Leben und Werk von Nikolaus Reinartz,
Pfarrer und Heimatforscher - Ein Projekt von Nikola-reinartz.de und Nikolaus-reinartz.de





Orts- und Flurnamenkunde vom südwestlichen Bleiberg.
Ein Beitrag zur Siedlungs- und Territorialgeschichte des südlichen Zülpichgaues.

Von Nikolaus Reinartz.


Inhalt *)

Geschichte
I. Ortsnamen und Siedlung
II. Wasser- und Landstraßen
III. Landeshoheit und territoriale Gestaltung
Quellennachweise
Anmerkungen

II. Wasser- und Landstraßen

Das Gelände von Wallenthal-Bleibuir ist Wasserscheide zwischen Urft (Rur) und Maas einerseits, anderseits Erft und Rhein. Zur Urft – 973 Urdefa 50) – führen jedoch heut nur mehr Trockentäler, der Dörbach – 1661 Dürrenbach – und der 1570 noch genannte Pollenbach – Pollen, vgl. Flurnamen der Bergbuir "der Boll" = rundlicher Hügel. Dagegen fließen vom Osthang des Kermeters – 1394 Kermecher Wald 51) – aus reichem Quellgrund Bächlein zur Erft, die sich bei Glehn – Flurname "rote Erde" – zum Rotbach – mittelalterlich "Rubio" 52) – vereinigen, der später auch den bereits genannten Bleibach mit dem Kellenbach aufnimmt. Einer der Quellbäche, der Schoßbach, wurde gleichfalls schon erwähnt; die andern sind der Eselsbach – an demselben die Flur "auf dem Esel", 53) ein langgestreckter Bergrücken, wo die Herrschaftsgrenze einen scharfen Knick macht –, der Schliebach, wohl nicht wie die Flurnamen "an der Schlieheck" oder "an der Schleykaule" (1694) von den Schlehen, sondern von den Schleien, einer Fischart, benannt, endlich der Queybach – 1512 Queckenbach, also damals bereits verunkrautet, heute ganz versiegt. Nicht nur Bachläufe, sondern auch eine Menge stehener Gewässer sind zum Teil infolge fortscheitender Rodung und Kulitvierung, nachweisbar aber auch durch den Bergbau und die Ableitung der Stollengewässer heute verschwunden. 54)

Zwei wichtige Straßenzüge alter Zeit gehen durch unsern Bezirk von Südost nach Nordwest und von Südwest nach Nordost. Der erste ist die "hohe Landstraße, so von Keldenich uff Deuren geht" (1577). Gemäß dem Weistum des Tales Heimbach 55) führte diese "hohe straß, so nach Keldenich leitet, von der Wallbach – heute Walbich – bis zu Tüttlingen vor dem Hof, bis zu Voissell ahn die Eich des untersten Dorfs".

Ihre Bedeutung erhellt aus dem Flurnamen vor Vossel "an der Reuterstraße", während die weitere Bezeichnung "an der Heerstraße" sich erst im jetzigen Kataster findet. Nachdem sie eine 1605 als "Dürenerstraße" bezeichnete Abzweigung gen Heistert und Kall entsandt hat, folgt sie der Wasserscheide, von der Schlackendecke heute "schwarzer Weg", 1605 aber wieder "Rittstraße" genannt, über Keldenich nach Münstereifel: eine Reitende-Post-Straße am Höhenrande der Eifel nach dieser entlegensten Jülicher Mithauptstadt. Auf dem Düttling wird sie gekreuzt von der vorhin erwähnten alten Römerstraße von Köln nach Reims = via, que dirigitur a Dudillinege usque ad pontem 56) (1213). Daß dieser pons der im Forstbann der Kölner Erzbischöfe von 973 57) genannte pons Wichmanni ist, kann nicht fraglich sein; ich möchte die Brücke allerdings etwas näher beim predium Malisbenet – Malsbenden – unterhalb Gemünd suchen. 58)

Die Reitstraße wird auf der Wallenthaler Höhe – früher "am (Heisterter) Gericht" überquert von der "Landstraße, so von Kall herab uff Zulch und fört herab uff Collen geht" (1577). An Hand der Flurnamen und Urkunden läßt sich nachweisen, daß diese mittelalterliche Fernverbindung bis zur Neuzeit mehrfach Namen und auch ihren Verlauf geändert hat. Die Schöffen des Gerichts Heistert weisen um 1550 59) ein Koinny (veltz) straiß 60) in die Weltzfart durch die Goltkule ghen Hentgen auß uff die Bleystrais, uber wen die geit, sall ers lyden lassen". Im Hähnchesacker ist die älteste Wegführung auf dem Meßtischblatte noch sichtbar, verschwindet aber dann in der Feldflur. Die Königsstraße erscheint dann wieder bei Wallenthal westlich von "Lusbüchel". 61) Südwärts finden wir sie im Kaller Schöffenweistum: 62) "Item weist man die Königsstraß an Eppelfloß ahn bis auff die große Bach (Urft), – die straß soll so weith sinn, daß zween scheffen ein meesruth 63) tragen – von der Bach biß in die Kindtshart, da soll sich die Königstraß theilen, ein theil soll gehen die Loßhart auß – Richtung Reifferscheid – daß ander weist man an den Golpicher wegh auß an die Rothe Hecken – Richtung Schleiden –. Darumb daß man die Königstraß weist, ob es sach würde, daß ungemach quem mit krieg oder geleuff, so mögen die nachbarn ihr dorff zu gründelen und graffen; so aber einer binnen nachts und nebel queme, so soll man ihnen die Königsstraß weisen, damit derselbe in das dorff könne komen und wieder daraus." Ähnlich heißt es im Kaller Bergweistum: 64) "Dit weis der geschworner für recht an, dreylei sachen, die eine ist eine Königsstraß, die soll man nit brechen, noch einen eterichs des dorffs, noch seinen ansettel."

Vorhin wurde bereits die Bleistraße genannt, ein Name, den wir weit über 1413 hinaus im Weistum von Wichterich bei Zülpich 65) zurückverfolgen können: „ich wroich die alde (!) Bleistraiß gemein, sovern uns herrlicheit geit; die sall so weit sin, dat ein wain dem andern roemen mach.“ Wir haben hier wieder wie im Kaller Weistum die vorgeschriebene Breite der Königsstraße. „Des Konnigs strate sal wesen also wyt, dat eyn wagen geladen by deme andern herunder faren moge“, und „eine rechte Köningestrate, die sall men entrumen so wit, dat ein ritter heme ride mit sinem vullen harnische und vore eine gelave (Lanze) vur sick twers up dem perde, die sall sein 16 voet lanck, unbesperret in dem wege“. 66) Man wird nicht fehlgehen in der Annahme, daß die beiden Straßen indentisch sind, die Bleistraße im Laufe der Jahrhunderte jedoch hie und da von der ältern Königsstraße etwas abgewichen ist. Ihrem Ausgang nahm die Bleistraße von der jülichschen Bleiwaage zu Kall und berührte Heistert, wo auf dem Stürzerhof der kurfürstliche Erzmeister oder Stürzer wohnte, der zu Absonderung des fiskalischen Zehnten die gesamte Ausbeute der Bergwerke mit einer geeichten Stürzkarre zusammenbringen und stürzen mußte. Nördlich Heistert ging die Bleistraße, von der Königsstraße unterschieden, mehr nach links, durchschnitt in den „Kirscheider Benden“ die Gewanne – ein Zeichen späterer Anlage –, trat am Galgen wieder auf die alte Straße und führte dann, auf den Meßtischblättern noch stückweise als verlassener Weg im Gelände verzeichnet, am Toten Mann (Karte Nr. 31), am Lusbüchel und Alten Weyer (Nr. 11) vorbei zwischen Denrath und Schützendorf nach Roggendorf, 67) von wo sie über Kommern, Glehn auf Schwerfen ging. Nach der Tranchotkarte teilte sie sich hier am Heydenberg in die unterste, mittelste und oberste Bleistraße. Die erste nahm die Richtung Zülpich – Düren, die letzte führte über Enzen, Dürscheven, Frauenberg, Wichterich, Niederberg nach Köln. Diese mittelalterliche, durch die bedeutsamen Namen Königsstraße, Welschfahrt, Bleistraße gekennzeichnete Verbindung des rheinischen Niederlandes mit Welschland durch die Eifel 68) wurde in den Jahren 1833/46 für den großen Verkehr abgelöst durch die Köln – Luxemburger Straße. Die alten Berg-, Hütten- und Knottenwege, auch der Kohlweg, auf dem die Holzkohle vom Kermeter an den Bleiberg gebracht wurde, seien hier nicht weiter erörtert, da sie wesentlich lokalen Charakter haben; ebenso die oft weiten Mühlenwege und Eselspfade zu der Dreiborner Bannmühle am Anstois, wo aber auch jülichsche Untertanen mahlen konnten, und der Blankenheimer Mühle zu Bleibuir: wir kommen zu den verwickelten Territorialverhältnissen am Bleiberg.





III. Landeshoheit und territoriale Gestaltung









Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein, Heft 129, 1936, S. 51–78.
*) Gliederung Nikola-Reinartz.de


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