Leben und Werk von Nikolaus Reinartz,
Pfarrer und Heimatforscher - Ein Projekt von Nikola-reinartz.de und Nikolaus-reinartz.de





Die Alten Glasgemälde im Kreuzgang der
Prämonstratenser-Abtei Steinfeld in der Eifel und ihre Stifter
von Nikola Reinartz





Einleitung

Die bekanntlich bereits seit Römerzeiten besonders in Köln blühende Buntglastechnik, in der Glasbildkunst des Mittelalters weiterhin entwickelt und eifrig gepflegt, erreichte im Zeitalter der Renaissance in rheinischen Landen eine neue Hochblüte. Die Denkmäler, die davon Kunde geben, sind naturgemäß um so seltener und wertvoller, als das Material gebrechlich und mehr als alles andere der Wut der Elemente und den Fährnissen unruhiger Zeiten ausgesetzt war. Gleichwohl weiß uns H. Oidtmann in seinem preisgekrönten, 1912-1929 erschienenen Werke „Die Rheinischen Glasmalereien" von manchen herrlichen Kunstwerken zu berichten, die sich aus dieser Zeit, vor allem in Köln selbst, dann aber auch gerade aus der Eifel, in Schleiden, Kyllburg, in und bei Düren in Drove, Lamersdorf und Mariawald vereinzelt erhalten haben. Waren es ja auch Eifeler Grafengeschlechter, die sich in den Kölner Domfenstern jener Zeit ein rühmendes Denkmal gesetzt haben, so Graf Philipp von Virneburg und Erzbischof Philipp von Daun. Eine ungeahnte Bereicherung dieses kostbaren Bestandes bilden heute die von Oidtmann noch nicht gekannten, von mir bereits im Oktober 1908 in Ashridge Chapel bei London aufgefundenen Glasgemälde aus den Kreuzgängen der Klöster Steinfeld und Mariawald.



Die Kunde von dem verschollenen Schatze





Wohl hatte Oidtmann 1910 in Heft XVI des Trierischen Archivs eine auf der Trierer Stadtbibliothek befindliche Steinfelder Handschrift vom Jahre 1632 bekanntgegeben, die ein vollständiges Verzeichnis der in der Zeit von 1526-1558 im Kreuzgang der Abtei angebrachten Glasgemälde enthielt. Darnach hatte das Eifelkloster einen außerordentlich reichen Fensterschmuck besessen, eine Bilderbibel in der rheinischen Glasmalkunst, wohl unerreicht durch die Großartigkeit des Entwurfs und die Fülle der Darstellungen. Gegenstand derselben war in 73 Hauptbildern, vielfach durch Nebenbilder ergänzt, die gesamte Heilsgeschichte, beginnend mit Engelsturz und Sündenfall, durchgeführt in Geburt und Kindheit, Leben und Sterben, Auferstehung und Himmelfahrt unseres Herrn bis zu seiner Wiederkunft zum Weltgericht, endigend mit einem Blick in das Reich Gottes im Himmel und das Reich Luzifers in der Hölle. Dazu kam die fast doppelte Anzahl von Darstellungen in den Fensterbögen und den Maßwerklichten, die in abwechslungsreicher Fülle Vorbilder, Symbole, Propheten und Evangelisten mit Schrifttexten zur Erläuterung boten. Wir haben also in Steinfeld eine ganz selbständige Anordnung des Stoffes der sogenannten Armenbibel, die zudem nie über 50 Hauptbilder hinausging 1). Eine heimat- und kulturgeschichtlich wertvolle Zugabe bildeten endlich 67 Sockelbilder mit Darstellungen der Stifter und ihrer Patrone.

Eine Zusammenstellung derselben ergibt, daß das Gesamtwerk mit zwei Ausnahmen lediglich von der Abtei Steinfeld und den ihr unterstellten Stiftern und Pfarreien geschaffen wurde. Wir lesen da die Namen der Äbte von Hamborn und Sayn, der Prioren von Reichenstein, Niederehe und Ellen, der Pröpste von Heinsberg und St. Gerlach bei Valkenburg, letzteres bereits über die Grenzen des heutigen Deutschlands hinausgehend, sowie weiterhin aus dem niederländischen Gebiet die Namen der Abteien St. Nikolaus in Merna, St. Bonifaz in Dokkum, Mariagarden bei Leuwarden mit ihren Dependancen, ferner von Böhmen Tepl und Strahow bei Prag, zum Teil hochberühmte und mächtige Stifte, die entweder in direkter Abhängigkeit oder wenigstens im Ehrfurchtsverhältnis der Filiation zum Mutterkloster Steinfeld standen. Von den durch Steinfeld pastorierten Pfarreien sind mit dem Bilde des Kirchenpatrons, vielfach auch des Pfarrers vertreten aus der Erzdiözese Köln bzw. Diözese Aachen: Krefeld-St. Dionys, Erp, Schleiden, Fritzdorf, Hochkirchen, Ripsdorf, Langerwehe, Zülpich-St. Martin; aus der Diözese Trier: Bengen und Wehr; aus der Diözese Roermond: Opgeleen. Wir können uns denken, daß die Bilder in der Wandelhalle (ambitus) des Klosters, die durch ihren Inhalt wirklich zu einem Kreuzgang, aber auch zu einer Ruhmeshalle geworden, in jahrelangem Vorbeigehen und Betrachten sich den Gemütern der Ordensleute, mochten sie nun dem geistlichen oder dem dienenden Stande angehören, so unauslöschlich einprägten, daß sie in ihnen immer wieder heilsame Erwägungen erweckten, aber auch ein stolzes Heimatgefühl wachhielten, auch dann, wenn die Söhne des hl. Norbert außerhalb des Mutterklosters in entfernten Filialen oder auf einer einsamen Pfarrstelle standen.

Leider konnte Steinfeld sich seines Schatzes nicht ungestört erfreuen. Nicht weniger als fünfinal mußten in den stürmischen Jahrhunderten nach der Glaubensspaltung bei drohender Kriegsgefahr die Fenster, mit deren Verbleiung die wilde Soldateska ohne weiteres ihren Kugelvorrat aufzufüllen pflegte, herausgenommen, in Kisten verpackt und beiseite geschafft werden. Einem solchen Anlaß aus dem Schwedenkriege verdanken wir denn auch das Verzeichnis des Priors Latz, das eine mit Bildskizzen versehene Anleitung zur richtigen Wiedereinsetzung der Scheiben sein sollte; es zeigt aber auch, mit welch liebevoller Sorgfalt dies geschah, wenn auch naturgemäß manche Schäden nicht verhütet werden konnten 2).

Nicht minder gefährlich wurde unsern Bildern dann der nüchterne Rationalismus der Aufklärungszeit, der sie, die allerdings schon vielfach beschädigt waren, endgültig im September 1785 entfernte, damit das Sonnenlicht durch nicht gemalte Scheiben besser einfallen könne 3)"! Glücklicherweise wurde die Möglichkeit einer späteren Wiedereinsetzung nicht außer acht gelassen, und so fanden die erhaltenen Fensterbilder wohlverpackt wie früher wieder ihren Platz in dem Verbörgnis bei der St.-Michaels-Kapelle. Als dann 1802 nach der Angliederung des linken Rheinufers an Frankreich die Abtei aufgehoben wurde, kamen auch die Glasgemälde unter den Hammer und gerieten wie so viele andere rheinische Kunstschätze über den Kanal nach England 4).

Oidtmann schließt seine Veröffentlichung im „Trierischen Archiv" mit den Worten: „Leider sind diese kostbaren Denkmäler der Glasmalkunst, die einst den Kreuzgang von Steinfeld zierten, für Deutschland verloren. Das kleine Heftchen hat es wenigstens ermöglicht, die Erinnerung an die einstige Pracht und Herrlichkeit urkundlich festzulegen und wachzuhalten."

Wer war denn der Verfasser, dem wir diese Erinnerung verdanken, jener Prior Latz? Das Steinfelder Konventualenverzeichnis nennt ihn einen frommen, eifrig tätigen, geistvollen Mann, der auch zum Scherzen aufgelegt war und ein längeres Leben verdient hätte - er starb im Alter von etwa 40 Jahren 5). Da ist es nun nicht uninteressant zu sehen, wie diese Charakteristik in seinem Werkchen sich widerspiegelt. Um diesem größtmögliche Nutzbarkeit zu geben, versucht er sich immer wieder in wenig meisterhaften Bildskizzen. Oidtmann hat wohl nicht ganz unrecht, wenn er die von Latz hervorgehobene Inschrift in Fenster XIII „Schuster bleib bei deinem Leisten" als eine übermütige Selbstironisierung des Priors deutet. Auch die Beigabe des am Gartenpförtchen sitzenden Paters in Fenster IV gehört wohl dahin.

Das Verzeichnis der Stiftsgeistlichen hat aber auch die für seine Familienzugehörigkeit bedeutsame Angabe: „Er war der Sohn unseres Klosterhalfen." Dessen Name ist mir wohlbekannt: Peter Latz, der Bruder der Girdgen Latz, Ehefrau von Dahm, des Besitzers des Stürzerhofs in Kall-Heistert, meiner Ahnen. Diese persönliche Verknüpfung ist doch zu seltsam, als daß ich sie hier hätte übergehen sollen. War es der Geist des guten Priors, der zu gleicher Zeit, als sein Büchlein aus dem Staub der Bibliotheken erstand und die Erinnerung an die alte Steinfelder Herrlichkeit wiedererweckte, seinen Nachfahren den Überresten derselben auf die Spur brachte 6)?

Eine seltsame Entdeckungsgeschichte

Im Jahre 1906 war bereits in dritter Auflage bei Edward Arnold in London ein Buch erschienen, „Ghost stories of an antiquary", das den Rektor am King's College in Cambridge, Dr. James, zum Verfasser hatte. Unter diesen „Geistergeschichten eines Altertumsfreundes" befand sich auch eine: „Der Schatz des Abtes Thomas von Steinfeld." Das Buch, das im Eifelvereinsblatt ohne weitere Inhaltsangabe angezeigt wurde, hatte meine Aufmerksamkeit erregt. 1908 kam ich zum Eucharistischen Kongreß nach London und dachte die Gelegenheit zu benutzen, um nach den vor wenigen Jahren in Norwich aufgefundenen - mit unseren Steinfeldern gleichzeitigen - kunstvollen Fenstern von Mariawald zu sehen.

Um zu diesem Zwecke einen Reiseführer zu erstehen, befand ich mich in einem jener „Bücherställe", wie sie sich an Charing Cross eine ganze Straße hinab Laden an Laden hinzogen, keine modernen Antiquariate mit geordneten Beständen und Verzeichnissen, sondern Stapelplätze, wo ganze Bücherstöße ungeordnet in Haufen aufgeschichtet liegen, wo die Bücherfreunde herantreten, selber suchen und kaufen, was ihnen gefällt. Ich frage den Buchhändler, ob das oben genannte Buch ihm bekannt oder sogar vorhanden sei. Er zuckt die Achseln: „Das weiß ich selber nicht." Ich will mich also empfehlen - da, als ich die Hand von dem Bücherstoß, an dem ich gestanden, aufhebe - es ist wirklich wie eine Geistergeschichte! -, fällt mein Blick auf das Buch, auf dem zufällig meine Hand geruht hatte, und in großer schwarzer Schrift starrt es mir vom groben weißen Leinenband entgegen: „Ghost Stories of an Antiquary." Der Buchhändler selber ist sprachlos; für ein paar Schillinge überläßt er mir gerne das gesuchte Buch, das mich weit bedeutenderen Überresten rheinischer Glasmalkunst auf die Spur bringen sollte, als die in St. Stephens in Norwich.

Unter dem Schatze des Abtes Thomas waren nun zwar keineswegs unsere Steinfelder Glasfenster verstanden, wie man meinen könnte. Im Gegenteil, die ganze „Geistergeschichte" des (erdichteten!) Abtes war, wie mir der Verfasser auf meine Anfrage offenherzig mitteilte, „ich schäme mich fast, es zu gestehen, - eigene Erfindung". Tatsächlich aber hatte Dr. James, als er im Juli 1904 die Bilderfenster der Schloßkapelle des Earl Brownlow zu Ashridge Park inventarisierte, dieselben unschwer aus verschiedentlicher Namensnennung als von Steinfelder Herkunft erkannt. Selber nie in Steinfeld gewesen, in bezug auf die Geschichte der Abtei lediglich auf die dürftigen Angaben in der Gallia christiana angewiesen, war er gleichwohl unter seiner Arbeit so in den Zauberkreis der Bilder geraten, daß er aus demselben heraus jene Geistergeschichte geschrieben hatte.

Alsbald wandte ich mich an die Schloßverwaltung mit der Bitte um Erlaubnis zur Besichtigung der Kapelle. Der Brief blieb unbeantwortet. Erst eine Empfehlung meines Gewährsmannes öffnete mir, ständig bewacht von einem Diener des seinen Schatz eifersüchtig hütenden Grafen, die Pforte des Ehrentempels rheinischer Kunst auf englischem Boden. Die Überraschung war eine vollkommene. Wochenlang hatte mich das Getriebe der Weltstadt mit ihren vielgestaltigen, fremden Eindrücken umbrandet. Der Weg nach Ashridge Park hatte mich über einsame, von der warmen Herbstsonne vergoldete Heideflächen geführt. Da tut sich mir inmitten eines Hochwaldes mit Rudeln von Edelwild auf weitem Plan das in neugotischem Stil erbaute Schloß des englischen Grafen auf, und - wie mit einem Zauberschlage fühle ich mich in Ashridge Chapel in die rheinische Heimat versetzt! Als wenn ich im Hohen Dome zu Köln in den Anblick der leuchtenden Pracht mittelalterlicher Kunst in den Fenstern des Nordschiffes versunken stände. - Nur ist der Eindruck hier umfassender, geschlossener. Sämtliche elf großen Doppelfenster der Kapelle sind mit Erzeugnissen rheinischer Glasmalkunst des 16. Jahrhunderts durchsetzt. Allenthalben stehen Namen der Heimat auf den Stifterbildern, sehen Prämonstratenser in weißem Habit, Äbte, Ordensheilige, voran St. Norbert, auf den rheinischen Landsmann nieder. Edelgut der rheinischen Heimat, das war der erste überwältigende Eindruck.

Freilich war die Ansicht von Dr. James in der mir freundlichst zur Verfügung gestellten Bestandsaufnahme, daß alle Fenster von einer Kirche, nämlich der Abteikirche Steinfeld, stammten, irrig 7). Das wurde mir, als 1928 beim Verkauf von Ashridge Park auch die Fenster herausgenommen und in das Victoria- und Albert-Museum gekommen waren, an Hand der vorzüglichen Fotos von dort deutlich. Wie wir im einzelnen sehen werden, sind von den insgesamt 120 Scheiben 36, also ungefähr ein Drittel, von Steinfeld, während ein gutes weiteres Drittel von Mariawald kommt und der Rest noch unbestimmter Herkunft ist; einige wenige sind neuere Erzeugnisse.

Es war ein Ereignis von internationaler Bedeutung, als die Glasgemälde aus der Privatkapelle des Grafen Brownlow in der Öffentlichkeit auf dem Kunstmarkt bei Messrs. Sotheby in London erschienen. In der Ankündigung 8) hieß es: „Über den Wert der Scheiben kann keiner zu hoch urteilen; es sind Perlen an Qualität ..., eine zweite Reihe Glasgemälde von diesem Ausmaß und Alter in Privathänden käuflich zu finden, ist praktisch unmöglich!" Auch hierzulande wurden jetzt weite Kreise durch eine Anzeige in der bekannten Kunstzeitschrift Pantheon, Heft VII, S. 368 aufmerksam, aber in dem verarmten Nachkriegs-Deutschland war es unmöglich, die Summen aufzubringen, die zum Wiedererwerb erforderlich waren. So ging denn die ganze Kollektion für den enormen Preis von 550 000 Goldmark, den ein ungenannter Stifter zahlte, in den Besitz des genannten Museums über; mir aber wurde es möglich, wie bereits erwähnt, den Bestand wenigstens vorläufig einmal zu sichten und auf der Frühjahrstagung des Historischen Vereins für den Niederrhein 1929 in Monschau darüber erstmalig zu berichten. Den Wunsch des Vorstandes nach Veröffentlichung meines damaligen Vortrags 9) zu erfüllen, war allerdings die Zeit noch nicht gekommen. Wenn auch meine Ausführungen durch die dann einsetzende Forschung im wesentlichen bestätigt wurden, so wurden dieselben doch namentlich in kunstgeschichtlicher Hinsicht ergänzt durch die Schrift von Josef Kurthen „Zur Kunst der Steinfelder Kreuzgangsfenster" (Euskirchen 1941) und die bereits genannte Schrift von B. Rackham 10). Besonders wertvoll erwies sich die von Wilhelm Kurthen im Düsseldorfer Staatsarchiv aufgefundene Steinfelder Handschrift 11) eines Ungenannten vom Jahre 1719: „Fenestrae ambitus Steinfeldensis delineatae", eine eingehende Beschreibung der Kreuzgangsfenster, die die von Oidtmann wiedergegebenen Skizzen von Latz weithin ergänzt und hier und da auch berichtigt. Aus ihr erst wird die großartige Komposition und die ganze Fülle der Darstellungen voll erkennbar, läßt sich aber auch einwandfrei feststellen, was in dem Ashridge-Material von Steinfelder Provenienz ist und was nicht. An und für sich wäre diese Frage nicht so leicht zu lösen gewesen, da gerade die Steinfelder Fenster mit den andern, unbekümmert um Inhalt und Herkunft durcheinandergewürfelt und auch im einzelnen für den neuen Standort in Ashridge-Chapel zurechtgestutzt, sowie manche Teile falsch verbunden waren. Ein Prüfstein für die Zugehörigkeit ergab sich auch aus der ungefähren Übereinstimmung der auf den Fotos in englischen „inches" (1 inch = 2,5 cm) vermerkten Maße der Bilder mit der glücklicherweise in der ursprünglichen Form erhaltenen Spannweite der Fensterrahmen. Deren lichte Weite beträgt bei den meist dreiteiligen Fenstern 52 cm, bei den zweiteiligen Eckfenstern 56 cm; die lichte Höhe bis zu den Fensterbögen ist 150 bzw. 170 cm, wovon auf die fast quadratischen Sockelbilder ein starkes Drittel kommt.

Offen bleiben müssen vorläufig noch zwei Fragen. Die erste ist die, ob außer den Kreuzgangsfenstern sich unter dem noch ungeklärten Rest der Ashridge-Fenster noch weiteres Steinfelder Gut befindet. Von vornherein ist ja anzunehmen, daß nicht nur der Kreuzgang Fensterschmuck besaß. Es ist dies aber auch urkundlich bestätigt. In dem Protokoll der Untersuchungskommission zwecks Heiligsprechung des sel. Hermann Joseph vom Jahre 1628 12) wird berichtet, daß das Bild des Heiligen Hermann genannt Joseph in den Fenstern des Kapitelhauses und des Kreuzgangs, die um 1527 und 1530 eingesetzt wurden, zu sehen sei. Am ehesten kämen inhaltlich für das „Bergmannskloster" Steinfeld und das Infirmatorium religiosorum noch die acht zusammenhängenden Bilder aus der Legende der hl. Barbara, der Patronin der Bergleute und der Sterbenden, in Frage; doch fehlen weitere Anhaltspunkte. Dagegen läßt die andere Frage, ob nicht anderswo in England noch verstreute Teile der Kreuzgangsfenster erhalten sind, eine positivere Beantwortung zu, nachdem in Bristol zwei Stifterbilder aus dem Zyklus derselben aufgefunden wurden 13).

Noch wäre ein Wort zu sagen über den ungenannten Verfasser der für uns so wertvollen „Delineatio" von 1719. Wir dürfen als denselben sicher jenen Frater Heinrich Hochkirchen ansehen, der die Wiedereinsetzung der Fenster 1715 geleitet und im Nachtrag zu den „Annotationes" von Prior Latz darüber eine sachkundige Anleitung geschrieben hat. Er war der Amanuensis des Abtes, und die Identität ergibt sich auch aus der i.Ubereinstimmung der Schriftzüge 14).

Teil 2 - Beschreibung der Stifterbilder





Anmerkungen

  1. Vgl. F. Laib u. F. J. Schwarz, Biblia Pauperum, 2. Aufl. Freiburg i. Br. 1892.

  2. Näheres hierüber s. bei Oidtmann a.a.0. nach Eintragungen von späterer Hand in die Aufzeichnungen von Prior Latz. - Das Chronogramm vom Jahre 1654 ist zu lesen: VIgIntI bInIs DVrarVnt beLla fera annis VLtra repon VntVr, renoVatVr er ambltus Iste. Das weder chronographisch noch metrisch einwandfreie Distichon ergibt immerhin die bemerkenswerte Tatsache, daß infolge der Verwüstungen des dreißigjährigen Krieges auch der Kreuzgang einer Erneuerung bedurfte.

  3. „Sis quis vero vitris variegato colore illitis, at magis obscurantibus delectetur. .." läßt auf den Widerstreit der Meinungen schließen.

  4. Das Dunkel, das lange Zeit über der Ausplünderung rheinischer Glasmalkunst aus den aufgehobenen Klöstern schwebte, ist inzwischen etwas gelichtet worden. Auf deutscher Seite war es nach den Ausführungen E. Renards in der Eifelfestschrift (Bonn 1913) S. 66 der Antiquitätenhändler Christian Geerling in Köln, der „ganz wesentlich an dem Export aus Eifelklöstern nach England beteiligt gewesen zu sein scheint" - ein Fall, der, wie Renard S. 68 weiter schreibt, weder eines gewissen Humors entbehrt, da man in der Ernennung Geerlings zum ehrenamtlichen Konservator der rheinischen Altertümer den Bock zum Gärtner bestellt hatte, noch auch der Tragik in dessen freiwilligem Ende in den Fluten des Rheines. Ober Geerling vgl. K. Eckert, S. Bernard von Clairvaux. Glasmalereien aus dem Kreuzgang von Altenberg bei Köln (Wuppertal 1953) S. 17 ff. - Englischerseits war es ein deutscher Händler in Norwich, John Christopher Hampp, der, wie der frühere Custos des Departement of Ceramics beim Victoria- u. Albert-Museum, Bernard Rackham in The Ashridge Stained Glass, SD aus: Journal of the British Archaeological Association, Vol. X, 1945-47 feststellt, große Mengen von Glasmalereien den Rhein hinab über Rotterdam nach England eingeführt hat.

  5. A. Nrh. (= Annalen d. Hist. Vereins f. d. Niederrhein) 8 S. 151: „religiosus, faceti et liberalis ingenii, industria praeditus, longiore vita dignus".

  6. Eine merkwürdige, auf reale Tatsache beruhende Verbindung ist auch folgende. In der Absicht, mich der vorliegenden Arbeit zu widmen, hatte ich mich an das Stadtarchiv Trier mit der Bitte um Einsichtnahme der von meinem Vorfahren verfaßten „Annotatio figurarum atque picturarum in ambitu nostro Steinfeldensi" gewandt, erhielt aber die fatale Mitteilung von der Direktion: „Bei der Auslagerung abhanden gekommen." Auch die Anfrage nach einer etwaigen herausgegebenen Kopie blieb negativ. Da finde ich jedoch in meiner Korrespondenz die Mitteilung von dem bereits genannten B. Rackham aus dem Jahre 1929, daß das Victoria- u. Albert-Museum in Trier eine vollständige Fotokopie habe anfertigen lassen. Sonach war doch noch eine Hoffnung vorhanden, daß die einzigartige Urkunde nicht ganz aus der Welt verschwunden war. Ich wandte mich sofort unter Darlegung des Sachverhaltes an das Museum. Mit dem Ausdruck lebhaften Bedauerns über den tragischen Verlust des Originals sandte mir dann in anerkennenswerter Weise die Museumsverwaltung eine neue Gratiskopie der dortigen in dankbarer Erinnerung an die Hilfe, die ich zu deren Beschaffung damals geleistet hätte.

  7. „I imagine that all the glass probably came from one church, the abbatial church of Steinfeld in the Eiffel district." - Auf dieser (irrigen) Ansicht beruhten denn auch meine ersten Veröffentlichungen im Eifelvereinsblatt und in der Kölnischen Volkszeitung.

  8. Catalogue of the magnificent sixteenth century stained glass windows from the Chapel at Ashridge. Herts. London 1928.

  9. A. Nrh. 116 S. 174.

  10. Siehe oben Anm. 4.

  11. Staatsarchiv Düsseldorf, Akten Kloster Steinfeld ad 40.

  12. Handschrift von 1628 am Pfarrarchiv Steinfeld.

  13. Siehe unten zu Fenster VI, auch Rackham in The Ashridge Stained Glass S. 7. - Zu beachten wären die Angaben über nach England gebrachte Glasgemälde rheinischer Herkunft bei Oidtmann II S. 380.

  14. A. Nrh. 9 S. 210; siehe auch unter Fenster XIV.

Teil 2 - Beschreibung der Stifterbilder





In: Kunstgabe des Vereins für christliche Kunst im Erzbistum Köln und Bistum Aachen für das Jahr 1955, herausgegeben von Wilhelm Neuss, Verlag und Druck: B.Kühlen, M.Gladbach 1955, 182 Seiten.
Historische Kreisbibliothek Euskirchen, Kreismuseum Blankenheim, Inv.-Nr. 1912, Drk1, Ste.





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