine nicht dem anderen zu opfern - ein Überstreichen der hochinteressanten Ausmalung kam ernstlich nicht in Frage, und die Beseitigung der Barockausstattung, die in seltener Einheitlichkeit erhalten war, hätte eine Anzahl schwierigster Fragen, u. a. die der Beschaffung eines vollgültigen Ersatzes, aufgerollt -, so geschah es in der klaren Erkenntnis, daß in diesem Falle historische und denkmalpflegerische Rücksichten die Erhaltung dieser ursprünglich nicht aufeinander abgestimmten Elemente forderten. Ohne Zweifel war es ein Wagnis, zwei für sich so stark sprechende Dinge nebeneinander bestehen zu lassen, aber die Preisgabe eines derselben hätte zwangsläufig zu noch größeren Wagnissen mit sehr zweifelhaften Erfolgsaussichten geführt.

Die Ausstattungsstücke: Altaraufsätze, Kanzel, Orgelgehäuse und Beichtstühle (Abb. S. 417) zeigen für die Entstehungszeit zu Anfang des 18. Jahrhunderts merkwürdig antiquierte Formen. Der sogenannte Knorpel- und Ohrmuschelstil, wie er für die Jesuitenbauten aus der Mitte des 17. Jahrhunderts charakteristisch ist und in der Kölner Jesuitenkirche seine typische Ausbildung erfahren hat, herrscht noch durchaus vor. In den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts sind alle Stücke mit einer schweren Bemalung in Ölfarben versehen worden, die nicht der ursprünglichen Fassung entsprach. So waren z.B. die Säulen dunkelrot marmoriert an Stelle einer lapislazuliartigen blauen Tönung mit goldenen Adern. Diese konnte unter der dicken Farbschicht soweit wieder herausgeholt werden, daß sie ohne Schwierigkeiten zu rekonstruieren war. Der durchweg aus Lindenholz geschnitzte plastische Schmuck war so stark vom Holzwurm befallen, daß neben den üblichen Maßnahmen zur Bekämpfung dieses Schädlings weitgehende Ergänzungen notwendig waren. Das hatte wiederum zur Folge, daß die Fassung zum großen Teil erneuert werden mußte. Die minderwertige Ölvergoldung wurde durch echte Blattvergoldung ersetzt. Dabei wurde künstliche Patinierung grundsätzlich vermieden, da sich erfahrungsgemäß in wenigen Jahren eine natürliche Patina einstellt, die wesentlich erfreulicher wirkt. Nur an einigen Stellen wurde das Gold bis auf den roten Polimentgrund abgerieben.

Schwierig gestaltete sich die Behandlung der Orgel (Abb. S. 419), die als eine Schöpfung des 17. und 18. Jahrhunderts besonderer Pflege würdig war. Eine kleine Erweiterung des Spielwerkes erschien wünschenswert, wobei eine elektrische Traktur eingebaut wurde. Um hierfür und für einen normalen Sängerchor Platz zu schaffen, mußten die großen Pfeifentürme etwas nach der Rückwand versetzt werden, was ohne Schädigung des Gehäuseaufbaues und der Raumwirkung geschehen konnte. Das Rückpositiv wurde zur besseren Platzgewinnung leicht vorgekragt. Auf diese Weise war es möglich, das herrliche alte Instrument wieder klanglich zur vollen Geltung zu bringen. Die Arbeiten wurden von der Firma J. Klais in Bonn ausgeführt. Der Prospekt ist in derselben Art behandelt worden wie die übrigen Ausstattungsstücke. Metternich.

Wesel, Blick vom Kornmarkt auf die ehem. Johanniterkommende (links) und das ehem. Klevesche Stadtschloß (rechts) nach der Wiederherstellung beider Gebäudegruppen. Aufn. Th. Wildeman 1936.


Sonderedition nikola-reinartz.de: Abtei Steinfeld und die Steinfelder Fenster mit Ausstellung Schnütgen-Museum





Franz Graf Wolff Metternich, Die ehemalige Prämonstratenser-Abteikirche Steinfeld in der Eifel
Sonderdruck aus Jahrbuch der Rheinischen Denkmalpflege, XIII. Jahrgang, 1936, S. 411-433
Historische Kreisbibliothek Euskirchen, Kreismuseum Blankenheim, Inv.-Nr. 01/108, Drk1, Stei


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