Leben und Werk von Nikolaus Reinartz,
Pfarrer und Heimatforscher - Ein Projekt von Nikola-reinartz.de und Nikolaus-reinartz.de





Zwei Eifeler Bergweistümer des Jülicher Wildbanns Kall
und der Grafschaft Schleiden

Inhalt *)

Geschichte
I. Bergweistum im Jülicher Wildbann Kall in der Fassung vom Jahre 1622
Ia. Weistum der Geschworenen zu Kall
Ib. Anmerkungen 1
II. Bergweistum der Grafschaft Schleiden vom Jahre 1547
IIa. Bergweistumb Schleiden
IIb. Anmerkungen 2
Volkswirtschaftliche Betrachtung

Anmerkungen 1 zum Weistum im Jülicher Wildbann Kall

1) J. Hashagen, Zur Geschichte der Eisenindustrie vornehmlich in der nordwestlichen Eifel (Eifel-Festschrift zur 25jährigen Jubelfeier des Eifel-Vereins, 1913), S. 288.

2) N. Reinartz, Orts- und Flurnamenkunde vom südwestlichen Bleiberg (Annalen des Hist. Ver. f. d. Niederrhein 129, 1936), S. 51.

3) Th. J. Lacomblet, Urkundenbuch für die Geschichte des Niederrheins III, 1853, Nr. 1000.

4) J. Grimm, Weistümer II, 1840, S. 728.

5) Lacomblet III, Nr. 997. Über den zweifelhaften Wert dieser Belehnung vgl. H. Aubin, Die Entstehung der Landeshoheit nach niederrheinischen Quellen, 1920, S. 423. Übringens war der Forstbann des südlichen Zülpichgaues, der den Bleiberg einschloß, bereits 973 von Kaiser Otto II. der Kölner Kirche bestätigt worden.

6) Dreiborn kam durch die zugehörige Herrschaft Heistert und Dottel und Kalenberg an den Bleiberg.

7) Wilhem von Vlatten, 1425–1457, Staatsarchiv Düsseldorf, Dep. 15. F. Paket 56/5.

8) Staatsarchiv Düsseldorf, Dep. 15. F. Paket 56/5.

9) Staatsarchiv Düsseldorf, Reichsherrschaft Mechernich, Nr. 12.

10) Staatsarchiv Düsseldorf, Amt Hardt, Bergwerksachen, Nr. 2.

11) Nicht selten suchte Jülich sein Ansprüche mit Gewalt durchzusetzen. Als 1635 der kurkölnische Statthalter zur Hardt an der obersten Pochhütte bei Kalenberg auf Blankenheimer Gebiet eine Wage hatte bauen lassen, um das dort bearbeitete Kölner Erz zu verzehnten, erschien der Burggraf von Heimbach mit den Bergbeamten, um die kölnische Wage niederzureißen, wurde aber durch kaiserliches Militär daran gehindert. Nichtsdestoweniger führten die Jülicher ihre Absicht in einer der folgenden Nächte aus, jedoch wurde die zerstörte Wage von Köln wieder aufgerichtet. Staatsarchiv Düsseldorf, Dep. 15 F IV Nr. 30, Bd. 2 und Amt Heimbach, Burggräferei Rechnung 1635. Auf die Beschwerde des Bergwerksbesitzers Ludwig Hüttenjans, daß der Blankenheimer Schultheiß Werner Dahmen ihm zwei Bergwerke zerstört habe, erging auf den Bericht des Bergmeisters, daß es sich um Jülicher Gebiet handele, am 3. März 1706 der Befehl, den Schulheißen „beim Kopf zu nehmen und mit nötigen Schützen nachher Jülich hinliefern zu lassen“. Nach dem Klagebericht des Grafen war Dahmen dann am 3. März mit 18 Schützen aus seiner Behausung und dem Mittelpunkt der Grafschaft Blankenheim zwei Stunden vor Tag aufgehoben und gefänglich nach Jülich geführt worden. Der Schultheiß selber reichte am 20. März eine Bitte um Relaxation der Haft ein, wenn nötig unter Stellung von Kaution. Zur Absolvierung seines geleisteten Eides und Pflicht sei es anderster nicht zu verantworten gewesen, als solch unzulässig aufgenommene Bergwerke zu zerstören. Gegen eine Kaution von 300 Goldgulden, die der Bruder Werners, Heinrich Dahmen, der selber jülicher Schultheiß des Dingstuhls Kalenberg war, stellte, wurde er dann am 30. März aus der Haft entlassen, gleichzeitig aber bestimmt, daß Ludwig Hüttenjans wenn nötig mit gewaltiger Hand in der ruhigen Bearbeitung seines Bergwerks zu erhalten sei; Schadenvergütung wie die Erledigung der Rechtsfrage sollten bis zur erfolgten Prüfung hinausgeschoben werden. Da diese jedoch nach ungefähr einem Jahre nicht erfolgt war, sah Graf Georg sich veranlaßt, selber die Bürgschaft für seinen Schultheißen zu übernehmen. Staatarchiv Düsseldorf, a. a. O. Nr. 27, 22. Aus ähnlichem Anlaß war auch der frühere Bleibuirer Schultheiß, Werner Dahmen der Ältere, 1686 nach Jülich abgeführt worden.

12) Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 23, 1871, S. 175 und A. Tille, Übersicht über den Inhalt der kleineren Archive der Rheinprovinz I, 1899, S. 167.

13) L. Schmitz u. H. Zander, Bleibergwerke bei Mechernich und Kommern, 1882, S. 14.

14) Zeitschrift für Bergrecht 10, 1876, S. 344 ff.

15) Hochkaulen nördlich bei Keldenich gelegen; heute noch dort an der Dotteler Gemeindegrenze die Flurbezeichnung „An Hochkaulen“. Es ist das Gelände des sagenberühmten Keldenicher Tanzberges, wahrscheinlich dort auch der bereits 1494 in JBW I genannte, sonst unbekannte Kreuzberg; es wird in der Bergrechnung 1639 ein Bergwerk „am Tanzberger Kreuz“ genannt. Der Name erklärt sich infolge eines Bergeinsturzes in alter Zeit, der von dem Volksmund als ein Gottesgericht wegen des sündhaften Übermutes der Bergleute ausgedeutet wurde. In den Dreiborner Hüttenrechnungen – v. Harffsches Archiv zu Gemünd I, 54 – findet sich 1548 zuerst der „Danzberger (Eisen)-stein“ erwähnt. 1574 wird im ältesten Kirchenbuch des Keldenicher Pfarrarchivs erstmalig die noch heute am Christi Himmelfahrtstage stattfindende Prozession, bei der an der Unglücksstätte für die Verstorbenen gebetet wird, genannt: „... da die paffen uff den dansberch waren“. Andere in den Jülicher Bergrechnungen genannte alte Bergwerke sind der Schließenberg bei Dottel, Klingelpütz bei Bleibuir, Raffelleyen oder Vymenberg und der Heidelberg im Gericht Weyer, Flug, Kohlhau, Silberpütz und Feigenberg im Gericht Lorbach.

16) Wörtlich in sämtlichen Vorlagen: „... Hoheit gelegen, antreffendt die Wiltbank binnen der Banmeilenwegs, mit namen die Banmeilenwegs“ – ein Beispiel für den vielfach verkropften Text des Weistums.

17) Wage und Hütte in Kall lagen auf dem heutigen Bahnhofsgelände.

18) Auf dem Berge oder dem Wege dahin durfte kein Bergmann wegen irgend welcher Schuld behelligt oder gepfändet (gekummert) werden, abgesehen von Verschuldungen „aus dem Bergwerk fließend oder daraus erwachsen“. Über diese Bergfreiheit heißt es in JBO I: „Als die Bergknechte aus in seine Arbeit mit seinem Sack oder anderem Gezeuch gehen wurdt, mag er strak unverhindert kommen, frei auf den Berg in seine Arbeit gehen und wann er weiter von seiner Arbeit heimgehet, soll er die vorige Freiheit haben. Und ob er auf dem Wege ein Gelag halten wollte oder in ein Gelag käme, soll er wie vorhin die Freiheit haben; und wenn er das erste Gelag gerechnet hat und darnach ein neues anfängt, in demselben hat er keine Freiheit, und damit hat er die vorige Freiheit gebrochen. Diese Freiheit haben auch die Vorleger und Reittmeiter (Hüttenmeister) mit Pferd und Wagen und Knecht, alles ausbehalten, was Bergsachen betrifft, dafür haben sie keine Freiheit vor kummern des Bergrechts. Und wann jemand einen kummern wollt aus Bergsachen halber, das soll er tun mit dem Bergmeister, mit einem Geschworenen oder Bergbot und anders nicht. Dieser Freiheit soll keiner befehligt oder gefreihet sein, der wider meinen gnädigen Herrn und Landesfürsten getan hat.“

19) Die Besitzergreifung von Grund und Boden zur Anlage eines Bergwerks geschah durch Einschlagung eines Pfahles (Packen, Paggen), um den ein Reifen gelegt wurde. – KBW Nr. 3; JBW I, 5; JBW Ia 3, 4 –. Auch die Bergschächte wurden mit Reifen und Reisig ausgezimmert.

20) Erlaubnis.

21) Inhaber eines Bergwerkes.

22) Das ist: die Gebühren entrichten.

23) als wenn.

24) JBW I und JBO I geben vier Lachter und zwei Fuß, JBW Ia: 4 Lachter und 3 Fuß; ein Lachter ist ca. zwei Meter. Zum Abteufen eines Schachtes konnte man also eine Runde von 16 Meter Durchmesser benutzen.

25) Sofern sie niemand abwinnt.

26) Dem Besitzergreifen eines Arbeitsfeldes mußte die Aufnahme der Arbeit innerhalb vier Tagen folgen. Zum Verständnis der näheren Bestimmungen sei auf Nr. XV verwiesen. Deutlicher noch im KBW Nr. 4: „Wann der Bergmann seinen Reif gelegt hat, mag er den ersten Tag gehen um einen Verleger, der ihm Geld und Gut auf sein Bleiwerk tut. Wann er den gefunden hat, und dem sein Bleiwerk vor den Geschworenen versetzt hat, mag er den zweiten Tag gehn“ usw. Abweichend von JBW II das JBW I, 3: „... soll gehen einen Tag um Brot, den andern Tag um sein Werkzeug (gezauwe), den dritten Tag um seines Werks Not, und den vierten Tag soll er kommen und vor Mittag seinen Reif auswerfen“. Nach JBW II soll dies „Lachter“, also ca. zwei Meter „tief“ sein und auch das Geschränk – Forken d. i. Gabeln – zum Hinunterlassen bereits stehen. JBW II, b, c, d lesen: „mit Bäumen, Stöcken, Leitern tief“. JBO I hat noch: „Wenn solches nicht also geschehe, so mag der Herr kommen mit zwei Geschworenen und werfen die Packen nieder und belehnen andere damit, auf daß der Berg nicht geschlossen sei; und der den Packen geschlagen hat und denselben nicht bewirkt, der hat meinem gnädigen Herrn verbrochen fünf Mark“.

27) Die beiden Abschnitte über das Ausscheiden eines Teilnehmers aus einer Gewerkschaft und über Verkauf eines Bergwerks fehlen bei JBW I. Es war die Regel, daß mehrere Teilhaber (Gewerken) sich zu einer Betriebsgesellschaft zusammentaten – JBO II, 14 und 15 –, ja die Schleidener Bergordnung besagt, ein Bann könne des Bergs allein nicht gebrauchen. Wollte also ein Gewerke nicht mehr mittun, so bedurfte es eines dreimaligen Antrages durch den Bergmeister; er mußte inzwischen aber weiter arbeiten. Alsdann konnte er ein Angebot auf das Werk und das gewonnene Blei machen (schätzen). Es stand dann in der Wahl des Mitteilhabers, entweder den gebotenen Preis für den Besitz oder den Besitz zu dem gebotenen Preis an sich zu nehmen. Vgl. KBO VIII, 15 und KBW Nr. 14. Der Verleger, der den Vorschuß getan hatte, mußte ebenfalls vom Bergmeister gegen die Gebühren in Kenntnis gesetzt werden. Dabei mußte der Ausscheidende eine oder zwei Flaschen Wein zum Besten geben. Vgl. Anm. 28.

28) Der Sinn ist wohl: Der Verkäufer eines Bergwerks hat kein Anrecht mehr auf den Absatz der dort noch vorhandenen Erze, es sei denn gegen Rückzahlung und Reukauf innerhalb zweier Jahren. Der Reukauf war in Wein festgesetzt – ein Quart = 1 1/7 Liter – konnte jedoch wohl auch wie sonst abgegolten werden: „trockener“ Weinkauf. – Beim Verkauf bereits gewonnenen Erzes hatten Verleger und Gesellen das Vorkaufsrecht, mußten dieses jedoch bereits am nächstfolgenden Werktag ausüben; JBW IIa hat statt bezahlen „beschüdden“ = den Rechtsanspruch erheben. „Hauptmann“ = Bürge, wohl meist der Verleger: einen solchen mußten nicht ortsansässige Gewerken überhaupt für ihre Verbindlichkeiten stellen – KBO VIII, 3 und 4 –. Über den Weinkauf in natura heißt es in KBW Nr. 7: Item, wenn die Bergmänner Weinkauf machen, mögen sie ungekummert und ungehelligt in Freiheit des Berges trinken und dann noch, wann der Weinkauf getrunken, ein Hälfchen – ½ Liter – darnach in derselben Freiheit trinken und darüber nicht.

29) „Die Leine soll halten vier Lachter und zwei Fuß und dieselbe Leine soll man in den Reif an einen Pfahl halten und ringsgangs ummessen, damit soll der Bergmann sich genügen lassen“ – JBW I, 5 – Eine doppelte Leine zugemessen erhielt der, welcher zuerst ein neues Grubenfeld aufmachte, auch ein Stollentreiber zu beiden Seiten seines Stollens; JBW I, 8 und JBO Nr. 5.

30) Wäschen oder Sümpfe dienten dem Auswaschen der Bleierze (Knotten) aus dem Knottensandstein. Eine Bleiwäsche gab es zu Kall nach dem Dreiborner Schatzbuch zu schließen, gegenüber der Fels. Sie war in privatem Besitz, darum Erbwäsche genannt. Der „Erbmann“ mußte sie im Stand halten mit Seitendill und allem zugehörigem Bau. Dafür erhielt er von demjenigen, der sein Bleigut ausgereidet und mit Holzschüppe und Kissel – einem an einem kurzen Stil befestigten Brette – zu Hauf gestrichen hatte, das Geriß und den Abstrich. Wenn ihm dies aber zu „schnöde“ dünkte und er es nicht annahm, hatte der Bergmann für jeden angelieferten Karren – der Bergkarren war auf ein bestimmtes Maß geeicht – einen Pfennig zu entrichten. Ein Weißpfennig oder Albus, eine kleine Silbermünze, hatte 24 gewöhnliche Pfenige. In Kommern entrichtete man an einem Sumpfplatz vier, an einem Bachplatz zwei Albus KBW Nr. 8. Von der Erzwäsche der Kaller Kirchenhütte, die unweit des jetzigen Bahnhofs längst des Urftbachtes auf Keldenicher Gebiet lag, wurde 1721 von 80 Karren eine Karre, 1737 von einer Karre Eisenstein ein Albus an Abgabe entrichtet; vgl. P. Schmitz, Geschichte der Pfarre Kall, 1928, S. 73 f. Die Wäsche wird frei genannt, weil die Bergfreiheit gleich dem Berge für sie galt, wie auch für die noch zu erwähnenden Plätze, Hütte und Wage. JBW I 13–16.

31) Diese Plätze sind die „Roystepletze“ – JBW I,17 und 20 – an denen nach der ältern Methode der Bleigewinnung die Konglomerate des Wackendeckels der Knottensandsteinflöze ausgeröstet wurden, an deren Stelle, wie man meistens annimmt, gegen Ende des 15. Jahrhunderts die Bearbeitung durch Ausschlemmen und Naßpochen trat. Vgl. H. Roggendorf, Mechernich, Altes und neues zur Heimat- und Pfarrgeschichte, 1929, S. 46. Zur Zeit der Abfassung von JBW I scheint die alte Methode noch in Übung, dagegen im jüngern Weistum nicht mehr.

32) Wenn ein Bergwerk (Kaule) nicht mehr betrieben wurde, „ins wüste fiel“, „vergänglich wurde“, konnte nach bestimmter Zeit ein anderer es zu neuen Versuchen muten.

33) Die Schmelzöfen wurden mit Holzkohle beschickt, die in den Kohlenmeilern der Eifeler Wälder, vornehmlich dem Kermeter, gewonnen wurde; vgl. den Kohlweg in der Gemeinde Bleibuir. Auch der Köhler durfte auf seiner Fahrt zur Hütte nicht „gehellicht off gepant“ werden wegen der Bergfreiheit. – Wann = Getreideschwinge, Kaufmannsgut = marktfähige Ware.– JBW I, 19 bestimmt: Wenn der Köhler die Kohlen schüttet, hat er 24 Wannen, wenn er sie übermessen soll, muß der Bergmann sich mit 20 Wannen genügen lassen.

34) JBW IIa liest: nicht die mindesten, auch nicht die meisten. JBW I fügt bei: die mittelsten soll man nehmen und damit messen. Klarer hat KBW Nr. 10: in den nächsten drei Scheunen soll man einen Wann hohlen, den nicht von den meisten, auch nicht von den kleinsten.

35) Ähnlich umständlich sollte mit dem Messen selber verfahren werden, wohl zu dem Zwecke, daß die Ablieferung nach Wagen bevorzugt werde. Vorn unter den Wann soll der Geschworene einen Bund Stroh legen, „den er zwischen den Händen halten kann“. – JBW I hat: „ein Begriff Schauffs“, KBW: „ein Schaufgen“ – „und man soll dann einen Rechen nehmen, und die Kohlen damit in den Wann scheeren, und nicht mit den Händen auflegen, und wann der Wann voll ist, und er dann aufhebt, und von der Stelle trägt, und zweieinhalb Fuß von der Stelle ist, was dazwischen abfällt, das ist des Köhlers und soll er mitgeliefert haben“ – JBW I, 19. Selbstverständlich bezog der Geschworene auch seine Gebühren „um das Recht“.

36) Platz an der Hütte = Lagerplatz, oben Nr. IX „Freiheit“ genannt.

37) „Von der Hütten Arbeit“ handelt ausführlich KBO IX, 6–25.

38) JBW I, 21 hat „Staechleye klein und groß“; JBW IIa hat Staigelen“.

39) „Aufsatz“ = Hochofen. Als Zubehör der Schmelzhütte werden JBW I 21 weiter angeführt: Schüppe, Kissel, vgl. oben Anm. 30, „Kroiff (Krätzer) damit man dat Lait (Lett, erzhaltiger Schlamm) spoelt“, ferner „eynen beren (Bahre), eynen isser kyssel, damit man den Herd abzieht“.

40) Das Hüttenrad, welches die Blasbälge der Schmelzöfen antrieb. JBW I, 21: „Tag und Nacht eine Mark“.

41) Sinn: den Ofen zum Schmelzen fertig gemacht hat durch Aufgeben der Erze, vermischt mit Kohlen und Eisenfrischschlacke.

42) Die dunkle Stelle wird erläutert durch die Bestimmung JBW I, 20: Wer zuerst zur Hütte gekommen ist, aber nicht zu schmelzen beginnt, soll dem Nachkommenden den Herd lassen „so was der Schmelzer sagt, daß der Herd wert sei“. Hier wird die bereits in Anm. 27 genannte Methode des „Schätzens“ angewandt; jedoch darf die zur Wahl gestellte Forderung nicht höher sein als fünf Viertel Blei, d. h. eine Zugabe von einem Viertel des gewonnenen Blei als Ersatz für die aufgewandten Zutaten. KBW Nr. 14 gestattet eine Schätzung nur vor der Reidung oder Winnung, hat dagegen folgende Bestimmung: Wenn das Blei gereidet und gewogen, und der Fall gäbe, daß „zwei auf einem Stück wären“ – den Ofen gemeinsam beschickt hätten – solle der Meistberechtigte die Macht haben, das Stück zu laden und den andern auf gleiches gutes Blei anweisen; falls er aber das ihm zugewiesene nicht gebrauchen könne, solle der Mindere die Macht haben, den größeren Teil mit Erlaubnis des Berggerichtes nach sich zu nehmen, zu verkaufen und dem andern zu bezahlen, was zu der Zeit zu Köln Kauf und Lauf sei.

43) Die Bergrechnungen des Wildbanns Kall im Düsseldorfer Staatsarchiv geben eine Übersicht über den jährlichen Ertrag des Jülicher Bergzehnten und damit auch der Blei- und Eisensteinproduktion im dortigen Bezirke. Dabei ist zu beachten, daß von 1568–1595 der Bleizehnte statt ein Zwanzigstel ein Fünfzehntel der Produktion betrug und vom Eisenstein die zehnte Karre abgeliefert wurde. Es wurden im 16. und 17. Jahrh. durchschnittlich jährlich 4000 bis 6000 Zentner Blei und bis 1500 Karren Eisenstein, die Karre 1684 zu 12 Sümmer Dürener Maß gerechnet, gewonnen. Gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges 1642 wurde „wegen des hessisch-weimarischen Kriegsvolkes, deren Plünderung, Raubens, Hüttenverderbnis, Bälgezerschneidung“ kein Blei geschmolzen noch gemacht. Langsam stieg dann die Produktion wieder an, besonders als Matthias Peuchen und Konsorten 1723 die Konzession zur Errichtung des Kaller Stollens erhielten. 1492 berichteten die Berggeschworenen zu Kall: „Von Stollen zu treiben oder anderer Kunst, damit man das Wasser mit schweren Kosten möcht verwalten und ausführen, sei bei ihnen nie mit Recht ersucht noch auch gehört, das mit Recht darum gefragt sei. Doch sprechen ihrer einesteils, sie hätten in ihrem Leben ein Roßwerk bei Kall in der Goldkaulen stehen und gehen gesehen, da mußten die nahebei geschlagenen mitbeilegen“ – wohl eine primitive Anlage zur Knottenzerkleinerung, sogenannte „Eselshütte“. Als dann aber die Stollenkonzessionäre den Gang in die Tiefe der reichen Bleierzlager des Tanzberges vortrieben und 1746 einen Flügelort zu dem Eisenstein der Keldenicher Heide anlegten, brachten diese allein in den Jahren 1746–1760 an Zehnten 5000 Reichstaler ein. Die Bleipreise schwankten außerordentlich, 1634 wurde ein Zentner Bleierz mit 4–5 ½ Gulden, 1638 nur mit 2–3 Gulden bezahlt; der Zentner Tafel- oder Blockblei kostete 1630 10 ½ Gulden, die Karre Eisenstein 1639 2 Gulden. Bergmeister und Punder (Wiegemeister) hatten als fürstliche Beamte Amtskleidung, Rock und Kogel (Kragen), für die ihnen alljährlich auf Maiabend 10 Mark ausgezahlt wurden; beider Gehalt war aber nicht gerade ein fürstliches; der Bergmeister erhielt acht, der Wiegemeister drei Malter Frucht ausgemessen, wozu allerdings die Sporteln kamen. Die des Punders kann man aus den obigen Angaben und der Bestimmung des Weistums ungefähr berechnen, wenn man für den Zentner geschmolzenen Blei einen Albus (Weißpfennig) ansetzt = 1/6 Mark = 1/24 Kölner Gulden. Nebenerwerb, auch im Bergbetrieb, war darum für die Beamten gestattet, auch erforderlich; gleichwohl legte 1611 der Wiegemeister Konrad Rahm, nebenher Feldscher und Barbier, sein fürstliches Ämtchen nieder, weil er davon nicht leben könne.

44) Für Bergleute, denen Kall nicht gelegen war, hatten die Jülicher an Haus Rath bei Strempt eine Nebenstelle eingerichtet. Wer dort schmelzen oder wiegen wollte, mußte jedoch Gewicht und Wiegemeister von Kall holen und diesem doppelte Gebühr entrichten. Auch mußte, was zu Rath gebrüchtet worden, zu Kall unter der Wage gerichtet werden. So JBW I, 25.

45) Zu den Freiheiten des Bergmannes gehörte, daß er das zum Bergbau nötige Holz ohne Unterschied aus dem zum Schlosse Heimbach gehörenden Kermeter – Hellenthal ist der alte Name für das heutige Anstois im Urfttal bei Kall – holen durfte, ungehindert von den Lehnsinhabern einzelne Buschparzellen oder auch den herrschaftlichen Förstern. Originell ist die formale Anerkennung der Forstgesetze, deren Übertretung sonst mit den schwersten Strafen geahndet wurde; das Hauen gilt als ein Anrufen des Försters, Binden und Laden als ein Warten auf denselben, Weggehen als ein Freilassen. Der Text bei JBW II, besonders bei II b, c, d, e geändert und verderbt; ursprünglich heißt es bei JBW 1, 29: „... ruft er, und wenn er bindet, „beyt“ = wartet er, und wenn er 2 ½ Fuß von der Stelle ist, so soll ihn niemand pfänden. Und ob der Förster käme und fände den Bergmann hauen oder laden, soll der Bergmann dem Förster als Pfand zwei Albus geben und damit soll er unbekümmert heimfahren, und würde er dabei behelligt, „der bräche unseres gnädigen lieben Herrn Freiheit“. JBO I hat nur: „... Was der Bergmann vom Gehölts in seinen Packen kriegen kann, dessen soll er gefreiet sein ohne einige Gefahr oder Entgeldnis“. Auch hat die Bergrechnung 1635 die Notiz: „Daß das Kupferbergwerk ganz in Untergang kommen, giebt sonderlich die Ursache, daß der Bergbau, als Reifen und darzu nötige, gehörige Holz dem alten Herkommen nach (nicht mehr geliefert, sondern) den armen Bergleuten vorenthalten wird“.

46) „Wenn der Berg an einigen andern Enden ausbräche in ein neues Feld und dann einer käme und wollt „aventuiren“ – so JBW I, 7 – dann sollte der Bergmeister ihm ein beliebiges Stück, auch Nutz- und Fruchtland, nur nicht in der Umhegung eines Dorfes, auf einer Wohnstätte, oder einer Königsstraße (Heerstraße) gegen Entrichtung der Gebühren (um dat Recht) zum Schürfen freigeben. Wurde er findig, so daß er den Zehnten – JBW I: drei Pfund – geben konnte, brauchte er dem Eigentümer keine Entschädigung zu geben. Jedoch hat JBO I den Zusatz: „Dieser Punkt ist aus gutem Bedacht armen Leuten ziemlich zu verrichten und mit ihnen zu vergleichen“. Hatte der Muter aber kein Glück, so mußte er nach JBW I, 9 dem Geschädigten „richtonge“ tun so weit und breit gleich der Frucht, die daneben gestanden, die Kaul einziehen und gleich machen – JBW I a hat noch: „Ferner soll keiner Bergwerk einschlagen auf Stollplätzen ... auf freier Straßen und gemeinen Wegen, noch auf keiner geweihten Platzen“. Die Kaller Stollengewerkgewerkschaft *) erhielt jedoch 1723 die Erlaubnis auch in dem „Elderich, Einsiedel (!) und Königsweg einzuschlagen“.

47) JBW I, 30–35 handelt eingehender von dem Aufgebot der Bergleute in Kriegszeiten zur Unterminierung der feindlichen Festen. „... die sollen von der Stunde an des Bergmeisters Gebot gehorsam sein und zu Kall unter die Wage folgen, ob ein Mann alt wäre, der nicht gehen könnte, die sollen auf die (Heer)wagen sitzen“. Statt „den Bergmann liefern“ hat JBW IIa: „dem Bergmann liefern“, JWB I „Lieferungen tun gleich Ritter und Knecht“. Dann soll unser Herr den Bergleuten vor den Schlössern und Städten Schirmung tun, damit sie nicht „versuympt“ werden über dem Graben. Falls ein ausländischer Bergmann – s. unten Nr. X – dem Aufgebot nicht folgte, ebenso, wenn ein Bergmann ohne Urlaub des Bergmeisters aus dem Heer ginge und aufbräche, solle sein Gut in der Bergfreiheit zugunsten des Herrn beschlagnahmt werden.

Die Bergfreiheit schloß auch die Befreiung von Jagd-, Wacht- und andern Frondienstern ein. Als im 17. Jahrhundert der Münstereifeler Amtmann Frhr. v. Goldstein († 1687) die Keldenicher Bergleute gewaltsam durch ein Einlager von drei Dragonern in den Ort zum Furagieren, Pionierdienst, insbesondere auch zum Dienst auf dem Schlosse Münstereifel heranholen wollte, führten diese Beschwerde bei der Düsseldorfer Regierung unter Berufung darauf, daß die beständig zu mehreren im Bergwerksbetrieb in Anspruch genommen seien, aber auch im Falle eines Aufgebots, während die andern ruhig zu Hause sitzen könnten, zur Untergrabung und Zerstörung der Festungen heraus müßten, wie dies bei Syburg und Landskron geschehen. Dagegen wies der Amtmann klagend darauf hin, daß durch das Bergwerk 220 Morgen und mehr in der Honschaft Keldenich unwinnbar geworden seien und die übrigen Untertanen allein nicht die Dienstlast tragen könnten. Gleichwohl fanden die Bergleute Gehör, und mußte der Amtmann seine Anordnung zurücknehmen, allerdings mit der Maßgabe, daß diejenigen, welche neben dem Bergwerk noch ein Erbe besaßen, einen Ersatzmann stellen mußten. (Düsseldorf Staatsarchiv Dep 15 F 30, 17.)

48) Über den Verleger, auch Vorleger genannt, der dem Muter eines Bergwerks Betriebsvorschüsse gab, s. Anm. 26. Konnte der Bergmann mit seinem Kreditgeber nicht einig werden, galten die folgenden Bestimmungen, deren direkter Zweck die Ermöglichung des Bergbaues auch für den mittellosen, zugezogenen Arbeiter war, während indirekt dadurch die Förderung des landesherrlichen Zehnten angestrebt wurde. Bei der Bestimmung des Monatsgeldes ist der Nachdruck nicht auf fünf Mark zu legen, sondern auf den Zusatz „solch Gelds, da man Wein und Brod umbkauft“ – JBW II –, lag ja der Mark im Mittelalter zu jeder Zeit und fast an jedem Ort ein anderer Wert zu Grunde. Ein Existenzminimum, wozu auch Wein gehörte, sollte auf jeden Fall gesichert bleiben. „Wolf“ in der Bergmanssprache = Meißel.

49) Hatte der Bergmann den Zehnten bezahlt, konnte er mit seinem Gewinn ziehen, wohin er wollte, nach allen vier Himmelsrichtungen, vorbehalten jedoch drei Verbindlichkeiten. Erstens nachweisliche Betriebsunkosten (JBW I 24 hat sinnwidrig „keiner Kost“); nach KBW Nr. 9 gehören dahin vor allem Schmied, Kerzen, Schanzen und Kohlen. Zweitens Pacht: „Wenn der Bergmann andern Bleistoff für die Reidung auf Pacht beigekauft (wohl gegen spätere Rückgabe) soll die Pacht auch zuvor aus dem Gut bezahlt werden“. Drittens unter „uptracht“ ist wohl die Hypothek zu verstehen, die der Verleger auf den Gewinn hatte. – Hier wird besonders der Köhler hervorgehoben, den man gleich dem Herrn befriedigen soll. Geschah dies nicht, konnte der Bergmeister ihm Anweisung geben, das Blei wie der Bergmann zum Verkauf bringen. Jedoch wurde der Verkauf erst nach acht Tagen perfekt. Hatte der Schuldner nach Ablauf dieser Frist das Geld nicht gebracht, sollte der Bergmeister ihm die Gewalt über sein Gut, soweit als es Recht sei, entziehen und ihn eine Strafe (Wettgeld; JBW II c hat Wechselgeld!) von fünf Schilling nehmen.

50) Die übrigen Abschriften von JBW II haben den Zusatz: ...Seeländer oder Holländer oder ein Ausländiger. Flurnamen und Ortsnamen am Bleiberge weisen auf die Einwanderung von Wallonen im 12. und 13. Jahrhundert zum Eifeler Bergbau hin; vgl. Reinartz, S. 60 f.

51) Über Kupfergewinnung am Bleiberg s. Anm. 45. In der Bergrechnung 1622 heißt es: „Wilhelm Scholer“ – ein Vorfahre der bekannten Eifeler Industriellen Schöller –, „welcher das neue Erz vom Koffer erst an den Tag gesucht ...“, 1632: „aus verworfenen Schlacken Kupfer geschmolzen ...“ Der Ertrag blieb jedoch unbedeutend.

52) Heimbach, bereits 1016 als uneinnehmbare Feste geltend, später Stammburg des jüngeren Jülicher Grafengeschlechtes, hat nachmals viel von seiner alten Herrlichkeit an Nideggen abgeben müssen. Die Verwaltung des fürstlichen Bergregals im Wildbann Kall ist ihm jedoch erhalten geblieben; der Bergmeister mußte alljährlich dem Burggrafen von Heimbach Rechenschaft legen. Diese von 1500 an erhaltenen Bergrechnungen (im Staatsarchiv Düsseldorf) sind eine wichtige Quelle auch für die Familienforschung am Bleiberge.

*) Anmerkung Nikola Reinartz.de = Stollengewerkgewerkschaft im Original.





II. Bergweistum der Grafschaft Schleiden vom Jahre 1547









Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein, Heft 151/152, 1952, S. 350–370.
*) Gliederung Nikola-Reinartz.de


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