Leben und Werk von Nikolaus Reinartz, |
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V. Weistum des Münstereifeler Kapitelhofes zu Weingarten |
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Vorbemerkung Dieses Weistum ist ein sogenanntes Hofesweistum, in welchem die Rechte und Verpflichtungen des dem Stiftskapitel zu Münstereifel gehörenden Herren- oder Frohnhofes zu Weingarten gegenüber den Hofesleuten, (das sind die mit den Gütern des Stiftes belehnten hofhörigen Leute) sowie der Gemeinde (Kirchspiel) gegenüber gewiesen werden. Zum Verständnis müssen wir auf die ältesten Nachrichten über Weingarten im Güterverzeichnis der Abtei Prüm von 893 zurückgehen unter Hinweis auf das bereits zum Weistum Arloff Bemerkte. Demzufolge besaß durch königliche Schenkung die Abtei bezw. das zur wirtschaftlichen und geistigen Kultivierung der Umgegend gegründete Neue Münster in der Eifel in Weingarten 10 Hofstätten 1) mit Weinberg, Wald, Wiesen und zwei Mühlen, welcher Besitz zu einem Frohnhofsverbande ausgebaut wurde, ein dem Mittelalter eigentümlicher Wirtschaftsorganismus, der unabhängig vom öffentlichen Gerichtsbann und der Gemeindeverfassung (Markgenossenschaft) für sich bestand. Ihren Ursprung hatte diese Organisation in der sogenannten Immunität, d. h. der Befreiung von der Gerichtsbarkeit des Gaugrafen, welche schon die fränkischen Könige den kirchlichen Stiftungen und deren Besitz in Würdigung des geistlichen Standes und zur Förderung der kulturellen Wirksamkeit der Kirche erteilt hatten. Diese Immunität führte dann zu einer eigenen Gerichtsbarkeit der Frohnhöfe, welche dieselben Formen wie die Schöffengerichte annahm. Deren Zuständigkeit erstreckte sich nicht allein über die ,dinglichen Verhandlungen, welche von den Kapitels Lehen und Hofgütern herkommen, sondern auch über persönliche Angelegenheiten, soviel deren zwischen ihren Lehens- und Hofsleuten wegen erschienenen Zinsen, Gefällen und Renten, auch dahin verursachten Schadens und schuldigen Nachstandes erwachsen möchten'. 2) Vielfach hatten diese Hofesgerichte auch weitere Befugnisse bei Vergehen krimineller Art, die mit Strafen an Leib und Leben geahndet wurden, wie ich solche in alter Zeit auch bei Weingarten annehmen möchte. Das geltende Hofesrecht ist in der hier erstmalig abgedruckten um 1600 anzusetzenden Originalurkunde im Staatsarchiv Düsseldorf, Akten des Stifts Münstereifel, Specialia Weingarten, enthalten. Ueber die zum Frohnhofsverband gehörenden Güter unterrichten uns das Lehnbuch des Stiftes im Münstereifeler Stadtarchiv, das Statutenbuch des Stiftes mit Rentverzeichnis aus der Mitte des 15. Jahrhunderts, endlich das 1601 von dem Hofesschultheiß Johann Boßhammer angelegte Protokollbuch des Hofgerichtes, beide im Staatsarchiv Düsseldorf. Der Kapitelshof selber, welcher nördlich von der Pfarrkirche am Bergabhang gelegen war, umfaßte 58 ½ Morgen Ackerland und Wiesen, welche gleich der Kapitelsmühle in Zeitpacht ausgetan wurden. 3) Die übrigen Lehngüter des Hofesverbandes in Weingarten, Rheder, Stotzheim. Kirspenich es werden unter andern genannt der Zillenhof, der Hof an der Bach, der neue Hof in Weingarten, der Hof zu Kirspenich, die Schäferei in Rheder, der Eldernhof in Stotzheim, ferner Güter, die in den Broicher- und in den Heuthauserhof gehörten, waren gegen mäßigen Zins in Erbpacht gegeben, mußten bei Todesfall allerdings die Kurmut entrichten, konnten aber auch wie volleigener Besitz zu Lebzeiten von den Lehnsträgern verkauft werden, wie das Protokollbuch im einzelnen ausweist. Satzungen und Verordnungen der Schöffen und Hofsgeschworenen in Weyngarden. Im Namen des Herrn. Amen! Das Weistum und Rügen des Schöffen und Hofgeschworenen zu Wyngarden auf des Kapitels Hof von Münster Eyffell daselbst und dessen Hofsgedingen 4) sollen im Jahr dreimal gehalten werden zum ersten des Montags nach dero Heiliger Dreyer Köning Tag, zum zweiten des zweiten Montags nach Ostern, zum dritten des ersten Montags nach Sankt Johanns Tag im Sommer. Auf denselben Gedingen sollen erscheinen die Schöffen 5) des Hofs sampt dem Hofsmann und sollen die Achten weisen wie hernach folgt, und so jemand davon ausbleiben würd, weist der Schöffe denselben bußfällig, als nämlich zum ersten achtenhalben Schilling und zum zweiten gleichfalls achtenhalben Schilling deren Klosterherren Schultheißen zur Zeit zu geben; zum dritten fünf Mark unserm Gnädigsten Herrn oder Ihrer Kurfürstlichen Gnaden Befehlshabern zur Zeit 6). Imfall aber jemand darüber ausbliebe soll desselbigen Lehengut dem Kapitel oder den Herren von Munster wiederum heim erfallen 7) sein. Die erste Acht. Zum ersten weist der Schöffe und Geschworene, daß ein Ehrwürdig Kapitel das Hochwürdig und Heylig Sakrament Nacht und Tag beleuchten soll; auch das Schiff (boytgum = Bauch oder Bottich) der Kirche gedeckt (dechich) haIten soll, der Pastor den Chor und die Nachbarn den Turm 8). Auch soll auf dem Hof gehalten werden zum Zuchtvieh (Zyllvehe) ein Fohlen (vaill) und ein Stier; und so der Stier mit der Nachbarn Vieh heim ginge, soll derselbige Nachbar schuldig sein, den Stier: unverletzt wiederum zu liefern auf den Hof, und imfall solches nicht geschähe und der Stier darüber zu Schaden ginge, soll derselbige Nachbar schuldig sein, den Stier zu bezahlen. Die zweite Acht. In der zweiten Acht weist der Schöffe dem Kapitel und Klosterherrn zu Munster einen freien Busch, nämlich die Pfaffenhardt 9); darauf soll der Hofsmann haben den faulen Stock und den dürren Zopf. Wer sich aber verginge 10), soll von der Herren geschworenen Schützen gepfändet werden, und derse!be soll die Pfande auf den Hof liefern, und sollen folgends von den Schöffen besichtigt werden; und was der Schöffe für Schaden geschehen zu sein erkennen wird, soll derselbe auszurichten schuldig sein. Auch in demselben Busch soll man dem Hofsmann an den neuen Notbau drei Hölzer 11) geben, jedoch nach dem mindesten und geringsten Schaden. Wofern jemand unempfänglicher Hand in der Herren Güter söße, der soll es empfangen und also mit in dritte Acht gehen. Die dritte Acht. In der dritten Acht weist der Schöffe obgenannten Klosterherren eine freie Mühle 12). Die soll nicht all so frei sein, und soll dem Hofsmann mahlen sechs Sümmer für ein Viertel. Das Viertel mag der Hofsmann auf die sechs Sümmer 13) messen, daß er die sechs Sümmer voll heimkriege. Wenn aber Sache wäre, daß der Hofsmann nicht sechs Sümmer hätte, so soll der Müller eine Schüssel haben, deren sechs auf ein Viertel gehen, und von jedem Sümmer dieselbige Schüssel einmal voll nehmen. Soll auch der Müller dem Hofsmann von jedem Sümmer fünf Viertel Mehls ungedeut heim liefern. Wenn das nicht geschähe, mag der Hofsmann Karre und Pferd antasten, und dem Pferd eine Scharze vorsetzen, so lange bis der Müller das Mehl darstellt 14). So aber ihm, dem Müller, bedeuchte, daß das Korn nicht so gut wäre, daß er soviel davon geben könnte, soll er zum Hofsmann sprechen, daß er mit in die Mühle gehe und selbst seines Korns acht nehme; auch wann dem Hofsmann deuchte, daß sein Korn besser wäre, mag er dergleichen tun. Und so der Hofsmann das Korn nicht auf seinem Söller hätte, ist der Müller schuldig, dasselbe eine Bannmeile 15) Wegs zu holen und um denselben Multer zu mahlen. So auch Sache wäre, daß ein Fremder auf der Mühle hätte, und ein Hofsmann mahlen wollt, und des wäre mehr denn ein Sümmer, soll man das abschöpfen und dem Hofsmann aufschöpfen, imfall der Müller und Fremder solches nicht vom Hofsmann erhalten und erbitten könnten, daß ihm der Vorgang vergönnt würde. Und wenn der Hofsmann auch Kornes Not hätte, so soll der Müller Seheten und Wann 16) darstellen und was sich dazu gehört, und der Hofsmann soll davon zwei Seheten kaufen und der Müller ein haben. Auch soll der Müller auf dem Hofsgeding erscheinen mit seinen Viertelen und Schüsseln und dieselben besichtigen lassen, ob sie recht sind. Sind sie recht, soll man sie recht lassen, ist das aber nicht, so soll man sie recht machen, damit dem Hofsmann sein Recht geschehe. Auch weist der Schöffe den Herren vom Kapitel einen freien Deich von dem Rad an bis in die alte Bach, soll sein Roden 17) weit, half naß, halb trocken. Und wann der Deich Fegens not hätte, soll der Müller den Unrat (Kommer) auf die halbe Rute werfen. Imfall daß der Deich oder Wehr abging 18), sollen die genannten Herren denselben auf ihre Kosten und Güter gewinnen. Weiters bittet der Scheffen, ob etwas vergessen wäre, soll er am nächsten einbringen. Den Scheffen aber gebührt von jedem Geding, so es gehalten wird, ein Viertel Weins 19). Weistum von Unbezahlung des Pachts. Zu wissen, wann die Herren oder ihre Kellner zur Zeit nicht bezahlt werden von ihrem Pacht, Weizen oder Hafer, so sollen genannte Herren oder ihre Kellner für den Weizen oder Hafer pfänden, an Gerätschaften (ahm gereidsten) auf ihren Gütern was sie finden. Wofern aber auf den Gütern soviel nicht erfunden würd, sollen die Güter beschlagnahmt (in ein verbodt oder kommer gelacht) werden, nämlich sechs Wochen und drei Tage, und so der Hofsmann binnen benannter Zeit nicht käme, sollen die Klosterherren die Güter nach sich nehmen ohne Widerspruch. Folgends so der Hofsmann binnen Jahr und Tag käme und brächte den Restant der Pacht samt Kosten und Schaden, alsdann sollen die Herren denselben wieder in sein Gut stehen lassen. Gleichfalls soll die Pacht auf Montag nach Dreizehntag 20) endlich geliefert werden. lmfall das nicht geschehe, spricht der Schöffe es wäre Unrecht 21). Von Vertätigung der Kurmut- oder Lehengütern. Wann der Hofsmann mit Tod abgeht, soll man auf den (Kapitels-) Hof bringen, was inwendig Jahr und Tag auf den Gütern Berg und Tal gewonnen 22) hat oder die Nachtrast auf den Gütern gehabt und vor Schultheiß und Schöffen die Tiere (Quicken!) auftreiben. Ferner wann der Scheffen bei seinem getanen Eide gemahnt wird, soll er den (Kloster-) Herren das beste Quick daraus zuerkennen und weisen und dasselbe, alles bei einem Eid, auf den Wert schätzen 23); davon soll der Schöffe haben ein Viertel Wein. Es wäre denn Sache, daß der Hofsmann sein Land um Lohn hätte winnen lassen, dann soll er einen silbernen Pflug zu geben schuldig sein ad funf Mark, alles auf Gnade der Herren 24). Und soll der Erbe den Klosterherren wieder in empfängliche Hand darstellen. Die Hofesgüter des vielgemelten Hofes sind diese. Zum ersten was dem Pastor Zehnten gilt ist Hofesgut; zum andern alles was Zehntfrei ist, sind auch derselbigen Güter, und was sonst die Herren weiteres in ihrem alten Gebrauch haben 25). Dieses Weistum haben wir von unsern Vorvätern bis anher also gehalten und gebraucht gesehen. Dessen und der Wahrheit zu Urkundt und damit alle diese Dinge in ihrem Bestand (in esse) und in gutem Behalt bleiben und niemand verkürzt werde, haben wir Schultheiß und Schöffen zur Zeit dieses Weistum mit unserm Schöffenamtssiegel besiegelt und bekräftigt. Aus dem Protokollbuch des Hofgerichts, angelegt von dem Hofschultheiß Johann Boßhammer 1601 fügen wir noch an: Behegung des Gerichts 26) So behege ich das Gericht im Namen und von wegen meiner ehrwürdigen Herren, des Kapitels zu Münster-Eyffel, und gebiete hiermit Bann und Frieden, Zucht und Ehre und verbiete Unzucht und weiter was ich von wegen meiner ehrwürdigen Herren zu gebieten und zu verbieten hab. Eid der Lehnsleute. Ich N. gelobe und schwöre zu Gott, meinem Lehenherren, einem ehrwürdigen Dechanten und Kapitel zu Münster-Eiffel treu und hold zu sein, ihr Bestes zu werben und ihr Aergst zu verhüten und nach meinem Vermögen zu wenden, daß ich auch und meine Erben so oft das Not gebührt das Hofsgericht gehalten wird, vorgehen, und vorstehen 27) und sonst tun und lassen (werde), was getreue Lehnleute ihrem Lehnherrn schuldig sind zu tun. Und was ich jetzunder allhie gelobe, soll ich fest und steht und unverbrüchlich halten, wie es einem frommen Lehnmann von Ehren gebuert, als mir Gott helfe und sein heiliges Evangelium. Eid der Schöffen. Ich N. gelobe und schwöre zu Gott, daß ich meinen Lehnherrn. als einen ehrwürdigen Dechant und Kapitel zu Münster-Eyffel, allhie in ihren Hofesgerechtigkeiten will treu und hold sein, ihr Hofesgericht, so oft es not ist auf Erfordern helfen besetzen, ein ehrwürdig Dechant und Kapitel bei ihrer Lehngerechtigkeit vermöge des Weistums wie auch die Lehnsträger soviel mir möglich helfen handhaben 28), die verfallenen Quicker meinem Vermögen nach helfen schätzen, alle gebührliche Gefolgnis einem Schultheißen und Boten leisten, weiter das tun und lassen, was ein geheuer Schöffe und Geschworener seinem Lehnherrn zu tun schuldig ist, so wahr als mir Gott hilft und sein heilig Wort. |
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Weiter zu: Herrlichkeit
Zievel (mit Lessenich, Rißdorf, Röttgerhof)
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Sonderheft Volksblatt-Verlag, A. Herbelsheimer & Co., K.G., Euskirchen 1940. |
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