Leben und Werk von Nikolaus Reinartz, |
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Die
Grabkreuze unserer Ahnen |
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Was geschieht mit den alten Grabkreuzen, den oft Jahrhunderte alten Gedenksteinen früherer Generationen unserer Toten? Vielfach liegen sie noch vom Gestrüpp des Wildwuchses überwuchert, irgendwo an einer Ecke der Friedhofsmauer herum, wenn ein gütiges Geschick sie davor bewahrt hat, nicht längst schon zum Kleinschlag geworden zu sein. Die Inschriften sind verwittert und unleserlich geworden, so nimmt auch keiner Interesse an ihnen und liegen sie unbeachtet da. Und doch tragen sie die Namen der jetzt lebenden Geschlechter. Einst wurden sie in Dankbarkeit den Eltern von den Kindern aus tiefem christlichen Empfinden heraus, oft in künstlerisch vollendeter Form, zum fürbittenden Gedächtnis errichtet, sollte es nicht eine Pflicht der Pietät sein für die Enkel, die in ihren Gütern sitzen und die Früchte ihres Fleißes und ihrer Sparsamkeit genießen, diese ehrwürdigen Denkmäler der Ahnen, meist die ältesten, die es noch gibt, zu hüten und zu pflegen! Diese Gedanken waren es, die den Heimatbund Kreuz-Weingarten bestimmten, sich der dort glücklicherweise noch zahlreich vorhandenen alten Grabkreuze anzunehmen, die Beschriftung zu erneuern und sie in eindrucksvoller Schau an der Friedhofsseite der Pfarrkirche zu gruppieren. Es ist eine stattliche Reihe von Gedenksteinen, die der zeitlichen Abfolge nach geordnet, beginnend mit den beiden ältesten von 1598 sich ein volles Jahrhundert von 1658/59 1758/59 fortsetzt. Überragend in der Mitte steht das älteste christliche Denkmal überhaupt, das die Pfarrkirche besitzt, eine mit dem Kreuz lang und breit bezeichnete romanische Grabplatte, die nach einstimmigem Urteil von Kunsthistorikern zwischen 1100 und 1200 datiert wird. Dieselbe kam, als 1922 beim Kirchenumbau auch die Mensa des Hochaltars erneuert wurde, zum Vorschein, allerdings in 14 Stücke gespalten, die vordem als Eckstücke des früheren Aufbaus gedient hatten. Es gelang jedoch, die Bruchstücke wieder zum Ganzen zu fügen, als eines ehrwürdigen Zeugen für das Alter des Gotteshauses, vielleicht dem Erbauer desselben einst gewidmet. Da die Beschriftung stark gelitten hatte, erfahren wir leider den Namen nicht, wie wir die Namen der ältesten bekannten Bewohner Wingardins aus dem IX. Jahrhundert, Huothilar und Tetgar, im Güteverzeichnis der Abtei Prüm erfahren haben. Zu beiden Seiten der Grabplatte schließen sich an zwei Grabkreuze aus unverwüstlichem schwarzem Basalt mit der Jahreszahl 1598. Sie tragen in der auch sonst bekundeten schlichten Ausführung der Zeit nur die Namen Lodwicus (Ludwig) und Girgen (= Girtgen, Gertrud) Suirborn (Sauerborn). Die beigefügte gleiche Hausmarke läßt vermuten, daß die beiden Eheleute waren. Nach einer langen Zwischenzeit von sechzig Jahren, in welche der Dreißigjährige Krieg einfällt, folgen ab 1658 1689 in gedrängter Reihe acht Grabsteine. Sie sind kunstvoll gefertigt, im zeitgenössischen Barockstil mit Voluten in den Zwickeln der Kreuze, meist zu Füßen derselben Totenkopf und Gebein oder ein anderes Symbol. Der ständig wiederkehrende Ausdruck christlicher Gebetshaltung lautet N.N. "in Gott entschlafen" und "D.S.G.G." = Der Seele Gottes Gnade oder auch "D.S.G.G.G.W." = Der Seele Gott Gnade geben wolle. Die Schrift zeigt meist lateinische Lettern, deutsche Schrift ist typisch verschnörkelt. Material wie auch bei den meisten folgenden verschieden getönter Sandstein. Wiederum folgt eine längere Pause von fast fünfzig Jahren von 1689 1735, die Zeit der für das Rheinland nicht weniger verheerenden Franzosenkriege unter Ludwig XIV., mit deren Nachwirkungen, welche nur durch zwei Grabkreuze vertreten ist, ein stark beschädigtes von 1702 und eines von 1709. Mehr Denkmäler sind uns wieder aus der Friedenszeit um die Mitte des 18. Jahrhunderts erhalten. Es ist eine andere strengere, auch nüchterne Formgestaltung wie die vorige. Die Kreuze sind gradlinig, ohne die früheren Wülste, aber meist ausgezeichnet durch plastische Darstellung des Gekreuzigten und der Schmerzensmutter. Die Formel lautet jetzt einfach "starb" und "R.I.P." (Requiescat in pace). Eins der letzten Denkmäler aus dunklem Schiefer erinnert in seiner einfachen Inschrift "Begräbnes N.N." wieder an die ältesten von 1598, anstatt der Hausmarke hier eine (Toten) = Sanduhr. |
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Alte Grabkreuze aus früheren Jahrhunderten an der Südseite der uralten Kreuzkirche. Den Bemühungen des rührigen Heimatbundes unter Leitung des Heimatforschers Pfarrers Nic. Reinartz, ist es gelungen, 18 Grabkreuze mit teilweiser Neubeschriftung vor dem völligen Zerfall zu retten und im Schatten des herrlichen Bergkirchleins anzulegen. (Fotos: Volksblatt) |
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Die Entzifferung und Erneuerung der jahrhundertealten, verwitterten, abgestoßenen; teilweise ganz ausgefallenen Beschriftung war nicht immer leicht. Dazu kam die altertümliche latinisierende Schreibweise, z. B. Feberuarius, 7bris für September, die Verschlingung und Anlehnung der Buchstaben. Zuweilen hat der Steinmetz sich verhauen, z. B. " veil" statt viel. Manchmal wurde der Grabstein eines Beerdigten später noch für einen nachverstorbenen Angehörigen benutzt und beschriftet. Auch wiederholt sich der Fall, daß jemand bereits bei Lebzeiten sich den Grabstein hatte verfertigen lassen, natürlich ohne Angabe des Todesdatums, die Anverwandten es dann unterließen, dasselbe nachzutragen. Trotz dieser Schwierigkeiten und der Eigenart der Aufgabe ist es gelungen, die Inschriften sämtlicher 18 Grabkreuze wiederherzustellen, ausgebrochene, jedoch gesicherte Stellen wurden gestrichelt und so kenntlich gemacht. Wesentliche Hilfe bei der Lesung und Entzifferung boten die bis Ende 1600 zurückgehenden Kirchen- und Schöffengerichtsbücher. Auch hat Malermeister Rousseau von hier durch gutes Einfühlungsvermögen in die alte Schreibweise und sorgfältige Ausführung sich um die Arbeit recht verdient gemacht. Einen nicht geringen Nutzen dürfte auch Familienkunde und Familienforschung von derselben haben. Bekanntlich sind Grabsteine, wo Kirchenbücher oder sonstige Quellen versagen, oft das einzige Mittel, um über den sogenannten "toten Punkt" hinwegzukommen. Darum seien die Namen der Familien angeführt, welche in den Inschriften vorkommen, nebst dem Todesjahr ihrer Mitglieder und etwaigen anderweitigen Familien zusammenhängen. I. Suirborn
(Sauerborn) Ludwig und Gertrud 1598. Ein Suirborn
ist um 1600 mit EIsgin Bosshamers verheiratet. . III. Münsters Maria 1658; Anna Catharina 1659. Niclas Munster von Lommersdorf und seine Ehefrau Barbara kaufen um 1600 das Rittergut der Schäfferei zu Rheder; als ihre Tochter Margarete 1637 stirbt, wird das Söhnchen des Dr. Antonius Munster, Johannes, mit demselben belehnt. Im Pfarregister 1681 genannt Tilmann Münster & Maria Faber (Fabri). IV.
Olligschleger Matthias 1672. Ein Hubert
Olligschleger ist 1679 mit Barbara Münster verehelicht. VI. Strang Margarete, Ehefrau von Hubert Schäffer. Bereits 1626 wird ein Bartholomeus Strang mit seiner Hausfrau Pauline in Weingarten genannt. VII. Schorn Heinrich 1689; Jakob 1689; Bernhard 1735 ; Wilhelm 1759, dessen Ehefrau Margareta Klein 1758. Als ältester Vertreter dieser in zahlreichen Gliedern genannten bedeutenden Familie erscheint um 1600 Jakob, der Lahm von Rheder, der 1629 eine Stiftung an der Pfarrkirche machte, auch wird von ihm gesagt, daß der "ehrenhafte Jakob Schorn ein unschuldiger Schöffen des Gerichts Arloff" gewesen. Als Schöffen des Hofgerichts Weingarten werden 1637 weiter genannt Kaspar und Neils Schorn. Letzterer ist wohl identisch mit Dionisius Schorn, der mit seiner Ehefrau Girtgen die Eltern des 1752 zu Weingarten geborenen Priesters J. Schorn waren. Die ältesten im Pfarregister 1679 verzeichneten Namensträger sind Hubert Schorn und Gertrud Schäffer; Fiedrich Schorn & Elis. Zimmermann; Bartholomeus Schorn & Katharina Breidenbenden. VIII. Finerhot (Fingerhut) Anna Maria 1637. Der alte Familienname beginnt im Pfarrregister 1682 mit Bernard Fingerhut und Katharina Schorns. IX. Glasers
Katharina 1667. XII. Fritz Dederich (Theodor) 1750. Von diesem stammt die heute noch blühende Familie Fritz, Fritzen ab. Theodor Frltz war Gerichtsschöffe in Arloff. |
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Es erübrigt sich eigentlich, zu bemerken, daß nur ein Rest ehemaliger Grabdenkmäler uns überkommen ist. So wußte der verstorbene Gymnasialdirektor Dr. Pohl, der aus hiesiger Pfarre stammte, von einer schönen Grabschrift zu erzählen: "Hier lieg ich und wart auf Dich, Du, der vorbeigeht, denk an mich!" Und der alte Küster Klein von einem Kreuz aus dem 30jährigen Krieg, auf dem man las : "N.N. von den Hessen grausam zu Tode gebracht." Aber auch der übriggebliebene Rest stellt noch eine "Ahnengalerie" der Gemeinde dar, die überraschende Einblicke in Familien-, Zeit- und Kulturgeschichte eröffnet. Möge man denn allenthalben sich bemühen, zumal in einer Zeit, wo so viele auch religiöse Kulturwerte durch den Krieg vernichtet wurden, die uns noch besonders auf dem Lande verbliebenen sorgsam zu sammeln und zu pflegen. Denn: "Rhumlich, christlich, auch köstlich ist daß man zu keiner Zeit vergißt, der alten, lieben Vorfahren die vor uns in dem Leben waren." (Coen Blankart 1561.) Rechts: Als Mittelpunkt der Grabkreuzreihe der wertvolle romanische Stein aus der Zeit um 1200, der sich jahrhundertelang als Grabplatte in dem alten Bergkirchlein befand. Er hatte rund 15 bis 16 Bruchstellen aufzuweisen. Links und rechts der Grabplatte, deren Beschriftung nicht mehr festgestellt werden konnte, zwei Grabkreuze aus dem Jahre 1598 der Eheleute LUDWIGS SUIRBORN (Sauerborn) und Ehefrau, geb. Girgen. Unter der Grabsteinbeschriftung das Symbol der Sanduhr. |
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Euskirchener Volksblatt, Nr. 256, 1.11.1951. |
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